über andere Kanäle aufnehmen, Begriffssysteme bei ihnen anders strukturiert sind als bei Nichtbehinderten, Informationsaufnahme und-verarbeitung verlangsamt ablaufen etc. Aussagen dazu vermag der HAWIK-R jedoch nicht zu leisten.
In diesem Abschnitt soll nun auf der Grundlage der vorgestellten Untersuchungsergebnisse vor allem die Brauchbarkeit der Untertests des Handlungsteils für die Beurteilung der intellektuellen Fähigkeiten sehbehinderter Grundschüler erörtert werden. Dabei sind die verschiedenen Untertests unbedingt differenziert zu betrachten, da sie unterschiedliche Anforderungen an die Sehfähigkeit stellen.
Offensichtlich können die im MT gestellten Sehanforderungen auch bei herabgesetztem Visus noch gut bewältigt werden, denn die hier von Sehbehinderten erbrachten Leistungen liegen durchschnittlich nur einen Wertpunkt unter dem Niveau Nichtbehinderter.
Dem ZS als Indikator der Arbeitsgeschwindigkeit in visuo-motorischen Anforderungen kommt auch bei sehbehinderten Kindern ein hoher Informationswert zu, auch wenn die Leistungen hier sehschädigungsbedingt auf einem niedrigeren Niveau liegen. Er liefert Aussagenüberdie reale Arbeitsgeschwindigkeit der Kinder, einen Faktor, der in die Bewertungen von Schulleistungen Sehbehinderter nicht einfließt.
Die unmittelbaren Auswirkungen einer Visusminderung zeigen sich beim FL deutlich. Können Sehobjekte in vivonicht in ihrer realen Gliederung wahrgenommen werden, weil Konturen oder andere Gliederungsmerkmale nicht erkannt werden bzw. verschwimmen, mehrere Details zu einer Makrofigur verschmelzen etc., so kann auch ihre Analyse und folglich auch die in diesem Untertest geforderte Synthese anhand von Modellen konkreter Sehobjekte nicht effektiv erfolgen. Im FL wird eine intellektuelle Fähigkeit geprüft, die weniger in schulischen Anforderungen, umso mehr allerdings in Alltagsanforderungen, so z.B. bei der Orientierung in der gegenständlichen und sozialen Umwelt, gefragt ist.
Trotz des für Sehbehinderte zunächst als geeignet erscheinenden Materials im BE
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Karla Hofmann- Die Anwendung des HAWIK-R bei sehbehinderten Kindern
(Darstellungen beziehen sich überwiegend auf Objekte, die in den Nahbereich gebracht werden können, Größe der Darstellungen; erweiterte Zeitgrenze) sind die Leistungen in diesem Untertest erheblich gemindert. Einerseits könnten hier die in vielen Darstellungen vorhandenen unklaren Konturen bzw. Schattierungen Erkennungsprozesse zusätzlich erschweren. Doch in erster Linie läßt sich das geringe Leistungsniveau der Sehbehinderten wohl auf mangelnde Seherfahrungen mit solchen Alltagsobjekten zurückführen, die sich notwendigerweise auf die Strukturierung des stationären Gedächtnisses(vgl. Klix 1990) auswirken und folglich kognitive Leistungen beeinträchtigen. Mangelnde Seherfahrungen entstehen nicht nur aufgrund eines geringen Angebotes an varijerender Umwelt, sondern auch dann, wenn nicht berücksichtigt wird, daß sehbehinderte Kinder auch auf Objekte und Erscheinungen ihrer visuellen Umgebung aufmerksam gemacht werden müssen, daß sie eine Anleitung zur visuellen Analyse ihrer Umwelt benötigen und daß diese Prozesse für sie mit einem höheren psychischen Aufwand verbunden sind als für Kinder mit normaler Sehfähigkeit. Die Tatsache, daß gerade im Untertest BE sehr signifikante Differenzen von 2 Wertpunkten zwischen der Gruppe der Stadtkinder und der Gruppe der Internatskinder bestehen— die höchste Wertpunktedifferenz aller Untertests zwischen diesen beiden Gruppen überhaupt— weist darauf hin, daß die Internatserziehung eine eher ungünstige Bedingung für den Erwerb umfangreicher Seherfahrungen für sehbehinderte Kinder darstellt. Insofern könnte der Untertest BE auch als Indikator der Seherfahrung angesehen werden, zumal sich die Fähigkeit, wesentliche von unwesentlichen Merkmalen eines Objektes zu unterscheiden— eine Fähigkeit, die im BE mitgeprüft wird— auf dem Hintergrund pluralistischer Seherfahrungen entwickelt.
Als einziger, in der vorliegenden Form bei sehbehinderten Kindern wenig sinnvoll durchzuführender Untertest muß das BO eingeschätzt werden. Die bildlichen Darstellungen sind zu klein, undeutlich
konturiert, die Inhalte der Darstellungen sind für Sehbehinderte in vivo z.T. nicht visuell erfaßbar.
Dennoch sollte auf diesen Untertest nicht gänzlich verzichtet werden, zumal die hier lt. Tewes(1983) geforderten Fähigkeiten, soziale Gesamtsituationen visuell zu erfassen, Handlungsabläufe zu verstehen, wesentliche von unwesentlichen Einzelheiten zu trennen und Sequenzen herzustellen, für Sehbehinderte ebenfalls relevant sind.
Die allerdings ausschließliche Bezugnahme auf visuelle Informationen beim Erfassen sozialer Gesamtsituationen— so wie im BO gefordert— ist für sehbehinderte Kinder wenig repräsentativ, d.h. entspricht nicht ihrer Handlungsweise. Deshalb sollten diese Fähigkeiten besser mit anderen Materialien erfaßt werden. Dabei ist z.B. anstelle von Bildkarten an kurze Videoszenen zu denken, die zu ordnen sind und deren Inhalte sich an den Alltagserfahrungen der Kinder orientieren(z.B. Zähneputzen:— Wasser in den Becher füllen und Paste auf die Bürste drücken,— Putzen,— Mund ausspülen,— Zahnbürste und Becher abspülen).
Die vorangegangenen Erörterungen machen deutlich, daß die Anwendung des HAWIK-R-Handlungsteils bei sehbehinderten Grundschülern— mit Ausnahme des BO in der vorliegenden Form— zwar möglich ist, jedoch die Ergebnisse nicht analog der Anwendung bei nichtbehinderten Kindern interpretierbar sind. Die Leistung eines Schülers im jeweiligen Untertest sollte also nicht in Bezug zur Norm der Nichtbehinderten, sondern in Bezug zu seiner Sehfähigkeit betrachtet werden. Auch wenn für das einzelne Kind nicht vollständig geklärt werden kann, in welchem Maße sein Testergebnis aufgrund von Schwierigkeiten beim visuellen Erkennen oder bei der anschlieBenden weiteren kognitiven Verarbeitung zustande kommt— beide Prozesse sind ohnehin nicht völlig voneinander zu trennen— kann man davon ausgehen, daß Kinder, die z.B. trotz geringem Visus mittlere Testergebnisse erzielen, über eine höhere handlungspraktische Intelligenz verfügen als Kinder, die bei gleichem Visus und anderen ophthalmologischen Charakteristika schlechtere Testergeb
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993
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