Petra Bee-Göttsche* Prävention und Therapie von LRS
z. n. Worden, 1983) fanden, daß Lernbehinderte ihre eigenen Strategien entwikkeln, wenn sie ein Ziel vor Augen hatten, für das es sich lohnte, besser zu werden. Eine Alternative zur Belohnung ist die Einbindung in einen Spielkontext. Ornstein und Naus(1985) wiesen darauf hin, daß Kinder bei Aufgaben, die in ein Spiel verkleidet sind, eher bereit sind, die Anstrengung, die mit dem Gebrauch von Gedächtnisstrategien verbunden ist, in Kauf zu nehmen. Laborsituationen oder schlichtes Funktionstraining sind dagegen eher ungeeignet für den Strategieerwerb, insbesondere weil hier der Verbindung zwischen affektiven Bedürfnissen und der Kognition nicht Rechnung getragen werden kann(vgl. auch Torgesen, 1977).
Aktiv handelnder Umgang mit Materialien. Für Borkowski, Levers und Gruenenfelder(1976) hängt der Lerneffekt entscheidend davon ab, inwieweit Lernende aktiv durch eigenes Handeln in die Strategieaneignung einbezogen werden. ‘Learning by doing’ läßt nach Borkowski et al.(1976) aus folgenden Gründen eher einen dauerhaften(Transfer-)Erfolg erwarten:
a) Es kommt zu einer tieferen Verarbeitung der Informationen über die Strategie und ihren Gebrauch als Resultat größeren sensorischen und vielleicht semantischen Einbezugs.
b) Auf diese Weise werden mehr Hinweisreize erzeugt, die dann später für das Erinnern und den Einsatz der Strategie beim Transfertest hilfreich sein könnten.
Rückmeldung und Bekräftigung bezogen auf die Anwendung der Strategie. Wichtig ist, daß die Kinder sofort erfahren, daß und wann sie Fehler gemacht haben. Orientierung für den Strategiegebrauch können sie aus einer Rückmeldung, Bekräftigung und/oder Korrektur ihres Verhaltens beziehen.
Die Lösung der Transfer- und Genera-lisierungsprobleme(Übertragung des Gelernten auch auf andere nicht geübte Aufgaben) wurde deshalb vor allem darin gesehen, Kindern die Wichtigkeit ei
nes Strategiegebrauchs deutlich zu machen. Eine Begründung dafür war, daß Vor- und Grundschüler zwar bestimmte Strategien verwenden, jedoch noch nicht von sich aus in der Lage sind, diese als nützlich für die Gedächtnisleistung zu erkennen(vgl. Waters& Andreassen, 1983); eine andere, daß eine Strategie schon aus der Definition heraus zielgerichtet sein muß. D. h., sie wird mit der eindeutigen Absicht eingesetzt, die Leistung bei einer speziellen Aufgabe oder bei mehreren Aufgaben zu verbessern. Schlichte Nachahmung eines Versuchsleitenden ohne Verständnis“warum und wieso”, verspricht weder Dauerhaftigkeit noch Generalisierung einer Strategie.
Form der Vermittlung der Strategie. Zu den wichtigsten Faktoren bei der Vermittlung der Strategie, die zu dauerhaftem und großem Strategietransfer führen, gehören nach Borkowskiet al.(1976) die folgenden:
a) Konsistenz Konsistent ist die Vermittlung einer Mediationsstrategie dann, wenn sie dreimal oder mehrmals wiederholt vorgenommen wird,
b) Suffizienz Suffizient vermittelt wird sie dadurch, daß dabei mit verschiedenem Material gearbeitet wird.
c) Präzision Präzision betrifft die Detailliertheit und Verständlichkeit der Instruktion.
Lernen am Modell. Wie Arsarnow (1976) und Bray, Justice, Ferguson& Simon(1977) zeigten, erleichtert das Vorbild eines Erwachsenen(als Modell) insbesondere bei jüngeren Kindern das Lernen der Gedächtnisstrategie. So war bei Bray et al.(1977) die einzig erfolgreiche Trainingsbedingung diejenige, bei der ein Modell den Erstklässlern die kumulative Repetierstrategie'! vorführte. Die
) Ein Beispiel für kumulatives Repetieren: Das Kind soll sich eine Reihe von Gegenständen einprägen. Der/die Vl zeigt auf einen Fisch. Die Vp sagt: “Fisch”. Dann wird auf einen Ball gezeigt. Die Vp sagt:“Fisch, Ball”. Es folgt ein Haus. Das Kind sagt: “Fisch, Ball, Haus”. Usw...
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 2, 1992
Autoren folgerten daraus, daß Kinder dieses Alters solche Techniken solange nicht ausprobieren, bis es ihnen jemand vormacht. Und zwar nach Ansicht von Bray et al.(1977) aus dem einfachen Grund, daß Erstklässler die Repetierinstruktion ohne Modell nicht verstehen.
Lehren der einfachen Repetierstrategie. Die Erklärung dafür, warum ein Training in kumulativem Repetieren bei jüngeren Kindern wenig Erfolg hat(vgl. auch Tarver, Hallahan, Kaufman& Ball, 1976) könnte im Anschluß an Schneider und Pressley(1989) darin zu sehen sein (vgl. auch Bray et al., 1977), daß kumulatives Repetieren an jüngere Kinder zu hohe kognitive Ansprüche stellt. Dies wäre durch ineffizienten Gebrauch von Strategiekomponenten verschuldet, wie der Aufrechterhaltung vorher präsentierter Items im KZG, damit sie in die Repetierkette eingefügt werden könnten. Viel einfacher wäre es, wenn sich die Durchführung der Gedächtnisstrategie auf das leere Zwischenintervall nach der Vorgabe der gesamten Objektfolge beschränken könnte.
Wissen. Um die Strategie angemessen einsetzen zu können, muß Erfahrung mit dem eigenen Gedächtnis in bezug auf bestimmte Aufgabenbedingungen vorhanden sein. Das Kind muß wissen, welche Strategien es besitzt und inwieweit diese seine Gedächtnisleistung positiv beeinflussen können. Junge Kinder überschätzen eher ihre Gedächtnisleistung als ältere(Flavell, Friedrich& Hoyt, 1970). Folgerichtig sehen sie die Notwendigkeit des strategischen Verhaltens nicht ein. Diese Einsicht wird zum großen Teil erst durch Erfahrung mit entsprechenden Aufgaben gewonnen(vgl. Chi, 1984): Das Kind lernt, daß es unter bestimmten Aufgabenbedingungen sich intentional, über den Einsatz von Strategien, auf den späteren Abruf der Information vorbereiten kann. Es erfährt gleichzeitig, welche Störfaktoren(Ablenkung, lautes Reden) hinderlich sind. Auf diese Weise kann das Kind nicht nur die Güte seiner Leistung vorhersagen, sondern sie auch aktiv beeinflussen.
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