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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Buchbesprechungen

Buchbesprechungen

Grohnfeldt, Manfred(Hrsg.): Handbuch der Sprachtherapie. Band 2. Störungen der Aussprache. Edition Marhold im Wis­senschaftsverlag Volker Spiess, Berlin 1990, 290 Seiten, DM 54,. ISBN 3-89166-441-9.

Mit dem zweiten Band des Handbuchs der SprachtherapieStörungen der Aussprache beginnt der praxisorientiertere Teil des acht­bändig konzipierten Werkes, dessen über­greifender und einleitender Teil im Heft 1/92 vorgestellt wurde.

Band 2 konzentriert sich auf die Diagnostik und Therapie von Aussprachestörungen, ein Arbeitsfeld, das in der traditionellen sprach­therapeutisch-medizinischen Terminologie als Dyslalie oder Stammeln bezeichnet wird. Begriffe, die dem Herausgeber Grohnfeldt zu eng gefaßt sind, so daß er den bereits von Gutzmann(1912) und Fröschels(1925) ver­wendeten Begriff Aussprachestörung als Oberbegriff vielfältiger Spracherwerbs- u. Sprachentwicklungsstörungen verstanden wissen will.

Grohnfeldt setzt sich daher in seiner Einlei­tung auch ausführlich mit der Begriffsbe­stimmung auseinander.

Schulte und Schlenker-Schulte unterstreichen die Notwendigkeit phonetischer und phono­logischer Kenntnisse auf seiten des Thera­peuten, um über eine systematische und aus­sagefähige Diagnostik Therapieprozesse bei stammelnden Menschen planen und durch­führen zu können. Anhand einer Fallskizze wird der Ansatz praxisorientiert vorgestellt. Scholz betrachtet phonologische Störungen aus der linguistischen Perspektive und unter­sucht das sprachliche Erscheinungsbild unter bewußter Ausklammerung der Ursachenfrage auf der Basis linguistischer Deskriptions­modelle und leitet daraus Überlegungen zur Behandlung von Störungen auf der Lautebene ab.

Hacker unterstreicht die aus sprachwissen­schaftlicher Sicht geforderte Unterscheidung zwischen phonologischen und phonetischen Störungen, bemängelt aber die fehlende prak­tische Umsetzung, was er u.a. auf die fehlen­de Existenz deutschsprachiger Verfahren zu­rückführt, Kindersprache aus phonologischer Sicht angemessen zu beschreiben. Exempla­risch schildert er den Untersuchungs- u. Be­handlungsverlauf eines phonologisch gestör­

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ten Kindes mit Hilfe einer phonologisch ori­entierten logopädischen Behandlung.

Zwei Beiträge zum ThemenbereichMyo­funktionelle Therapie liefern Middeldorf und Kittel. Middeldorf beschäftigt sich mit dem Phänomen Zungenpressen, thematisiert dessen Ursachen und Konsequenzen, betrach­tet Zungen- und Schluckbewegungen in ver­schiedenen Entwicklungs- u. Altersstufen und diskutiert die Zusammenhänge zwischen Zun­genpressen, Zahnstellungsanomalien und Ar­tikulationsfehlern.

Kittel befaßt sich mit der Symptomatik und Therapie myofunktioneller Störungen und weist neben der orofacialen Dysfunktion auf häufig zu beobachtende gesamtkörperliche (Muskel-)Dysharmonien hin, die ihre thera­peutische Berücksichtigung finden sollten. Wulff steuert einen Beitrag zur Untersu­chung und Therapie von Patienten mit Lip­pen-Kiefer-Gaumenspalten bei.

Mit der Förderung der(auditiven) Wahrneh­mung zur Unterstützung der lautsprachlichen Entwicklung aus systemtheoretischer Sicht beschäftigt sich Breckow, die mit ihrer Ar­beit eine Verbindung zwischen systemtheo­retischen Grundlagen und dem Handlungs­repertoire von Therapeuten schaffen will. Mit Spielfunktionen,-formen und unter­schiedlichen-einsätzen in der Diagnostik und Therapie im Sinne der Schaffung von Sprach-Handlungs-Spielräumen setzen sich Bahr/Nondorf in ihrem BeitragSprach­Handlungs-Spielräume als pädagogisch­sprachtherapeutische Angebote zur Erschlie­Bßung phonetischer und phonologischer Struk­turen auseinander.

Meixner erörtert didaktisch-methodische Fragen beim Einsatz von Materialien und Medien, erläutert die Aufgabe des Sprach­therapeuten im medienunterstützten Sprach­förderungsprozeß und zeigt an Beispielen den therapieimmanenten Einsatz fachspe­zifischer Arbeitsmaterialien auf. Derrhythmisch-musikalischen Erziehung bei sprachbehinderten Kindern widmet sich Schneider. Nach kurzen theoretischen Erläu­terungen zu allgemeinen Merkmalen der Rhythmik gibt sie eine Fülle von Übungsbei­spielen, u.a. auch auf sprachlicher Ebene. Zur Behandlung phonetisch-phonologischer Störungen bei gleichzeitiger Erweiterung der Sprechhandlungskompetenz in konkreten

Handlungssituationen nimmt Sassenroth in seinem ArtikelKommunikationsfördernde Merkmale einer mehrdimensionalen Thera­pie von Störungen der Aussprache Stellung und konkretisiert seine Aussagen am Be­handlungsbeispiel eines 13jährigen Jungen. Franke stellt die von der deutschstämmigen Psychologin Ann Jernberg in den 70er Jahren in Chicago entwickelte Kinderspieltherapie Theraplay vor, eine Kurz-Kinderspieltherapie bei der die direkte Begegnung zwischen The­rapeut und Kind im Vordergrund steht und Materialien wie Spielzeuge weitgehend aus­geklammert bleiben. Den Einsatz von The­raplay zeigt Franke am Fallbeispiel eines vierjährigen Mädchens, das wegen verzöger­ter Sprachentwicklung vorgestellt wurde. Mit Einsatzbereichen und Möglichkeiten ei­ner apparativ unterstützten Therapie bei der Sprachanbildung und Behandlung von Aus­sprachestörungen beschäftigt sich Heike und stellt u.a. das von ihm am Institut für Phone­tik der Universität zu Köln entwickelte Pro­gramm UK-Dynamo vor, bei dem Arti­kulationsbewegungen als Computergrafik dargestellt werden.

Insgesamt gesehen erfüllt der Bd. 2 des Hand­buchs der Sprachtherapie sein Versprechen praxisorientierter Inhalte, wobei das An­spruchsniveau und die Praxisverbindungen der einzelnen Beiträge stark variieren. Bei der notwendigen Komprimierung eines Handbuchbeitrages bleibt einiges zu ober­flächlich, so daß der an einer vertieften Dar­stellung Interessierte z.T. besser auf die Primärliteratur gleicher Autoren zurückgreift.

Dipl.-Päd./Dipl.-Soz.-Päd. Axel Kürvers

Jansen, Heiner: Untersuchungen zur Ent­wicklung lautsynthetischer Verarbeitungs­prozesse im Vorschul- und frühen Grund­schulalter. Egelsbach, Köln, New York: Verlag Hänsel-Hohenhausen. 1992. Deut­sche Hochschulschriften 425.

Bei diesem Buch handelt es sich um eine Bielefelder Dissertation im Fach Psycholo­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993