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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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zienten berechnet(vgl. Glass 1981). Dabei ergibt sich eine hochsignifikante, negati­ve Korrelation zwischen ef3 und der Anzahl der Generalisationssettings(r=­‚594, p=0.006). Dies bedeutet, daß bei steigender Anzahl von Generalisations­settings der Abfall von Trainings- zu Generalisationsleistung abnimmt. Die Anzahl der Generalisationssettings, Set­ting-Unterschiede, Vortest der Generali­sationssettings, Unterschied Trainer-Be­obachter, Trainingsstrategie und Länge des Treatments haben keinen weiteren signifikanten Einfluß auf die drei Effekt­Stärken.

Darüber hinaus werden auch Analysen zwischen Variablen der Versuchsper­sonen(Alter und Intelligenzquotient) und den drei Effekt-Stärken gerechnet. Diese Analyse bringt ein überraschendes Er­gebnis. Die Effekt-Stärke 3, die sich aus dem Unterschied zwischen Trainings­und Generalisationsergebnis berechnet, korreliert positiv signifikant mit dem Intelligenzquotienten der Versuchs­personen(r=0.5532, p=0.011). Das be­deutet, daß bei höherem IQ der Lei­stungsabfall von Trainings- auf Genera­lisationssituationen zunimmt.

Diskussion a) Methodische Probleme

Die Berechnung von Effekt-Stärken nach Gingerich(1984), White und Kollegen (1989) baut auf die Annahme auf, daß jeder einzelne Datenpunkt so aufgefaßt werden könnte, als würde es sich dabei um verschiedene Versuchspersonen han­deln. Voraussetzung für eine sichere Berechnung der Effekt-Stärke ist daher, daß eine genügend große Anzahl von Beobachtungen vorliegt.

In vielen Primärstudien wird aber nur eine sehr geringe Anzahl von Beobach­tungsdaten berichtet. Dies gilt vor allem für die Baselinephase. Dadurch ist es kaum möglich, für Studien, die ein Mul­tiple-Baseline-Design verwenden, ge­trennte Effekt-Stärken für die einzelnen Baselines bzw. Versuchspersonen zu be­rechnen.

Wolfgang Plaute+ Lebenspraktische Fertigkeiten bei Geistig- und Mehrfachbehinderten

Ein weiteres Problem, das sich aus die­sem Zusammenhang ergibt, ist die gerin­ge Varianz bei so wenigen, oft gleichen Daten. Daraus resultieren auch hohe Varianzunterschiede zwischen den ein­zelnen Effekt-Stärken. Manche Studien weisen kaum Varianz auf, und andere Studien haben sehr hohe Varianz. Eine Clusteranalyse der 32 Primärstudien be­züglich der Effekt-Stärke 1 erbrachte sieben(!) verschiedene Cluster. So be­steht der größte Cluster nur mehr aus sieben Primärstudien, ist aber immernoch nicht homogen bezüglich der Varianz. In diesem Zusammenhang stellt sich über­haupt die Frage nach der Möglichkeit von homogener Varianz bei einer so he­terogenen Gruppe, wie sie die geistig behinderten Menschen darstellen(Dis­kussion siehe unten).

Die Zusammenfassung von verschiede­nen Baselinedaten wird zwar als geeig­nete Alternative dargestellt(vgl. White et al. 1989), birgt aber gewisse inhaltli­che Schwierigkeiten und löst diese Pro­bleme nur dann, wenn dadurch genügend Meßpunkte zusammengefaßt werden können. Außerdem können somit die ein­zelnen Baselines nicht getrennt ausge­wertet werden bzw. müssen verschiede­ne Versuchspersonen zusammengefaßt werden, wodurch nicht für jede Ver­suchsperson Effekt-Stärken berechnet werden können. Um Einzelfallstudien besser integrieren zu können, ist es daher unbedingt notwendig, daß in den Primär­studien mehr Daten erhoben und berich­tet werden. So beschreiben White und Kollegen(1989) in ihrem Artikel zur Analyse von Einzelfallstudien ein Bei­spiel anhand von zwei Versuchspersonen mit 23 bzw. 29 Baseline- und 24 bzw. 18 Trainings-Daten. In den vorliegenden Primärstudien wurden für die meisten Versuchspersonen ein bis vier Daten in der Baseline und ein bis fünf Daten für Trainings- bzw. Generalisationsleistung erhoben.

b) Das Problem der Homogenität in der Gruppe der geistig behinderten Menschen!

Bei Literaturanalysen zum Themagei­stige Behinderung stößt man auf eine

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1992

Unmenge von Studien. In den meisten Untersuchungen wird geistige Behinde­rung über den Intelligenzquotienten de­finiert. Trotz der Mängel der Intelligenz­messung und dem Wissen um die Bedeu­tung von anderen Variablen(u.a. Ver­haltensparameter, Art der Behinderung, sozialisationseffekte, Alter, Hospitalisie­rungseffekte...) dient meist einzig der IQ zur Kategorisierung von leichter, mitt­lerer und schwerer geistiger Behinde­rung. Zusätzlich werden zur Messung von Intelligenz verschiedene Verfahren eingesetzt, die wiederum unterschiedli­che, inhaltliche Schwerpunkte setzen. Es kann daher nicht verwundern, daß In­telligenzmessung nicht dafür geeignet ist, eine homogene Gruppe von Men­schen zu beschreiben. Zuviele andere Faktoren spielen(auch bei lebensprak­tischen Fertigkeiten) eine wichtigeRolle. Dies stimmt umso mehr nachdenklich, als bei geistig behinderten Menschen in vielen Fällen ausführliche Anamnese­Daten vorliegen würden, die eine Kate­gorisierung auf eine weitaus breitere Basis stellen würde. Dies könnte gerade in Einzelfall-Designs berücksichtigt wer­den. Nicht die Bezeichnunggeistig be­hindert, sondern eine detaillierte Be­schreibung der Person würde es ermögli­chen, relativ homogene Gruppen inner­halb der(Nicht)- Gruppegeistig behin­derter Menschen zu identifizieren. Theo­rien, Modelle und praktische Anwen­dungen könnten somit sehr viel spezifi­scher erstellt und evaluiert werden.

c) Was bedeuten derartig hohe Effekt-Stärken?

Wie bereits oben angesprochen, errei­chen Studien in den Sozialwissenschaften normalerweise Effekt-Stärken zwischen 0.3 und 0.5. Die Primärstudien in dieser Untersuchung erreichen Effekt-Stärken zwischen 0.52 und 15.02(!) mit einem Mittelwert von 5.28. Diese enormen Ef­fekt-Stärken sollen zunächst anhand der Berechnungsformel erklärt werden.

Die Formel lautet:

d=(X,-X)/SDoye

Für die einzelnen Werte aus den Pri­märstudien gilt nun:

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