Buchbesprechungen
Mit dieser beschreibenden Definition schließt sich Klauer an die neueren Überlegungen im Fachgebiet an, nicht mehr von einem kausalen, sondern finalen Behinderungsbegriff auszugehen. Dazu paßt auch seine Aussage, daß sich die„Sonderpädagogik... Kindern und Jugendlichen, die in besonderer Weise auffällig sind und deshalb der besonderen Hilfe bedürfen(widmet)“(S. 12). Die stringente Argumentationslinie wird hier allerdings bereits verlassen, wenn nicht auf den„Förderbedarf“, sondern auf eine neue Klassifikation von Auffälligkeiten rekurriert wird.
Das Einführungskapitel über„Grundfragen der Sonderpädagogik“ von Klauer erweist sich dabei insgesamt als eine schwierige Materie. Es muß ja zumindest ansatzweise ein theoretisches Rahmenkonzept zum Gesamtgebiet der Sonderpädagogik liefern, wenn der Buchtitel zurecht bestehen soll. Die Autoren Bach und Bleidick der eingangs genannten Bände haben sich die Sache hier einfacher gemacht, indem sie ihre jeweils eigene Theoriekonzeption von einer„„Allgemeinen Sonderpädagogik“ bzw.„Behindertenpädagogik“ vorgestellt haben. Klauer, ganz im Sinne der Pragmatik, greift in seinem Einführungskapitel dagegen lediglich wichtige übergreifende Diskussionspunkte aus der historischen Entwicklung sowie der Gegenwart des Fachgebiets auf und skizziert den Rahmen allein durch die Bezeichnungserörterung. Der Abschnitt„Unerwünschte Nebenwirkungen der Sonderpädagogik“ ist ihm dabei gut gelungen. Zu anderen Abschnitten werden sich vermutlich modifizierte oder kontroverse Auffassungen vortragen lassen. Den heutigen Behinderungsbegriff sensu Bleidick in die Nähe des defektologischen Konzepts der früheren SU zu bringen, dürfte jedoch auch in Verkürzung der Sache nicht gerecht werden. Insgesamt ist es aber vielleicht beim Stand der Diskussion zu einer übergreifenden Theorie der Sonderpädagogik sinnvoll, kein neues(unzulängliches) Theoriekonzept vorzutragen, sondern sich, wie geschehen, auf einige zentrale und übergreifende Problemstellungen zu beschränken.
Es ist hier wenig zweckmäßig, auf die kurzgefaßten fachspezifischen Einzelbeiträge ausführlicher einzugehen. Sie bilden alle eine (mehr oder weniger) gelungene konzentrierte Information zur Sache. Auch zu den Auswahlbibliographien ließen sich ergänzende Überlegungen einbringen(z.B. vermißt man die Erwähnung der letzten Fassung von Specks Geistigbehindertenpädagogik„Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Erziehung“). Vielleicht sollte man bei einer
Neuauflage des Buches jedoch darauf achten, daß in allen Beiträgen— das gilt auch für die Einführung— einige statistische Daten Aufnahme finden, um die Größenordnungen transparenter zu machen. Sehr sinnvoll hat sich für das Grundraster der Einzelbeiträge dagegender Abschnitt„Spezielle Erziehungsprobleme“ erwiesen. Zum einen informiert er kurz über aktuelle Entwicklungen im Sinne kritischen Weiterdenkens zur Sache, zum anderen scheint er dem Rezensenten ein recht guter Indikator für die fachliche Bewußtseinslage des jeweiligen Autors und damit nicht zuletzt auch für die Qualität der Textaussagen zu sein. Es gibt eben nicht mehr „die Behindertenpädagogik“ oder„die Sonderpädagogik“, die einfach als Faktum zu referieren wären, sondern eher Trendaussagen über angemessene Förderungsstrategien für den gemeinten Personenkreis sowie Theorieentwürfe mittlerer Reichweite für diesen Bereich.
Das Buch kann insgesamt zum einen als Einführungstext für„Einsteiger“ in die Sonderpädagogik dienen, zum anderen als Grundinformation für fachlich Interessierte empfohlen werden, die sich über die verschiedenen sonderpädagogischen Fachrichtungen sowie übergreifende Fragestellungen kurz informieren wollen. Bei nächster Gelegenheit 1äßt sich dann sicher auch ein Kapitel zur Verhaltensgestörtenpädagogik nachtragen.
Prof. Dr. G. Kanter, Köln
Peter Anton Jann und Renate Klamm: kritisieren— diskutieren— argumentieren — Kompromisse schließen. Didaktischer Kommentar und Bildmappen.
Bei dem didaktischen Kommentar und den Bildmappen handelt es sich um ein Nachfolgeprojekt zu den Impulsbildern für die Vorund Grundschulstufe mit dem Titel„fragen— bitten— trösten— loben“, erschienen 1989. Das neue Werk besteht ebenfalls aus Bildmappen mit je 20 Bildern im DINA3-Format für den Lehrer, dem didaktischen Kommentar(DIN A4) und den Bildmappen im DINA4 Format für die Hand des Schülers und ist kür den Sekundarbereich I. Konzipiert.
Die Einzelbilder stellen Alltagssituationen
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993
aus dem Leben der 12-18jährigen Schüler dar, z.B. eine Ausflugs- und Urlaubssituation, Jugendliche, die sich über ihre Hobbies unterhalten, Jugendliche, die mir ihren Eltern und dem Lehrer diskutieren, ein Schüler, der Mitschülern das Funktionieren eines Computers erklärt usw.
Der didaktische Kommentar stellt neben einer Einführung in die Prinzipien der kommunikativen Förderung hörbehinderter Schüler und allgemeinen methodisch-didaktischen Hinweisen an vielen Einzelbeispielen dar, wie die Bilder im Unterricht konkret eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt der unterrichtlichen Behandlung ist jeweils das Gespräch über das einzelne Bild und der Dialog in Form von Rollenspielen. Weiterhin eignen sich die Bilder zur Durchführung von Hörerziehungsübungen, zur Erarbeitung von Wortinhalten und Satzstrukturen, zur Anfertigung von Nacherzählungen und zur Erreichung anderer Ziele des Deutschunterrichts.
Die Bilddarstellungen treffen mit den Lernbereichen„kritisieren— diskutieren— argumentieren— Kompromisse schließen“ voll die Interessenlage der heranwachsenden Jugendlichen. Sie konkretisieren den von P.A. Jann entwickelten sprachdidaktischen Ansatz der ‚„interaktional-kommunikativen Sprachvermittlung“ und liefern anschauliche Unterrichtsbeispiele für die soeben erschienenen„Handreichungen für den Deutschunterricht an der Gehörlosenschule“ des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz. Dem Lehrer, aber auch den Erzieherinnen und Erziehern im Internat sowie interessierten Eltern gibt der neue Band vielfältige Anregungen, wie sie mit dem hörbehinderten Kind und Jugendlichen in Kommunikation treten können.
Gröschke, Dieter: Psychologische Grundlagen der Heilpädagogik. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb. 1992. 255 Seiten. DM 27,—-.
Die vorliegende Veröffentlichung will„ein Lehrbuch zur Orientierung für Heil-, Sonder- und Sozialpädagogen“ sein. In der Einleitung heißt es u.a.:„Es kann... als Charakteristikum der Heilpädagogik gelten, daß sie intensiver als andere Teilgebiete der Pädagogik auf Erkenntnisse ihrer medizinisch-bio
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