Ulrike Petermann- Schulen für Erziehungshilfe bzw. Verhaltensgestörte— Schulen für Lernbehinderte: Ein Vergleich
kräfte beteiligt sind. Dies entspricht den Forderungen von Rodeck-Madsen und Gebbardt(1987) nach Hausaufgabenhilfe oder kontinuierlicher Nachmittagsbetreuung. Ansonsten sind Lehrkräfte nur selten an der außerschulischen Betreuung ihrer Schüler beteiligt. In beiden Schultypen besteht Hausaufgabenpflicht, wobei in den Schulen für Verhaltensgestörte eine Hausaufgabenregelung vorwiegend von den Schulen vorgenommen wird, die an eine Jugendhilfeeinrichtung angeschlossen sind. Regeln und Rituale existieren in beiden Schultypen auch im Sinne von Klassendiensten, festen Klassen- und Sitzplätzen, gemeinsamen Tagesbeginn oder festgelegten Ruhezeiten. Die Notwendigkeit, die schulische Betreuung der Schüler durch Elternarbeit zu ergänzen, liegt auf der Hand(vgl. Kormann 1987). Sie wird von der Mehrzahl der befragten Schulen durchgeführt. Dies erfolgt vorwiegend in der Durchführung von Hausbesuchen und Elterngesprächen. Weitere Formen der Elternarbeit finden sich u.a. in der Realisierung von Elterntagen(Schulen für Verhaltensgestörte) oder in der Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen(Schulen für Lernbehinderte).
Bezogen auf die architektonische Gestaltung der Schulen finden sich in beiden Schultypen nur selten Rückzugsmöglichkeiten für die Schüler noch ein abgrenzbarer persönlicher Bereich im Schulgebäude.
Derzeit wird für die Jugendhilfeein
Literatur
richtung„Kinderheimat Kleingartach“ in Baden-Württemberg eine Schule für Verhaltensgestörte konzipiert, die versucht, die gefundenen Ergebnisse dieser Studien in der Planung zu berücksichtigen. Erziehung, schulpädagogische Bedingungen und Unterricht sollen aufeinander abgestimmt werden und sich ergänzen(vgl. Heid 1989). Voraussetzung dafür ist, daß Schule und Heim konzeptuell verzahnt sind und eng miteinander kooperieren(vgl. Meyer 1991). Beide verpflichten sich einem gemeinsamen theoretischen Ansatz: der modernen Lern- und Verhaltenstheorie. Von ihm werden Bedingungen für die schulpädagogischen Strukturen, das Lehrerund Erzieherverhalten sowie für Freiräume und Grenzen der Schüler abgeleitet. Die Vernetzung von Schul- und Heimerziehung äußert sich in der Erarbeitung und Verwirklichung gemeinsamer Erziehungsziele und-planungen (vgl. Meyer 1991): Regeln und Normen sollen sowohl in der Schule als auch im Heim gleichermaßen Geltung haben.
Die Schule sieht eine ganztägige Betreuung vor; darin unterscheidet sie sich von der Mehrzahl der in der vorliegenden Studie untersuchten Schulen. Das Jahrgangsklassensystem soll aufgelockert und durch ein Lerngruppensystem ersetzt werden. Nach Eintritt in die Schule durchläuft der Schüler drei Stufen:
* eine Kleingruppenförderung, die der Diagnose und einer Intensivbetreuung des Schülers dient,
* eine Klassenförderung in einer Schulklasse sowie
* eine abschließende Klassenförderung mit Anforderungsbedingungen einer Regelklasse.
Zentrales Element ist hierbei der Einsatz von Rückmeldesystemen sowie von eindeutig und verbindlich definierten Regeln und Ritualen. Im Unterricht erfolgt neben der Konzentration auf die Verhaltensstörung der Schüler eine effiziente Wissensvermittlung und der Aufbau von Lernstrategien. Zu diesem Zweck wird der traditionelle Stundentakt durch Blockunterricht abgelöst. Elternarbeit soll differenziert, verhaltenstheoretisch orientiert sein und verbindliche Absprachen für alle Beteiligten treffen. Zielgruppe sind vornehmlich Eltern von externen Schülern, von Schülern in Tages- und Wochengruppen sowie solchen Schülern, die in ihre Herkunftsfamilie reintegriert werden sollen. Sie orientiert sich u.a. an dem Konzept von Petermann und Petermann(1993). Die räumliche Gestaltung der Schule sieht eine Entzerrung konfliktträchtiger Situationen in einem Gebäude vor, das mehrere Zugänge zu den Klassenzimmern und sanitären Anlagen besitzt. Das Klassenzimmer wird in drei Bereichen unterteilt: in einen Arbeitsbereich für Einzelarbeit(vgl. Planungsgruppe Petra 1991), einen für Gruppenarbeit sowie einen optisch klar getrennten Spiel und Ruhebereich.
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