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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
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Karl Josef Klauer ­

Denken und Lernen bei Lernbehinderten

Ergebnisse

In Tabelle 1 findet man eine zusam­menfassende Übersicht über die Ergeb­nisse. Eine anschauliche Darstellung bie­ten die Abbildungen 5 und 6. Die Ab­bildungen basieren auf den Residual­gewinnen. Um jedoch negative Mittel­werte zu vermeiden, wurde jedem Resi­dualgewinn der Wert von 4 hinzuaddiert. Die Relationen zwischen den Mittelwer­ten bleiben durch diese lineare Trans­formation unverändert.

CFT, wohl aber einen kräftigen auf die Lernleistung. Von daher verbietet sich die Interpretation, daß das Denktraining von der Trainerin und bei der großen Trainingsgruppe einfach nur wenig ef­fektiv gestaltet worden wäre. Ein we­sentlicher Unterschied zwischen den bei­den Leistungen, dem CFT und der Lehr­Lern-Einheit Operatoren besteht in der unterschiedlichen Sinnhaftigkeit. Der CFT fordert zwar ähnliche Leistungen wie der lehrzielorientierte Test, aber an sinnfreiem, abstrakt-geometrischem Ma­

Tabelle 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Versuchsgruppen

in Prätest, Posttest und Mathematiktest

CFT 20 Prätest Posttest Gruppe M SD M SD EG N=18 41,11 11,22 49,17 10,17 KG N=18 44,39 10,23 50,28 9,63

Die Varianzanalyse mit Meßwiederho­lung konnte den Transfer des Trainings auf den Intelligenztest CFT nicht als signifikant nachweisen(p= 0,098, ein­seitig). Offenbar war die erzielte Ef­fektstärke bei der gegebenen Stichpro­bengröße nicht hinreichend. Hier errech­net sich nämlich eine um Prätestun­terschiede korrigierte Effektstärke von ES,= 0,19. Der Transfer auf den CFT blieb also im Gegensatz zu anderen Stu­dien recht mäßig und ist statistisch nicht zu sichern.

Der Transfer auf den lehrzielorientierte Mathematiktest war dagegen unzwei­felhaft zu belegen. Die Kovarianzana­lyse brachte einen F-Wert von 12,47 mit df,= 1, df,= 33, p< 0,001(einsei­tig). Die Schätzung der Effektstärke führte zu einem recht hohen Wert von ES= 1,11.

Diskussion

Das Training brachte hier keinen nach­weisbaren Effekt auf den Intelligenztest

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Lehrzielorientierter Mathematiktest

M SD

23,44 6,94

16,11 6,32

terial. Demgegenüber sind sowohl das Denktraining als auch die Lehr-Lern­Einheit Operatoren durch sinnvolles Material gekennzeichnet. Möglicherwei­se sind die Schülerinnen und Schüler der Sonderschule eher in der Lage, die Strategie des induktiven Denkens auf neues sinnvolles statt auf sinnfreies Ma­terial zu transferieren. Ein weiteres Ex­periment, das vorher schon durchgeführt worden war, wirft auch auf diese Frage Licht, zumal hier dieselbe Lehr-Lern­Einheit ebenfalls in der Sonderschule eingesetzt worden war.

Experiment Igelmund Fragestellung

Dieser Versuch verfolgte im wesentli­chen vier Fragestellungen. Zunächst ging es darum, auch hier den Transfer des»Denktrainings für Jugendliche« auf die Intelligenztestleistung und das schu­lische Lernen zu überprüfen. Für die Lernleistung wurde wieder die Lehr­

Lern-Einheit Operatoren herangezogen. Des weiteren sollte erkundet werden, ob etwaige Trainings- und Transferef­fekte auch noch nach einer größeren Zeitspanne nachweisbar wären. Ferner war beabsichtigt, einen ersten Versuch zu unternehmen, um über die Zeitmes­sung Hinweise darauf zu erlangen, ob das Training die Verarbeitungsprozesse bei kognitiven Leistungen beeinflußt. Und schließlich ging es darum, zwei unterschiedliche Trainingsmethoden un­ter Konstanthaltung des Trainingspro­gramms vergleichend zu erproben. Die­se letztere Fragestellung bedarf noch einiger Erläuterung.

Die drei Programme, die wir zur Förde­rung des induktiven Denkens entwik­kelt haben, sind einheitlich nach einem paradigmatischen Konzept aufgebaut. Danach sollen die Probanden anhand sehr klarer Beispiele zunächst die sechs Grundstrukturen(»Paradigmen«) von Aufgabenklassen und zugeordneten Lö­sungs- beziehungsweise Kontrollstra­tegien kennenlernen. In der Folge er­scheinen die neuen Aufgaben zuneh­mend verfremdet, weil sie in immer an­dere Kontexte eingekleidet auftreten. So werden die Trainierten in die Lage ver­setzt, schließlich eine beliebige induktive Aufgabe richtig einordnen zu können, wenn sie ihnen später in irgendeinem Zusammenhang begegnet. Sie sollen dann sofort wissen, welche Variante von Lösungs- und Kontrollstrategien geeig­net ist, um die Aufgabe zu bearbeiten. Insofern handelt es sich also auch um metakognitives Wissen, das erworben werden soll.

Als Trainingsmethode empfehlen wir im allgemeinen das gelenkte Entdecken­lassen. Diese Methode schwankt ihrem Wesen nach zwischen den Polen gerin­ger Hilfe(Komponente des Entdek­kenlassens) und starker Hilfe(Kompo­nente der Lenkung). Im allgemeinen empfehlen wir, mit der Lenkungskom­ponenten zurückhaltend zu sein, aber doch sicherzustellen, daß die Kinder die Grundstrukturen erkennen und die zu­geordneten Lösungs- und Kontrollstra­tegien einüben.

In der vorliegenden Studie sollen die beiden Pole der Methode des gelenkten

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 2, 1993