Karla Hofmann
Die Anwendung des HAWIK-R bei sehbehinderten Kindern
nisse erbringen. Insofern ist der Position von Ahrbeck und Rath(1987), wonach eine inhaltliche Interpretation der Ergebnisse des HAWIK-R als Intelligenzleistungen bei Sehbehinderten generell nicht zulässig sei, so nicht zuzustimmen. Unbedingt sollte die Durchführung und Interpretation des HAWIK-R jedoch durch einen im Umgang mit sehbehinderten Schülern erfahrenen Psychologen oder Pädagogen erfolgen. Auf eine unkommentierte Aufnahme von Wertpunktbzw. IQ-Angaben in Schülerunterlagen oder Gutachten ist zu verzichten. Unter Beachtung des für sehbehinderte Kinder spezifischen Aussagewertes der Untertests des Handlungsteils läßt sich der HAWIK-R als brauchbares Instrument zur Beurteilung der allgemeinen Intelligenz auch für diese Population nutzen.
U.a. im Rahmen der in den neuen Bundesländern anstehenden schulorganisatorischen Umstrukturierungen, mit denen für viele Kinder ein Schulwechsel notwendig wird, kann der HAWIK-R wichtige Informationen über allgemeine intellektuelle Fähigkeiten, Stärken und Schwächen des Kindes liefern und damit Empfehlungen zur individuellen Fortsetzung der Schullaufbahn fundieren. Auf der Grundlage individueller Profilanalysen können auch Differenzen zwischen verschiedenen Fähigkeitsbereichen indiziert und damit— im Sinne eines Screenings— Ansatzpunkte für eine gezielte Förderdiagnostik gekennzeichnet werden.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auch auf die Grenzen des Validitätsbereiches des HAWIK-R. Es han
delt sich um einen Test der allgemeinen Intelligenz, der Aussagen über die Ausprägung in unterschiedlichen Komponenten der Intelligenz erlaubt, Komponenten, die unter schulischen Anforderungen nicht gleichermaßen beansprucht werden. Er ist also weder als Schulleistungstest noch als Instrument für die Festlegung konkreter Fördermaßnahmen konzipiert worden und sollte folglich auch nicht unter diesem Aspekt praktiziert und evaluiert werden, was leider immer wieder geschieht(u.a. Kretschmann 1984; Kornmann 1986; Zickwolf 1984). Auch bei sehbehinderten Kindern kann der HAWIK-R nur ein Bestandteil innerhalb einer umfassenden pädagogisch-psychologischen Diagnostik sein.
Literatur
Ahrbeck, B.; Lommatzsch, E.-M; Schuck, K.-D.(1984). Der'neue' HAWIK— Ein'neues' Verfahren der sonderpädagogischen Diagnostik? Zeitschrift für Heilpädagogik,1,48-58.
Ahrbeck, B.; Rath, W.(1987). Psychologie der Sehbehinderten. In: Fengler, J.; Jansen, G.(Hrsg.). Handbuch der heilpädagogischen Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer,29-43.
Baitinger, U.; Berndt, R.(1970). HAWIK-Untersuchungen bei Blinden und Sehbehinderten. Zeitschrift für das Blindenbildungswesen,6,522
Blanke, D.(1984). Über den Zusammenhang von Leistungen im HAWIK-R zu Persönlichkeitsmerkmalen und Schulnoten bei Kindern im Alter von 10-14 Jahren. unveröff. Dissertation Med. Hochschule Hannover.
Eggert, D.; Liman, E.; Schirmacher, A.(1984). Vergleich des HamburgWechsler-Intelligenztests für Kinder(HA WIK) mit der revidierten Version (HAWIK-R) bei sprachbehinderten Kindern. Zeitschrift für Heilpädagogik,35,54-58.
Hardesty, F.P.; Priester, H.J.(1956). Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder(HAWIK). Handbuch. Stuttgart: Huber.
Klauer, K.J.(1962). Sehschwäche und Intelligenz. Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie,4, 570-593.
Klix, F.(1990). Wissensrepräsentation und geistige Leistungsfähigkeit im Lichte neuer Forschungsergebnisse der kognitiven Psychologie. Zeitschrift für Psychologie,2,165-187.
Kornmann, R.(1986). Förderungsdiagnostisch orientierte Variation der Testbedingungen bei ausgewählten Aufgaben des HAWIK. Zeitschrift für Heilpädagogik, 10,674-684.
Kretschmann, R.(1985). Taugen Intelligenztests für förderdiagnostische Entscheidungen? Zeitschrift für Heilpädagogik, 12,901-904.
Anschrift des Verfassers
Dr. Karla Hofmann
Fachbereich Rehabilitationswissenschaften Humboldt-Universität zu Berlin Albrechtstr. 22
O-1040 Berlin
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993
Krüger, H.(1974). Intelligenzdiagnostik bei Sehbehinderten. Blindenfreund,5,110-127.
Kubinger, K.D.; Rop, I.; Knoll, E.; Wurst, E.(1983). Ergebnisse der testtheoretischen Analyse des HAWIK. In: Kubinger, K.D.(Hrsg.). Der HAWIK — Möglichkeiten und Grenzen seiner Anwendung. Weinheim: Beltz.
Kubinger, K.D.; Wurst, E.(1985). Adaptives Intelligenz Diagnostikum(AID). Manual. Weinheim: Beltz.
Litwak, A.G.(1989). Sehgeschädigtenpsychologie. Wahrnehmungen Sehgeschädigter. Die Sonderschule, 2.Beih.,35-44.
Nater, P.(1982). Sehschädigung und Sehleistung—(3) Psychische Faktoren. Blindenfreund,4,205-213.
Oppeland-Hampel, G.(1989). Trennungs- und Bindungserlebnisse sehgeschädigter Kinder. Blind— sehbehindert,1,27-33.
Schallberger, U.(1987). HAWIK und HA WIK-R: ein empirischer Vergleich. Diagnostica, 1,1-13.
Schubert, M.Th.; Berlach, G.(1982). Neue Richtlinien zur Interpretation des Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Kinder(HAWIK). Zeitschrift für Klinische Psychologie,4, 253-279.
Tewes, U.(Hrsg.).(1983). Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder, Revision 1983(HA WIK-R). Stuttgart: Huber, 1. Aufl.
Titze, I.; Tewes, U.(1987). Messung der Intelligenz mit dem HAWIK-R. Stuttgart: Huber, 2. Aufl.
Wechsler, D.(1974). Wechsler Intelligence Scale for Children-Revised. New York: Psychological Corporation.
Zickwolf, A.(1984). Förderdiagnostisch orientierte Variation der Testbedingungen bei ausgewählten Aufgaben des HAWIK und praktische Erprobung am Beispiel des„Bilderordnens‘“. unveröff. Dipl.-arbeit, Päd. Hochsch.Heidelberg.
19