Stimulation’ gewesen— auf Förderung einzelner Verhaltens- und Wahrnehmungsbereiche und als Therapie von Fehlentwicklungen verstanden wird. Der im Deutschen als Bildung bezeichnete Bereich der Vermittlung wie auch immer gearteter Inhalte wird hingegen gar nicht erst zum Thema.
Insbesondere für den Sonderschullehrer wirft dieses Erziehungsverständnis allerdings eine ganze Reihe von Problemen auf, welche in der‘Pädagogik bei schwerster Behinderung’ zwar angesprochen, aus pädagogischer Sicht aber nicht diskutiert werden. So ist die beispielsweise für die‘basale Stimulation’ konstitutive Unterscheidung einer Erziehung und Bildung nichtbehinderter von der Förderung behinderter Kinder fragwürdig(Fischer, S. 275— Verweis auf Fröhlich), zumal dies gegebenenfalls auch institutionelle Konsequenzen z.B. in Hinsicht auf die Beschulung behinderter Kinder haben kann. Weiterhin ist die Frage, ob eine Erziehung behinderter überhaupt andere Ziele als diejenige nichtbehinderter Kinder verfolgen kann, keinesfalls als beantwortet anzusehen(vgl. z.B. Fischer, S. 273). Auch die Frage nach dem Stellenwert alltäglicher Sach- und Umwelterfahrungen für die Erziehung schwerstbehinderter Menschen kann keineswegs als vorwiegend negativ beantwortet gelten. Beispielsweise plädiert Theunissen— bezogen auf schwerstbehinderte Erwachsene— für ein Anknüpfen an Situationen des alltäglichen Lebens als Ansatz für das pädagogische Tun (Theunissen, bes. S. 301), ohne daß die so ermöglichten Erfahrungen zugleich wieder auch inhaltlich— etwa im Sinne Praschaks(S. 230 ff.) oder Affolters und Bischofbergers (S. 241 ff.) an die frühen Phasen der kindlichen Entwicklung assimiliert werden. Die Analogisierung von schwerster Behinderung und frühkindlicher Entwicklung nicht nur unter strukturellen, sondern auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten mag zwar für die Konzeption einer Entwicklungsförderung fruchtbar sein. Aus pädagogischer Perspektive ergibt sich aber das Problem, daß die tatsächlichen Erfahrungen des Schwerstbehinderten als ihm eigene Lebensgeschichte gar nicht erst als ein möglicherweise sinnvoller Anknüpfungspunkt pädagogischen Handelns ernst genommen wird. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, daß es dem Ansatz der basalen Stimulation und ähnlich gearteten Positionen immanent ist, auf das Handeln mit einem Schwerstbehinderten ausgerichtet zu sein, während die Gruppensituation nur als defizient begriffen werden kann. Die Gruppensituation ist aber gerade für die Schule konstitutiv, wobei hier zunehmend eine
Integration der Schwerstbehinderten in andere Sonderschulklassen oder in die Regelschule angestrebt wird. Auch dieser Gesichtspunkt wird in dem Sammelband genannt (von Hinz und Wölfert-Ahrens, bes. S. 285 ff.). Wie die anderen Gesichtspunkte auch wird er aber nicht vertieft, und er wird auch nicht in bezug auf seine didaktischen und curricularen Konsequenzen weiterverfolgt. Der Teil‘sonderpädagogische Grundfragen’ des‘Handbuchs’ ist dementsprechend auch nicht spezifisch pädagogischen Themen, sondern Überlegungen zum Begriff‘schwerste Behinderung’(Bach), zur Entwicklung und zu Lernmöglichkeiten Schwerstbehinderter (Haupt), zu anthropologisch orientierten Fragestellungen(Fragner; Dreher), zu— im Anschluß an die Singer-Kontroverse— ethischen(Antor; dazu auch Krebs, S. 431 ff.), historischen(Mühl) und methodischen (Wember, Anstötz) Fragestellungen und zu internationalen Perspektiven(Bürli) gewidmet. Zusammenfassend 1äßt sich feststellen, daß eine als Förderung verstandene Pädagogik bei schwerster Behinderung in dem vorliegenden Sammelband umfassend dargestellt wird, indem über die möglichen Förderbereiche in verschiedenen Lebensphasen innerhalb unterschiedlicher institutioneller Kontexte informiert wird. Die eingangs zitierte Bemerkung Fröhlichs ist allerdings auch in dem Sinne zu verstehen, daß ein mögliches Handbuch der Schwerstbehindertenpädagogik weiterhin aussteht. Nebenbei sei nur erwähnt, daß der Rezensent mit Bitten überhäuft wird, sein Exemplar des‘Handbuchs’ zu verleihen. Dies ist insofern erfreulich, als offenbar ein Interesse an einem derartigen Handbuch besteht. Andererseits ist ein verliehenes Handbuch kein Hand-Buch. Angesichts des außerordentlich hohen Preises dieses Handbuches steht allerdings zu befürchten, daß dieser Zustand anDr. Michael Schwager, Köln
Graefe, G.(1990). Der Computer im Unterricht der Hauptschule. Donauwörth: Auer. 160 Seiten(A4), DM 29,80.
Das vorliegende Buch ist ein Arbeitsbuch von einem Unterrichtspraktiker für Unterrichtspraktiker. Gegenstand ist die— zumindest in den alten Bundesländern— durch Rahmenpläne geregelte“Informationstechnische Grundbildung”, bei der es“nicht nur
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 2, 1992
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um die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, sondern auch von Tugenden und Einstellungen(geht), ohne die ein verantwortungsbewußter Umgang mit den neuen Techniken und Medien nicht erlernt werden” kann(S. 26). Dem Autor gelingt es in hervorragender Weise, deutlich zu machen, wie dieser Anspruch unter den besonderen Bedingungen der Hauptschule umgesetzt werden kann.
Das Buch ist auf dem Hintergrund einer insgesamt fünfjährigen Verwendung von Computern im Hauptschulunterricht entstanden. Es ist in fünf Kapitel gegliedert: In den ersten beiden Kapiteln wird die gegenwärtige pädagogische Diskussion um die informationstechnische Bildung ganz allgemein und um den unterrichtlichen Einsatz von Computern im besonderen dargestellt. Im Unterkapitel über didaktisch-methodische Möglichkeiten wird unter anderem kurz auf die Behebung individueller Lerndefizite durch die Verwendung von Computern eingegangen, was nicht nur für die Hauptschule, sondern auch für die Sonderschule interessant sein dürfte. Auf einige einschlägige Veröffentlichungen in diesem Bereich wird verwiesen. Die beiden folgenden Kapitel stellen einem“Computerneuling” das für den Unterrichtseinsatz erforderliche Wissen über Hardware und Software zur Verfügung(MS-DOS-Standard), wobei insbesondere auch schulbezogene“Tips und Tricks” zu Geräten und Programmen sowie Beurteilungskriterien und Informationsquellen zur Auswahl von Hard- und Software zur Sprache kommen.
Das fünfte und umfangreichste Kapitel schließlich ist die Fundgrube für den Unterrichtspraktiker: Dort wird das vollständige Material für mehrere Unterrichtsreihen im Rahmen der informationstechnischen Grundbildung verfügbar gemacht, angefangen von einer Analyse der Anforderungen an Lehrer, Schüler und Medien über die Definition von Lehrzielen und ausgearbeitete Unterrichtsstunden inclusive Software(GW-BASIC) und Arbeitsblätter bis hin zur Lehrzielkontrolle. Die Unterrichtsreihen decken die unterschiedlichen Jahrgangsstufen der Hauptschule ab sowie die zentralen Fächer Mathematik, Deutsch, Arbeits- und Wirtschaftslehre, Physik, Chemie und technisches Werken. Eingeleitet wird das Kapitel durch das Material für einen sechsstündigen Projekttag zum Erstkontakt der Schüler mit Schul-Computern. Im Anhang schließlich finden sich Vorschläge für die Auswahl hauptschulgeeigneter Software, Bücher, Medien und sonstiger Unterrichtshilfen inclusive Angabe der Hersteller bzw. Lieferanten und Preise.
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