Zeitschrift 
Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
71
Einzelbild herunterladen

Schulen für Erziehungshilfe bzw. Verhaltensgestörte und Schulen für Lernbehinderte in der Bundesrepublik Deutschland:

Ein empirischer Vergleich

Von Ulrike Petermann

Die vorliegende Studie dient einer vergleichenden Be­standsaufnahme der Schulen für Verhaltensgestörte oder Erziehungshilfe und der Schulen für Lernbehinderte in der Bundesrepublik Deutschland. Ziel ist hierbei die Ermittlung von Kriterien für eine Schule für Ver­haltensgestörte. Erhebungsinstrument waren zwei mit­einander vergleichbare Fragebogen, die Informationen zur strukturellen Kennzeichnung, zur personelle Aus­stattung, zur Schülerbetreuung, zur Elternarbeit und zur architektonischen Gestaltung erfassen. Als Stich­probe dienten 114 Schulen für Verhaltensgestörte sowie 102 Schulen für Lernbehinderte aus den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Die Ergebnisse zei­gen u.a., daß in beiden Schultypen überwiegend Aus­Schlußkriterien für die Aufnahme in die Sonderschule fehlen, Lern- und Verhaltensstörungen häufig kombi­niert auftreten und Ganztagesschulen nur selten existie­ren. Als Berufsgruppen sind vorwiegend Sonderschul­lehrer tätig, wobei eine weitergehende Unterstützung der Lehrkräfte häufig fehlt. Feste Regeln und Rituale existieren in beiden Schultypen u.a. im Sinne von Haus­aufgabenpflicht, Klassendiensten, festen Klassen- und Sitzplätzen. Elternarbeit wird meistens durchgeführt. Das Schulgebäude beider Schultypen weist nur selten Rückzugsmöglichkeiten oder private Bereiche für ihre Schüler auf. Abschließend wird der Konzeptionsentwurf einer Schule für Verhaltensgestörte vorgestellt.

The present paper describes and compares the current situation in the schools for behavioral disordered students and in those for learning disabled students in the Federal Republic of Germany. Assessment is based on two comparable questionnaires, adressing a variety of structural aspects, student and parents counceling, staff features and building design. The sample consists on 114 schools for behaviorally disordered students and on 102 schools for learning disabled students on the territory of the former West-Germany. Results shows a.o. that definite criteria for the acceptence, respectively, exclusing of students are lacking in both types of schools. Whole day care facilities are rare. Learning disabilities and behavioral disorders are mostly combined in both schoolstypes. Mainly, special qualified teachers work with the students, whereas additional qualifying pro­grams are widely missing. Rules andrituals exist in form of different obligation(e.g. homework). Parents counceling is almost realized in all institutions. The present building allows no privacy. At least a new conception for schools for behaviorally disordered students is presented,

1. Einleitung

In Schulen für Erziehungshilfe bzw. Verhaltensgestörte und Schulen für Lernbehinderte werden Schüler mit ähn­lichen Schwierigkeiten unterrichtet: In beiden Schultypen treten Verhaltens­störungen und Lernschwierigkeiten bzw.

-defizite auf, allerdings mit unter­schiedlicher Ausprägung. Es erscheint daher plausibel, daß sich die Schulen hinsichtlich ihrer Struktur und Unter­richtsgestaltung nicht wesentlich von­einander unterscheiden. Im folgenden wird von Schulen für Verhaltensgestörte gesprochen, obwohl je nach Bundesland

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 2, 1993

ein unterschiedlicher Sprachgebrauch vorherrscht. In der folgenden Studie wer­den Schulen für Verhaltensgestörte in der zweiten Jahreshälfte 1991 und Schu­

1 An der Realisierung der Studie waren Herr Fichtner, Herr Gruhler, Herr Klischat,(alle Kinderheimat Kleingartach) und Frau Umann (Universität Bremen) beteiligt.

N