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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Buchbesprechungen

wurde, anzuknüpfen. Insbesondere diese theoretische Orientierung, die bisher auf Behindertenwerkstätten nur selten angewen­det wurde, machte die Arbeit wissenschaft­lich interessant, denn dadurch unterscheidet sie sich von den sonst üblichen eher de­scriptiven Studien.

Den Abschluß des theoretischen Teils bildet ein Modell persönlichkeitsförderlicher Ar­beit, das empirisch überprüft werden soll, Gegenstand dieser empirischen Untersuchung ist sowohl dieobjektive als auch diesub­jektive Arbeitssituation in Behinderten­werkstätten.

Dafür wurden in 10 Werkstätten 101 Perso­nen aus 32 Gruppen untersucht. Außer Befra­gungsmethoden wurden zur Datenerhebung Arbeitsanalyseverfahren(z.B. VERA) ein­gesetzt.

Die methodisch einwandfrei durchgeführten empirischen Untersuchungen haben eine Vielzahl von Einzelergebnissen erbracht, die deshalb auch nicht kurz zusammenfassend referiert werden können.

Ein wichtiges(wenn auch nicht neues) Er­gebnis ist, daß der größte Teil der untersuch­ten Arbeitsplätze nur geringe, kognitive An­forderungen stellt(S. 184), so daß sich nicht nur die psychisch Behinderten unterfordert fühlen, sondern auch die geistig Behinder­ten, denen übrigens in Konsequenz des hier vertretenen theoretischen Ansatzeslebens­lange Entwicklungsfähigkeit im kognitiven Bereich(S. 9) zugestanden wird. Außerdem werden eine Reihe von Ergebnis­sen über den Zusammenhang zwischen ob­jektiver und subjektiver Arbeitssituation und Persönlichkeitsentwicklung mitgeteilt, wo­raus zum Schluß Vorschläge für die bessere Gestaltung der Arbeitsbedingungen abgelei­tet werden, die sich nicht nur auf die soziale Situation, sondern auch auf die konkreten Bedingungen am Arbeitsplatz beziehen(S. 192).

Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, daß nach einem umfangreichen Literaturverzeichnis in einem Anhang wei­tere Ergebnisse in Tabellenform und die Er­hebungsinstrumente mitgeteilt werden.

Die Arbeit von Sonnentag ist ohne Frage ein wichtiger Beitrag zur sozialwissenschaftli­chen Erforschung der Werkstätten für Behin­derte.

Prof. Dr. Gerd Laga, Hannover

Klauer, Karl-Josef(Hrsg.): Grundriß der Sonderpädagogik. Edition Marhold im Wissenschaftsverlag Volker Spiess, Berlin 1992. 208 Seiten.

Als dritter Band in der Reihe der Grundrisse der Sonderpädagogik ist der vorliegende Übersichtsbanderschienen, in dem kurzgefaßt über Probleme der Sonderpädagogik insge­samt sowie zum Stand der einzelnen sonder­pädagogischen Fachrichtungen berichtet wird und die tragenden Linien der Entwicklung aufgezeigt werden. In einem Einführungs­kapitel erörtert der Herausgeber selbst einige bedeutsame Grundfragen der Sonderpäd­agogik. Die zehn weiteren fachrichtungs­bezogenen Abschnitte sind von bewährten Fachvertretern geschrieben: Blinden- und Sehbehindertenpädagogik von W. Rath, Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik von K.-D. Große, Geistigbehindertenpäd­agogik von K. Dönhoff, Hochbegabtenpäd­agogik von B. Feger, Körperbehinderten­pädagogik von Ch. Leyendecker, Lernbehin­dertenpädagogik von U. Schröder, Schwerst­behindertenpädagogik von Ch. Anstötz, Sprachbehindertenpädagogik von K.-M. Schuster. Ein kurzes Glossarium über wich­tige Fachbegriffe schließt den Band ab. Wie im Vorwort herausgestellt, ging es dar­um, einen zuverlässigen Überblick über das gesamte Gebiet zu erarbeiten, in dem wegen der Fülle des Materials von den einzelnen Autoren jeweils nur zentrale Aspekte her­ausgearbeitet werden konnten. Mit diesem Grundriß fügt Klauer einen vierten Ein­führungstext zu den bewährten Bänden von Heinz Bach(!1984), Ulrich Bleidick u.a. (*1992), Ulrich Hensle(1979) hinzu. Jeder dieser Texte hat jedoch seine besonderen Schwerpunkte, so daß, abgesehen von den fachbezogenen Grundinformationen, mit dem neuen Einführungsband von Klauer keine Duplikation von Bekanntem entstanden ist, dies gilt umso mehr, als das Buch von Bach u.a. seit einiger Zeit vergriffen, die dreiteilige Einführung von Bleidick u.a. breiter ausge­arbeitet und das Buch von Hensle stärker psychologisch ausgerichtet ist. Soweit es den vorliegenden neuen Einführungstext betrifft, sind die einzelnen Autoren natürlich bemüht, den aktuellen Stand der jeweiligen Teildis­ziplin zu Charakterisierenk, soweit dies auf ca. 10 Druckseiten möglich ist, und selbst­redend fallen die einzelnen Beiträge in ihrer Qualität unterschiedlich aus, aber zunächst lohnt es sich, etwas näher auf das Grund­konzept des Bandes einzugehen.

Klauer hat offensichtlich bewußt einen prag­matischen Textband angestrebt. Jeder Teil­

beitrag ist in sich untergliedert und damit auch vergleichbar nach den Gesichtspunk­ten: historischer Abriß, Personenkreis, Früh­erkennung/Frühförderung, schulische Bil­dung, außer- und nachschulische Förderung, spezielle Problemstellungen, Service-Teil. Der letztgenannte Service-Teil ist für Fach­fremde insofern besonders nützlich, als er Angaben über wichtige Literatur(kommen­tiert) enthält sowie einschlägige Zeitschrif­tentitel und Adressen von Verbänden und Organisationen. Die Texte sind überwiegend klar und in verständlicher Sprache abgefaßt. Insgesamt fallen zwei wesentliche neue Ak­zente auf, die in vergleichbaren Büchern so nicht angesprochen sind: Zum einen wird der jüngeren Ausdifferenzierung des Gesamtge­biets im BereichSchwerstbehindertenpäd­agogik Rechnung getragen. Der Beitrag von Anstötz bietet hier eine brauchbare Grund­information. Zum anderen wurde versucht, Sonderpädagogik begrifflich weit zu fassen. Dies geschieht zunächst dadurch, daß in je­dem Einzelbeitrag die verschiedenen Ar­beitsfelder und Lebensalter Berücksichtigung finden. Daß dies den einzelnen Autoren in unterschiedlicher Weise gelungen ist, liegt in der Natur der Sache. Während Rath(Blin­den-Sehbehindertenpädagogik) und Schröder (Lernbehindertenpädagogik) z.B. verhältnis­mäßig breit und mehrperspektivisch auf Pro­bleme der beruflichen Förderung eingehen, sind diese Fragen bei Große(Gehörlosen-/ Schwerhörigenpädagogik) nur beiläufig er­wähnt.

Das Besondere in diesem Grundriß ist je­doch, daß Klauer in seinem Einführungsarti­kel Probleme der Hochbegabten-Förderung ausdrücklich in den Bereich der Sonderpäd­agogik einbezieht. In Anlehnung an das Ver­ständnis von special education, wie es in den USA und auch in vielen anderen Ländern der westlichen Welt gegeben ist, subsumiert er Aspekte der Hochbegabtenpädagogik explizit unter den Topos Sonderpädagogik. Er stellt sich damit deutlich gegen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in der Bundesrepublik, in denen Sonderpädagogik unter Ausklamme­rung der Hochbegabtenpädagogik stärker dem Begriff der Behindertenpädagogik parallel gesetzt wird. Übrigens bietet der Beitrag von B. Feger in diesem Zusammenhang eine vorzügliche und komprimierte Information zur einschlägigen Problematik. Gegenstand der Sonderpädagogik ist für Klauerdie Erziehung und Bildung von Kin­der und Jugendlichen, die im Rahmen der allgemeinen Erziehung und Bildung nicht hinreichend gefördert werden können und deshalb besonderer Hilfe bedürfen(S. 9).

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993