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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Zusammenhang von Symbolbildung und

Sprachentwicklung

Von Siegbert Kratzsch

Es wird ein theoretischer Ansatz zur Symbolbildung im Kontext der Sprachentwicklung vorgestellt, welcher zu Indikatoren für Symbolbildungsprozesse bei Kindern führt und in der Voruntersuchung erprobt wird.

In den Untersuchungen reprodzierten 13 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren angeregt durch je zehn vorgelegte Bilder ihre symbolisierten Erfahrungen mit angebote­nen Materialien bzw. setzten sie in sprachlicheErzäh­lungen um. Die Situationen für die Symbolerfassung waren damit unabhängig von denen, welche hinsichtlich der Sprachproduktion ausgewertet wurden. Von 11 Kin­dern konnten die Symbolbildungen und Sprachpro­duktionen anhand der 13 Kategorien zum Symbolbildungs­niveau und anhand der verwendeten 13 Maße zur Sprach­produktion ausgewertet werden. Die Interkorrelationen zwischen den Kategorien zur Symbolbildung und den Maßen zur Sprachentwicklung sprechen für beachtliche Zusammenhänge und zeigen die empirische Brauchbarkeit der abgeleiteten Indikatoren.

Die qualitative Auswertung einer Sequenz aus der Entwicklungsförderung mit einem 9jährigen Mädchen veranschaulicht und vertieft die vorgetragene Auffassung von Symbolbildung als strukturbildenden Prozeß für die Förderung.

This is the presentation of both a theoretical attempt at and a preliminary study of symbol formation in connexion with the development of language. The concept of sym­bolization in the context of language acquisition leads to indicators of symbolic processes with children.

In our investigation 13 preschool-children were stimulat­ed by twenty pictures to reproduce their symbolized experiences and to transform them intoplay with offered materials or intostories. The situations for the symbolic processes were independent of those evaluated with regard to language production. We were able to evaluate the smybol formation and language production of 11 children by means of 13 categories of symbolization level and by means of the 13 used measures of language production. The intercorrelations between the categories of symbolization and those oflanguage production indicate considerable coherence and prove that the indicators of symbol formation are empirically useful.

The qualitative evaluation of a sequence from the developmental help and teaching with a 9-year-old girl illustrates and reinforces the concept stated that symbol formation is a structuralizing process and important for this area.

1. Einleitung und Stand des Problems

1.1. Theoretische Vorüberlegungen und Erfahrungen aus der Förderung

Es gibt kaum Ansätze, die die Erfah­rungsbildung des Kindes als einen ge­meinsamen Prozeß von bedürfnisbezo­gener, gefühlshafter und kognitiver Le­benstätigkeit beschreiben. Die wissen­schaftshistorische Tradition, die emotio­nale und kognitive Entwicklung getrennt, ja fast als einen Gegensatz zu beschrei­

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ben und zu erforschen, erweist sich mei­nes Erachtens als ein Hindernis, wenn wir in der Sonderpädagogik das Lernen von Kinder unter erschwerten Bedin­gungen untersuchen.

Sowohl die Untersuchungen zur För­derwirksamkeit(Kratzsch 1984), als auch die mehrjährige praktische Begleitung von Entwicklungsförderungen in Projekt­seminaren, die ich zusammen mit Herrn Scholz ausgewertet habe, führten zur folgenden These und Arbeitsgrundlage (Kratzsch und Scholz 1989):

Die /nteraktion des Kindes mit Lernge­genständen in der Unterrichts- und För­

dersituation konstituiert sich immer in Wechselbeziehung zur /nteraktion mit der tatsächlichen und/oder der erinner­ten pädagogisch einwirkenden Bezugs­person. Damit ist die Aneignung der Lerngegenstände nicht nur vom kogniti­ven Entwicklungsstand, sondern auch vom sozial-emotionalen Entwicklungs­stand und der durch die Qualität der Beziehung zwischen Pädagoge und Kind bestimmten, situationsspezifischen Ak­tualisierung bestimmt. Was aktualisiert wird, sind die Struktur gewordenen Er­gebnisse der biographischen Lern- und Aneignungsgeschichte von kognitiver

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 2, 1992