| { | |
Buchbesprechungen
Galperin, vier Vertretern der kulturhistorischen Schule der sowjetischen Psychologie, dar, bevor er auf die sprachtherapeutischen Konsequenzen, die aus einer solchen Konzeption gezogen werden können, eingeht. Der Neuropsychologe Graichen bringt neuropsychologische Perspektiven in das Arbeitsfeld Sprachtherapie ein, definiert den Begriff Neuropsychologie, umreißt Aufgaben und Fragen dieses Arbeitsgebietes und zeigt auf, welchen Gewinn Sprachtherapeuten erzielen, wenn sie sich der Mühe unterziehen, auch neuropsychologisches Denken in ihre Planung miteinzubeziehen.
Im dritten Kapitel des Buches,“Altersspezifische Handlungsfelder”, versuchen die Autoren stärker auf die konkrete Arbeit mit sprachgestörten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einzugehen, wobei die Breite sprachtherapeutischen Handelns deutlich wird.
Der Sonderschulrektor Gössel setzt sich kritisch mit drei Grundmodellen der Früherfassung und-förderung auseinander und entwirft eine Konzeption interdisziplinärer Teamarbeit im Bereich der Früherfassung und-förderung(sprach-)behinderter und von (Sprach-)Behinderung bedrohter Kinder. Werner von der PH Heidelberg zeigt das Spektrum sprachbehinderten-pädagogischen Handelns im Schulalter auf. Er vermittelt einen kurzen Überblick über das sprachtherapeutische Angebot im Schulalter, führt Beratungsstellen, Ambulanzen, stationäre Einrichtungen und Sonderschulen unterschiedlichen Typs auf, verweist auf eine Vielzahl von Arbeiten, bei denen versucht wurde, sprachtherapeutische Maßnahmen in den Unterricht zu integrieren und nimmt Stellung zur Integrationsdebatte.
Dupuis, Lehrstuhlinhaber im Fachbereich Sondererziehung und Rehabilitation der Uni Dortmund, gibt einen Überblick über außerschulische Organisationsformen der Sprachrehabilitation, zeigt die Rolle von Sprachtherapeuten in diesen Arbeitsfeldern auf, informiert über die häufigsten Sprachstörungen im Erwachsenenalter, beleuchtet gestörte Funktionsbereiche und leitet daraus therapeutische Aufgaben bzw. Zielsetzungen ab, die noch durch individuelle Lernziele zu ergänzen sind.
Dupuis zeigt auf, daß Therapie pädagogisches Handeln ist, sind doch die Beschreibung der Lernvoraussetzungen bestimmter Adressatengruppen, das Aufstellen von Grobzielen, die systematische Ableitung von Feinzielen, die Operationalisierung der Lernziele sowie die permanente Anpassung und
54
Optimierung der Ablaufplanung Gegenstände der Didaktik. An zwei Fallbeispielen, dem einer ertaubten Patientin und eines tetraplegisch gelähmten jungen Mannes, erläutert Dupuis die Vielfalt sprachtherapeutischer Aufgaben und begleitender Maßnahmen.
Im vierten Kapitel“Einzelfragestellungen der Sprachtherapie” stellt Grohnfeldt Meinungen verschiedener Autoren zu Grundfragen der Sprachtherapie vor. Auch hier stehen Mehrdimensionalität menschlicher Entwicklung und Ganzheitlichkeit therapeutischen Handelns im Vordergrund.
Teil 1 dieses Kapitels,“Förderung basaler Lernvoraussetzungen und Einbeziehung sprachtragender Funktionen”, leiten Affolter und Bischofberger vom Zentrum für Wahrnehmungsstörungen in St. Gallen mit einer Arbeit zur Wahrnehmung und Sprache ein, wobei sie das Versagen im sprachlichen Bereich auf Defizite in ursprünglicheren Wahrnehmungsleistungen zurückführen.
Bei ihren Longitudinalstudien fanden die Autoren, daß das Erscheinen von Entwicklungsleistungen bei Kindern mit Wahrnehmungsstörungen im engeren Sinne(darunter verstehen die Autoren Störungen zentraler Art, wie Störungen taktil-kinästhetischer Wahrnehmung oder Störungen der intermodalen oder serialen Organisation der Wahrnehmung) abweicht von der Reihenfolge bei normalen Kindern und daß sich auch Unterschiede zu Kindern mit Wahrnehmungsstörungen im weiteren Sinne, also zu blinden und gehörlosen Kindern, zeigten. Zur Erklärung dieses andersartigen Entwicklungsverlaufes stellen die Autoren ein Entwicklungsmodell dar, das Affolter“Modell des Problemlösenden Alltagsgeschehens” nennt. Wurzel der Entwicklung sind demnach weder in direkter Abhängigkeit aufeinander aufbauende Entwicklungsstufen, wie beim hierarchischen Stufenmodell, noch voneinander getrennte Teilleistungen(Teilleistungsmodell), sondern die Erfahrungen mit dem Lösen alltäglicher Probleme, beidenen grundlegende Regeln entdeckt und erworben werden, d.h., das Kind benötigt für solche Interaktionserfahrungen Informationen, die es zunächst taktil-kinästhetisch und bald auch visuell und auditiv aufnimmt. Können solche Informationen nur bruchstückhaft aufgenommen und verarbeitet werden, wird das Wachstum der Wurzel gestört und somit die aus der Wurzel hervorgehenden Leistungen, also die Äste, auf verschiedenen Entwicklungsstufen.
Für die therapeutische Arbeit ergeben sich daraus tiefgreifende Konsequenzen. Gear
beitet wird nicht wie beim hierarchischen Entwicklungsmodell an den Leistungen, die der gestörten Stufe vorausgehen, auch werden keine einzelnen Funktionen und Leistungen wie beim Teilleistungsmodell gefördert und geübt, sondern die therapeutische Arbeit beginnt an der Wurzel, bezieht den Alltag der Wahrnehmungsgestörten in die Therapie ein und verschafft dem Betroffenen“Spürinformationen”, indem der Therapeut den Körper des Kindes oder Erwachsenen in spezieller Weise führt.
Den Zusammenhang zwischen Bewegen, Wahrnehmen, Verstehen und Sprechen verdeutlicht aus pädagogischer Sicht die Oberschulrätin Kleinert-Molitor mit ihrer psychomotorisch orientierten Sprachentwicklungsförderung. Das motorisch akzentuierte, geplante Spiel wird zum kindgemäßen Lernort, wo das Kind sprachlich, sozial, emotional, kognitiv und sensomotorisch angeregt und gefördert wird.
Die Sonderschullehrerin Olbrich stellt ihr seit 1976 entwickeltes Konzept der integrierten Sprach- und Bewegungstherapie zur ganzheitlichen Förderung sprachentwicklungsgestörter und psychogen beeinträchtigter Kinder vor, hatte sie doch bei ihrer Arbeit beobachtet, daß Hyperaktivität, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Kontaktstörungen eine konventionelle Arbeit am sprachlichen Symptom nicht zuließen und nach Methoden verlangten, die nicht nur den sprachlich-intellektuellen, sondern auch den sensorischmotorischen Bereich in die Behandlung der Entwicklungsretardierungen miteinbezogen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse von Piaget, Wygotski, Weizsäcker, der GestaltPädagogik und Gestalt-Therapie entwickelte sich in Zusammenarbeit mit Eckert eine handlungs- und bewegungsorientierte Form der Sprachtherapie, die abrückt von der PaperPencil-Pädagogik und durch handelnde Auseinandersetzung mit konkretem Material die Erfahrungsmöglichkeiten des Kindes spielerisch in Gruppenbehandlungen zu erweitern versucht.
Eckert, wissenschaftliche Assistentin am Institut für Heilpädagogik der PH Kiel, stellt schwerpunktmäßig die Arbeit des Pädagogen/Therapeuten in der integrierten Entwicklungs- und Kommunikationsförderung dar.
Nach 6jähriger gemeinsamer Arbeit mit Olbrich setzte bei den beiden Autorinnen eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung ein, und Eckert wandte sich ab 1985 Konzepten der Körperenergie-Arbeit zu. Sie berichtet von der Befindlichkeit des Therapeuten, seinem Körper-Energiefluß und seinem Kon
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1992