Siegbert Kratzsch+» Zusammenhang von Symbolbildung und Sprachentwicklung
e die funktionale Einrichtung des Raumes
fl u. f2 Imaginationen des Kindes bzw. ihre sprachlichen Repräsentationen
g die mit den genannten Objekten ausführbaren Prozesse
Aufgrund von Vorstudien, in denen sich zusätzliche oberflächengetreue, zweidimensionale Pappfiguren der Bildinhalte nicht bewährten, wurden als Objekte nur dreidimensionale Gegenstände verwendet. Wir nahmen außerdem für das angebotene Spielmaterial die Erfahrungen von Mayr& Chipman(1989) zum Spielverhalten bei zwei Kindern mit Down-Syndrom auf, nach denen im Spiel die Verwendung von Gegenständen aus dem Alltagsbereich(“unkonventionelles Spielmaterial”, d.h. durch seinen Gebrauch im Alltag für das Kind schon“festgelegte” Gegenstände) und von“natürlichem Material” ohne funktionale Bedeutung eine schon weiter entwickelte Symboltätigkeit des Kindes vorauszusetzen scheint. Das entspricht unseren Annahmen zum Zusammenhang von verwendeten Signifikanten und dem Erfahrungsinhalt, der im Spiel zur Darstellung kommt.
Im Untersuchungsablauf, an dem das Kind, der bzw. die Vl und ein Beobachter (die Rollen von Beobachter und VI können abgewechselt werden) teilnehmen, macht sich das Kind also zuerst mit den angebotenen Spielmaterialien(s. Tab. 1) vertraut, die zusammen ausgepackt werden. Im Übergang zum“Spiel”— 1. Untersuchungsabschnitt— wird dem Kind die Instruktion mitgeteilt. Zu jedem der zehn Bilder werden abwechselnd von dem bzw. der VI als non-mastering Modell und spontan von dem Kind Spielsequenzen entwickelt. Die Anzahl und Länge der Spielsequenzen variieren dabei bei jedem Kind, aber auch von Bild zu Bild. Indem in den Spielsequenzen vom VI möglichst viele verschiedene Ebenen der Symbolverwendung demonstriert werden, ist auch das Kind angeregt, seine Symbolformen im Rahmen seiner bereits entwickelten Möglichkeiten zu entfalten. Die Erfahrung zeigt, daß es gerade bei den jüngeren Kindern notwendig ist, daß sich die Erwachsenen in lebendiger und einfühlender Weise in das Spiel ein
76
Tabelle 1: Angebotene Materialien zur Symboldarstellung
(dargest. nach von Richthofen 1991, Anhang VI)
Spielmaterial 1
“Konventionelles” Material(n. Mayr u. Chipman 1989)
Teddybär(a), Biegepuppe(Junge)(a), Lastwagen(a), Rennauto(a), Puppenstuhl(a), Eisenbahnanhänger (Holz)(b), Rassel mit Gesicht(Holz)(b), Holzschrauben(b), Holzklötze in verschiedenen Formen, Farben und Größen(b), Babuschka(b), Mädchenfigur(grünes Holz)(b), Tannenbaum(grünes Holz)(b), Tonfigur (Mann)(b), Frosch auf Blatt sitzend(a), Tonschale, Kuchenform(klein), gelbes Pferd(b).
Spielmaterial 2
“Unkonventionelles” Material(n. Mayr u. Chipman 1989) Tennisball, Knöpfe, Münzen, Osterei, Pfeifenreiniger, Korken mit Wollfäden und Feder, verschieden große Papp- und Styroporschachteln, leere Filmdose, leere Kerzendose, drei Stücke Stoff(grün, blau, geblümt), Wollknäuel, zwei Wollschals, Pinsel, Toilettenpapierrolle.
Spielmaterial 3 Natürliches Material ohne funktionale Bedeutung
Holz(bearbeitet), Versteinerungen, Schneckenhaus, Muscheln, Zapfen, Walnuß, Kastanie, Hölzer(ver
schiedene Formen).
beziehen lassen und in dem Wechselspiel anregend wirken.
Der 2. Untersuchungsabschnitt erfolgt analog: Der bzw. die VI“erzählt” als Modell—- auch hier i.S. des non-mastering — im Wechsel zu dem Kind zu jedem der zehn weiteren Bilder. Die spontanen Erzählsequenzen des Kindes und seine Sprachproduktionen sind dadurch vom Bildmaterial und der Situation her unabhängig von den Symbolspielsequenzen. In beiden Untersuchungsabschnitten werden die“Spiel”- und die“Erzähl”Sequenzen durch Beobachter nach festgelegten Beobachtungskriterien protokolliert und die sprachlichen Äußerungen auf Tonband aufgezeichnet. Von 2 Kindern wurden in der hier ausgewerteten Voruntersuchung auch Video-Mitschnitte angefertigt.
Die Untersuchungsgruppe bestand aus N=13 Kindern(7 Mädchen, 6 Jungen) aus Kindertagesstätten in Frankfurt, die sich freundlicherweise nach Vorgesprächen und Hospitationen bereit gefunden hatten, an der Untersuchung mitzuwirken. Ihnen soll hier für das Entgegenkommen und die Hilfe gedankt werden. Besonderer Dank gebührt aber Frau von Richthofen(1991) und den Teilnehmern an der Projektseminargruppe, die an der Untersuchung beteiligt waren.
Die Kinder waren uns als normal entwikkelt angekündigt worden und sie waren nach den Hospitationen neugierig, an dem“Spiel” teilzunehmen. Im Mittel waren sie 5;0 Jahre alt mit einer Streuung
von 1;1 Jahren. Die Untersuchung fand jeweils in den Räumen der Kindergärten innerhalb der Betreuungsstunden statt.
2.2. Auswertung und Ergebnisse der Voruntersuchung
Von 11 der 13 Kinder konnten in der geschilderten Weise die Sprachproduktionen und die Symbolbildungen erfaßt und dokumentiert werden. Die“Spielsequenzen” wurden nach 13 Indikatoren der Symbolbildung(s. Kratzsch& Scholz 1990) ausgewertet, wobei wir uns in der quantitativen Analyse auf die beiden Dimensionen: Repräsentations-Mittel(Signifikant)(8 Kategorien) und die Relation zwischen Mittel und Symbolinhalt(5 Kategorien), die Tabelle 2 zeigt, beschränkten. Die anderen Kategorien (Symbolinhalt, Kontext, Resonanz und Ko-text) wurden hier nicht quantitativ ausgewertet. Wie zu sehen ist, gingen trotz der Überschneidungen zwischen Kategorisierungen der Repräsentatinsmittel und der Relation beide Bereiche getrennt in die weitere Analyse ein.
Auf der Seite der Sprachentwicklung liegen zwar qualitative Ergebnisse zum Sprachverständnis der untersuchten Kinder vor; aufgrund der Nähe, die für die strukturelle Entwicklung der erzählenden Sprache zur Symbolspielentwicklung hergestellt wird(z.B. Pellegrini 1985; Wolf& Grollman 1982), konzentriert sich die Untersuchung auf die Analyse
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 2, 1992