Buchbesprechungen
nahmen(vgl. ebd. S. 208-210) die sowohl unter einem praktisch-diagnostischen als auch unter einem forschungspragmatischen Gesichtspunkt äußerst relevante Frage nach dem Ausmaß und den Folgen einer abschätzbaren Fehlentscheidung.
Auf einige, wenn auch wenig bedeutsame Unstimmigkeiten soll abschließend nochhingewiesen werden. Die auf S. 76“versprochene” Abbildung 5 konnte erst nach längerer Suche auf Seite 29 entdeckt werden, um dann festzustellen, daß hier ein Irrtum vorliegen muß und die entsprechende Abbildung sich im Anhang auf Seite 180 befindet. Bei Abbildung 15 liegt zwischen Beschriftung und Textbeschreibung(Seite 128) offenbar eine Vertauschung vor und in der Bildunterschrift zu Abbildung 9 ist das“sehr gut” sicher durch “exzellent” zu ersetzen.
Die Arbeit von Wild liefert eine für den Grundschulbereich und bei einer IQ-Definition von Hochbegabung endgültige Beantwortung der Fragestellung nach der Qualität von Lehrer- und Schülerurteil bei der Identifikation so definierter hochbegabter Schüler und Schülerinnen. Das Buch ist für die am Prozeß der Auswahl sogenannter Hochbegabter Interessierten zu empfehlen, für wissenschaftlich in diesem Bereich Arbeitende ist es ein unbedingtes Muß!
Literatur
Pegnato, C.W.& Birch, J.W.(1959). Locating gifted children in junior high schools— a comparison of methods. Exceptional Children, 25, 300-304.
Annette Tettenborn-Nebling, Marburg
Haeberlin, U., Bless, G., Moser, U.& Klaghofer, R.: Die Integration von Lernbehinderten: Versuche, Theorien, Forschungen, Enttäuschungen, Hoffnungen(= 9. Beiheft der VHN-— Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete). Verlag Paul Haupt, Bern— Stuttgart 1990. 352 Seiten.
Haeberlin, Bless, Moser und Klaghofer geben in ihrem Buch eine ausführliche theoretische Einführung in das Thema“Integration von Lernbehinderten” und ihre Fragestellungen(142 S.), bevor sie auf weiteren 177 Seiten das methodische Vorgehen und die Ergebnisse einer eigenen umfangreichen Felduntersuchung in der deutschsprachigen Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein darstellen. Im Mittelpunkt stehen die‘“sozio
metrische Stellung”, die“Einschätzung der eigenen Fähigkeiten”, die“Schulleistungen” sowie die“soziale und emotionale Integration im Selbsturteil” schulleistungsschwacher Schüler in Regelklassen mit bzw. ohne“heilpädagogische Schülerhilfe” und in Sonderklassen.
In einem einführenden Kapitel weisen die Autoren knapp auf die defizitäre Erforschung von Integrationsmodellen hin und untermauern die Relevanz des Forschungsvorhabens. Anschließend werden die zentralen Begriffe “Lernbehinderung”,“Schulleistungsschwäche”,“Separation” und“Integration” näher umschrieben. Problematisch(wegen des nicht zu unterschätzenden Selektionseffektes) ist die operationale Definition von“Schulleistungsschwäche” als“Schulleistungen im letzten Sechstel der Stichprobe...(und) IQ zwischen 70 und 100"(S. 23), die von den “offiziellen” Kriterien für“Lernbehinderung” abweicht: In der Schweiz wird ein Kind mit einem IQ zwischen 75 und 90 als“lernbehindert” bezeichnet, Kinder mit einem IQ< 75 sind“invalidenversicherungsberechtigt”” und gelten als“geistig behindert”(S. 21). Der Grund, warum einige Kinder mit sehr niedrigem IQ hier in Sonder- oder Regelklassen unterrichtet werden(was vom Integrationsgedanken her ja nur zu befürworten ist), andere aber nicht, bleibt im Dunkeln. Wenig überzeugend ist das Festhalten an den “ursprünglichen Begriffe(n)‘Hilfsschule’, ‘Hilfsklasse’ und‘Hilfsschüler’”(S. 24): Zum einen sind diese Bezeichnungen im Alltagssprachgebrauch hinreichend negativ geprägt(wieweit dies inzwischen auch für “Sonderschüler” oder“Lernbehinderte” gilt, sei dahingestellt), zum anderen verwenden die Autoren“Lernbehinderung” weiter(vgl. Titel) und halten es für notwendig, den eingeführten Begriff in Tabellen und Abbildungen jeweils zu erläutern(“Hilfsklasse[Sonderschule für Lernbehinderte]” vgl. Ergebnisteil). Knapp, aber prägnant werden in Kapitel 3 allgemeine“Motive und Tendenzen zur Integration von Lernbehinderten” skizziert, wobei unterschiedlichen Schulformen und laufenden Integrationsmodellen besonderes Augenmerk gilt. Ausführlicher und auch aus Sicht beteiligter Schüler werden Prinzipien, Aufgaben und mögliche Probleme der Heilpädagogischen Schülerhilfe angemessen kritisch diskutiert(Kap. 4).
Breiten Raum(75 S.) widmen die Autoren dem“Stand der Forschung zur Situation von Lernbehinderten in unterschiedlichen Schulformen” bezüglich der soziometrischen Stellung, des Begabungskonzepts, der Schullei
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1992
stungen, der Angst sowie weiterer Variablen. Die umfassende und gut lesbare Darstellung vorliegender Befunde orientiert sich inhaltlich und formal an der umfangreichen Metaanalyse von Kniel(1979; vgl. S. 19): Ergebnisse werden zunächst in einem Überblick dargeboten, bevor einzelne Untersuchungen genauer vorgestellt werden; besonders hilfreich sind die tabellarischen Übersichten, die die untersuchten Variablen, die Stichprobenmerkmale und die Ergebnistendenz komprimiert aufführen. Im anschließenden Kapitel werden die Befunde bezugsgruppen-theoretisch interpretiert; ein wesentlicher methodischer Mangel fast aller Untersuchungen bleibt aber außer acht: Es wurde kaum kontrolliert, welche Unterschiede bereits vor der unterschiedlichen Beschulung bestanden. Den Abschluß des Theorieteils bildet die Darstellung der“Ziele und Merkmale einer integrationsfähigen Schule”,
Einführend in den empirischen Teil der Arbeit geben Haeberlin, Bless, Moserund Klaghofereinige wissenschaftstheoretische Überlegungen wieder und nennen ihre allgemeinen Hypothesen. Eher störend wirkt die Form der nachfolgenden, detaillierten Erläuterung der Untersuchungsinstrumente(34 Seiten), die stark an Angaben eines Testmanuals erinnert- Informationen, die besser in einem Anhang mitgeteilt werden. Etwas mehr Raum hätte dagegen der Beschreibung der Stichproben gut getan: Es gibt nur grobe Angaben zur Verteilung der Geschlechter, der Muttersprache und der Intelligenzwerte sowie zum Schulweg; vermißt werden wichtige demographische Daten, die die interne Validität der Ergebnisse untermauern könnten, z.B. die genaue Altersverteilung und Angaben zur Schullaufbahn oder zu den häuslichen Verhältnissen.
Zur Absicherung der Generalisierbarkeit ihrer Befunde werten die Autoren die Daten in drei Schritten aus: Zunächst stellen sie die unterschiedlich großen Stichproben gegenüber, daran anschließend werden die Effekte an reduzierten Stichproben gleichen Umfangs überprüft. Für den dritten Schritt werden Triplets von vergleichbaren Schülern aus den verschiedenen Schulmodellen gebildet, wobei allerdings sehr geringe Stichprobengrößen(neun bzw. 6 Triplets von Schülern) resultieren. Ein Hinweis, wie typisch die Teilgruppen für die jeweilige Ausgangsgruppe sind, wäre hier wichtig.
Der ausführliche(108 S.) und mit vielen Tabellen sowie Abbildungen ausgestattete Ergebnisteil ist in vier Kapitel unterteilt: Er
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