Was folgt für die Prävention von Lernstörungen?
Zusammenfassend sind damit folgende Schlußfolgerungen für die Bedingungen eines Transfereffekts zu ziehen: Allein durch die Erfahrung im Umgang mit Gedächtnisaufgaben lernen eher ältere als jüngere Kinder, eher Strategieerfahrene als Unerfahrene ihr Strategieverhalten zu steuern und damit erfolgreicher einzusetzen. Andere wichtige Faktoren sind die Rückmeldung bezüglich der korrekten Ausführung der Strategie und Information über ihre Nützlichkeit.
Wie könnte demzufolge eine Förderung aussehen, welche möglichst viele der oben genannten Vorschläge berücksichtigt? Ein Beispiel gaben Asarnow& Meichenbaum(1979). Bei ihnen bekamen die Kinder nicht nur Rückmeldung über die Nützlichkeit der Strategieanwendung, sondern zusätzlich Hilfe bei der Planung und Organisation jedes einzelnen Teilschritts. Ihr KZG-Training entsprach einer Modifikation des Selbstinstruktionstraining von Meichenbaum& Goodman (1971). Die dabei verwendete Reihenfolgeaufgabe sah so aus: Den Kindern wurde ein Blatt vorgelegt auf dem sechs verschiedene Objekte abgebildet waren. Die VI zeigte nun in einer ganz bestimmten Reihenfolge auf minimal 2 davon. Die Aufgabe(Reihenfolgeaufgabe im folgenden genannt) war, sich diese Reihenfolge genau einzuprägen und auf einer Seite zu wiederholen, auf der dieselben Objekte in anderer Anordnung waren.
Das Selbstinstruktionstraining bestand aus folgenden Phasen:
a) Der VI dient als Modell für die kognitive Strategie.
b) Das Kind führt nach den Anweisungen des VI die Aufgabe aus.
c) Das Kind gibt sich bei der Durchführung selbst die Anweisungen.
Das Kind lernt das geplante Vorgehen dadurch, daß der Vl zunächst sowohl Antwort als auch Frage nach den einzelnen Schritten der Strategie vorgibt. Später fragt der Vlnur noch und läßt das Kind antworten, bis später auch der erste Part vom Kind übernommen wird. Der Anteil des Vls an der Handlung wird auf diese
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Petra Bee-Göttsche+ Prävention und Therapie von LRS
Weise nach Art der Verhaltensmodifikationstechnik sukzessiv ausgeblendet. Die kognitive Strategie schloß dabei ein:
a) Fragen betreffend der Natur und den Anforderungen der Aufgabe.
b) Antworten auf diese Fragen, welche Verhalten beschreiben, das zur Produktion der Repetierstrategie gehört.
c) Antworten auf die Fragen, um Rückmeldung betreffend des Wertes der verwendeten Strategie zu geben.
d) Repetieren bei der Aufgabe.
e) Selbst-Verstärkung.
f) Der Vl dient als Modell für die Formulierung von Bewältigungsstatements, in dem Fall, wo Mißerfolge oder Schwierigkeiten entstehen.
Die Kinder lernten bei Arsamow& Meichenbaum(1979) eine kumulative Repetierstrategie kennen. Interessant sind deshalb die Ergebnisse hinsichtlich der Aufgabenschwierigkeit. Trainingseffekte wurden nur bei Aufgaben mit zwei und drei Items gefunden, nicht jedoch, wenn sich die Kinder eine Folge von vier bis fünf Bildern merken mußten. Ein Grund hierfür ist darin zu sehen, daß die kumulative Strategie, wenn eine größere Objektzahl zu merken ist, die Kinder überfordert(s. 0.) da sie nicht schnell genug (innerlich) sprechen können(vgl. Hulme, Thomson, Muir& Lawrence, 1984). Aber es gibt noch andere Kritikpunkte, welche die einfache Übertragung dieses Programms in die Praxis bedenklich erscheinen läßt. Die Strategie wird nicht suffizient vermittelt, d. h. die Kinder lernen nur eine Aufgabenform kennen. Konsistenz wurde ebenfalls bei einer 20minütigen Trainingssitzung nicht erreicht. Die fehlende Motivation durch Abwechslung wurde(wahrscheinlich) durch die Belohnung mit einem kleinen Stofftier kompensiert.
Es wurde deshalb versucht, ein Programm — TUT(Bee-Göttsche, unveröff. Mat.)— für den Gebrauch von Praktikerinnen und Praktikern zu entwickeln, das alle oben genannten Punkte berücksichtigt. Die Arbeit von Arsarnow& Meichenbaum (1979) wurde zu einem wichtigen Vorbild der Strategievermittlung in diesem Programm. Wobei sich TUT durch die Aufnahme der Elemente“Spiel und Mär
chen” der Form nach eher in der Tradition der schwedischen Programme zur Förderung phonemischer Bewußtheit sieht(vgl. Lundberg, Frost& Petersen, 1988). Die Fördermaterialien wurden so konzipiert, daß sie später von den, in der Erprobungsphase beteiligten, Erzieherinnen selbständig in ihren Gruppen eingesetzt werden konnten. Das Programm bestand aus einem Geschichten- und einem Spieleteil und damit aus folgenden Materialien:
a) Märchen-, b) und Spielebuch mit Illustrationen, c) Manual mit den Instruktionen für die Durchführung des Programms, d) Bildmaterialien(Bildkarten für die Märchengeschichten, für die Spiele; RA-Bilderbuch: Bildseiten mit Bilder von vier x vier verschiedenen Objekten in jeweils vier unterschiedlichen Anordnungen).
Ziel der Geschichten war es einerseits, eine Rahmenhandlung zu schaffen, welche die verschiedenen Spielstunden sinnvoll miteinander verbindet, andererseits ging es hier, wie in den Spielen auch darum, die Repetierstrategie anzuwenden. Diese Technik lernten die Kinder im Spielteil kennen. Die Spiele lehnten sich eng an die Reihenfolge- und den‘probetype’ Aufgaben an, wie sie in den Förderungen der Repetierstrategie bei Kindern im Vorschulalter Verwendung fanden (s. 0.). So gab es die:
a) Reihenfolgeaufgaben(RA). Hinter Reihenfolgeaufgaben verbarg sich die Aufgabe des seriellen Abrufs, wie sie u. a. von Arsamow& Meichenbaum (1979) gestellt wurde. Die Kinder mußten sich die genaue Reihenfolge merken, mit der die Spielleiterin auf eine Reihe von Bildern zeigt. Sie sollten nämlich bei einer neuen Anordnung der Bildobjekte diese Folge wiederholen.
b) Kettenaufgaben(KA). Bei den Kettenaufgaben mußten sich die Kinder eine Folge von Objekten merken. Während die Spielleiterin jeweils ein Bild dieser Folge nannte, legte sie parallel dazu die Bildkarte in Schreibrichtung von links nach rechts. Die einzelnen Bilder sahen die Kinder allerdings erst später und dann zur Be
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVIIL, Heft 2, 1992