Manfred Spindler+ Leben im Heim
körperliche Behinderung. Alle Kinder besuchen öffentliche Schulen, Berufsausbildungen sind ebenfalls nur außerhalb des Heimes möglich. Beide Häuser werden von katholischen Schwesternorden betrieben. Heim S liegt zentral in einer Stadt mit ca 60.000 Einwohnern, Heim L am Rande einer ländlichen Marktgemeinde mit ca. 6500 Einwohnern. Für die Studie wurden in jedem Heim zwei Gruppen ausgewählt, welche repräsentativ für die jeweilige Einrichtung erschienen.
Jede der untersuchten Gruppen wird geleitet von einer Ordensfrau, die auch in der Gruppe wohnt. Diese wird in zwei Gruppen von einer weltlichen Betreuerin in den anderen beiden von zwei weltlichen Betreuerinnen unterstützt.
Belegungsstruktur der untersuchten Gruppen
Hinsichtlich des Alters unterscheiden sich die Belegungen der beiden Heime signifikant(it;= 4.85, df= 37, p=.001). Der Altersdurchschnitt beträgt in Heim S 8,84 Jahre(N= 25, s?= 23,05), in Heim L 14,24 Jahre(N= 18, s?= 6.03). In den beiden Gruppen des Heimes S leben 14 Buben und 11 Mädchen, in Heim L 7 Buben und 11 Mädchen(Chi?= 0,637, n.s.). Die Altersschwerpunkte beider Häuser zeigt Tabelle 1.
Tab. 1: Altersschwerpunkt
Vorschulkinder
6 Jahre und jünger 8(32%)= Schulkinder
7-12 Jahre 11(44%) 4(22%) Jugendliche
13-17 Jahre 6(24%) 14(78%)
Der Belegungsschwerpunkt des Heimes L liegt bei den Jugendlichen, in Heim S hingegen bei den Vorschulkindern und Schulkindern.
Stichprobenbeschreibung
Nicht befragt wurden die Vorschulkinder, zwei Kinder/Jugendliche verweiger
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Tab. 2: Befragungsalter, Einweisungsalter, Aufenthaltsdauer
Befragungs- Einweisungs- Aufenthaltsalter alter dauer M sg M s} M
Heim S 11.35 12.74 4.71 8.59 6.65 8.49 N=17 Heim L 14.00 6.71 7.20 11.17 6.80 12.60 N=15
Il 2,37 2.24 43
f 30 30 30
P ‚05 n.S.
ten die Befragung. Ein Zögling wurde ausgeschlossen weil die Heimaufnahme in die Zeit der Datenerhebung fiel und eine Jugendliche konnte wegen auswärtiger Berufsausbildung nicht erreicht werden.
Die Teilstichproben unterscheiden sich hinsichtlich Befragungsalter und Einweisungsalter signifikant. Das Durchschnittsalter der befragten Zöglinge aus Heim S liegt unter dem des Heimes L. Das mittlere Einweisungsalter in S signifikant unter dem in L. Die mittlere bisherige Aufenthaltsdauer von Heimaufnahme bis zur Befragung ist in beiden Heimen sehr ähnlich. Die Geschlechterverteilung ist ausgeglichen, mit 8 Buben aus S und 6 Buben aus L, 9 Mädchen aus Sund 9 Buben aus L(Chi?= ‚002, df= 1, n.s.). Der familiäre Hintergrund der Zöglinge stellt in weitaus den meisten Fällen den der Stief- oder Teilfamilie dar.
Tab. 3.: Entfernung zu den Angehörigen und Kontakthäufigkeit
Heim S HeimL Chi? P weniger n=18 n=4 als 20 km 88% 27% 10.1 ‚005 Besuche monatlich n=16 n=10 oder öfter 94% 67% 2.35 n.S.
Von den 17 Kindern/Jugendlichen in S, leben die biologischen Eltern bei 94% (n= 16) nicht oder nicht mehr zusammen; in L bei 93%(n= 14) der befragten 15 Zöglinge.
Obwohl die nächsten Angehörigen in Heim L signifikant weiter entfernt leben als in S, sind die Besuchs- und Kon
takthäufigkeiten nicht signifikant geringer. Von 31 Kinder und Jugendlichen oder 97% der Gesamtstichprobe über beide Heime(N= 32) bestehen persönliche Kontakte in irgendeiner Form und Häufigkeit zu Angehörigen.
Methode
Einführung des Forschungsvorhabens in den Heimen
Vor Beginn der Datenerhebung wurde versucht, zunächst die Heimleitungen zu gewinnen. Betont wurde das Interesse an den Perspektiven der Funktionsträger. Mit der Datensammlung wurde erst begonnen, nachdem Akzeptanz der Leitung wie der Betreuungspersonen zur aktiven Unterstützung der Studie gegeben schien. Auf die sorgsame Einführung und Vorbereitung wurde besonders geachtet und versucht einen kritischen und wertenden Kontext nicht entstehen zu lassen.
Untersuchungsinstrumente
Mit den Gesprächspartnern wurde ein vom Autor entwickelter Gesprächsleitfaden durchgegangen(Spindler 1991).
Funktionsträger wie Zöglinge wurden zu den Bereichen„Wohlfühlen im Heim“,„Privatbereich“, ‚Freiräume/ Handlungsmöglichkeiten‘“,„Herkunftsfamilie“ befragt. Die Funktionsträger zudem zu„individueller Erziehung”. An einem Fallbeispiel auf das man sich einigte, wurde versucht, die Fragebogendimensionen exemplarisch zu konkretisieren. Über die Gesprächsbasis des
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 2, 1993