Richard G.E. Müller verstorben
Herausgeber und Verlag der Heilpädagogischen Forschung zeigen hiermit den Tod von Prof. Dr. Richard G.E. Müller an. Die Trauer um den Toten ist verbunden mit dem Ausdruck großer Hochachtung vor dem Menschen und Wissenschaftler und der Dankbarkeit gegenüber dem unermüdlichen Mitgestalter der „Heilpädagogischen Forschung“.
Seit der Gründung der Zeitschrift, 1964, war Richard Müller in verschiedenen Funktionen an ihrer Herausgabe beteiligt, zunächst als Mitarbeiter, später acht Jahre als geschäftsführender Schriftleiter und in weiterer Folge bis zu seinem Tode als Mitherausgeber, der sich bis zuletzt auch aktiv in die Arbeit eingebracht hat. In seinem nie ermüdenden wissenschaftlichen Engagement für psychologische und heilpädagogische Fragen sowie in der Umsetzung ihrer Ergebnisse in der Praxis steht er auch uns, seinen Kollegen, Freunden und früheren Studenten lebendig vor Augen.
Anläßlich seines 80. Geburtstages, 1990, hatte die„Heilpädagogische Forschung“ Richard Müller ausführlich gewürdigt und als eine Persönlichkeit beschrieben,„die sich über alle Jahre hinweg treu geblieben ist, als Mensch, als Wissenschaftler und als ein vorzüglicher Promotor seines Faches“. Am 9.8.1910 in Dortmund geboren, wuchs er in eine Zeit der Fährnisse hinein: Erster Weltkrieg, Krise der 20er Jahre, Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg mit Kriegsdienst und Gefangenschaft. Schon in den 30er Jahren hatte Richard Müller seine Lehrerausbildung abgeschlossen, war in den Volksschuldienst eingetreten und
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 2, 1993
geriet in Kollision mit dem Nationalsozialismus. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er neben dem Schuldienst seine weiterführenden Studien in Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Philosophie wieder aufnehmen, wurde 1951 in Psychologie promoviert, war u.a. Leiter einer Schule für Verhaltensgestörte, trat 1962 hauptberuflich in den Hochschuldienst ein und wurde 1978 als ordentlicher Professor für Psychologie an der heutigen Universität Dortmund emeritiert.
Seine wissenschaftliche und praktische Arbeit galt vor allem der pädagogischen Psychologie und Problemstellungen der Heilund Sonderpädagogik. Er war im besten Sinne Lehrerbildner, und unter seinen über 70 Publikationen sind den Lehrerinnen und Lehrern der damaligen Zeit vor allem die Bücher„Die Schule für erziehungsschwierige Kinder und Jugendliche“(2. Auflage 1970),„Ursachen und Behandlung von Lese-Rechtschreibeschwächen“(3. Auflage 1972) und„Verhaltensstörungen bei Schulkindern“(3. Auflage 1976) wohl vertraut.
In Richard Müller hat eine gradlinige Person, ein sozial engagierter ernsthafter Wissenschaftler, ein vorzüglicher akademischer Lehrer und nicht zuletzt eine warmherzige Persönlichkeit eine abgerundete und überzeugende Gestalt gewonnen. Menschen dieser Art werden stets eine Lücke hinterlassen, wenn sie gehen, aber sie werden in guter Erinnerung bleiben, eben als außergewöhnliche Menchen und als gute Vorbilder.
Gustav O. Kanter
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