Karl Heinz Wisotzki& Armin Mühlich+ Pilotstudie zur Adaptation des amerikanischen Test CPHI
Interaktionen, den Bedürfnissen und den psychologischen Gegebenheiten des Individuums. Die komplexe Beziehung dieser Variablen untereinander bestimmt, ob und wann ein Hörverlust zu einer Kommunikationsbehinderung oder einer sonstigen Behinderung für den Betroffenen führt.
Abgesehen von vereinzelt durchgeführten Trainings, Kursen und Programmen, die u.a. durch den Deutschen Schwerhörigenbund, einzelne Volkshochschulen und Hörgeräteakustiker durchgeführt werden, wird in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit nur vom Institut für Berufsbegleitende Aus- und Fortbildung des Diakonischen Werkes Schleswig-Holsteineinumfangreicheres Rehabilitationsprogramm angeboten und in einem mehrwöchigen Programm stationär in Rendsburg durchgeführt(Claußen/Schuck, 1989), durch das aber der tatsächlich vorhandene Bedarf an rehabilitativen Nachsorgemaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland in keiner Weise abgedeckt wird.
Auf Grund dieser defizitären Situation ist ein Forschungsprojekt des Seminars für Hör- und Sprachgeschädigtenpädagogik der Universität zu Köln mit der Bezeichnung‘Heilpädagogische Rehabilitation Schwerhöriger’(HERES) in Vorbereitung, in dem ein umfassendes Rehabilitationsprogramm schwerhöriger Erwachsener zur Verfügung gestellt werden soll. Im Rahmen dieses Projektes werden für die Diagnostik von psychosozialen Faktoren, die am Zustandekommen einer durch die Hörschädigung verursachten Behinderung beteiligt sind, geeignete Testinstrumentarien benötigt. Anwendungen dieser Tests liegen im Bereich der Planung, Verlaufs- und Ergebnisüberprüfung der durchgeführten rehabilitativen Maßnahmen. Darüber hinaus sollen als Vorbereitung des Projekts in einer Feldstudie die Auswirkungen der Schwerhörigkeit auf den Kommunikationsprozeß untersucht werden(Wisotzki/ Wortmann-Jafari, 1991).
Zum Stand der Forschung in der Entwicklung von Tests und Fragebögen
Englischsprachiger Raum
Im englischsprachigen Raum hat die Verwendung von Fragebögen und Tests für die Diagnostik behindernder Auswirkungen einer Hörschädigung und für die Planung geeigneter rehabilitativer Maßnahmen eine im Vergleich zum deutschsprachigen Raum lange Tradition. Bereits in den dreißiger Jahren wurde von dem United States Public Health Service (USPHS) ein Fragebogen entwickelt, der fünf Skalen zum Themenkomplex Kommunikationssituationen enthält(Noble, 1978, 244). Bis in die heutige Zeit ist es zu einer Vielzahl von Weiter- und Neuentwicklungen gekommen, wobei die bekanntesten und am häufigsten eingesetzten Fragebögen und Tests der‘Hearing Handicap Scale’(HHS)(Highetal., 1964), ‘Hearing Measurement Scale’(HMS) (Noble/Atherly, 1970; Noble, 1979),‘Denver Scale of Communication Function’ (DSCF)(Alpineret al., 1974)‘McCarthyAlpiner Scale’(M-A Scale) McCarthy/ Alpiner, 1980),‘Hearing Performance Inventory’(HPI)(Giolas et al., 1979), ‘“Hearing Handicap Inventory for the Elderly’(HHIE)(Ventry/Weinstein, 1982), “Performance Inventory for Profound and Severe Loss’(PIPSL)(Owens/Raggio, 1988) und‘Communication Profile for the Hearing Impaired’(CPHI)(Demorest/ Erdman, 1986) sind.
Deutschsprachiger Raum
Der einzige im deutschsprachigen Raum bekannte Test ist der von v. Wedel/Tegtmeier(1979) vorgestellte‘Social Hearing Handicap Index’(SHHI), der eine Übersetzung des‘Hearing Handicap Scale’ (HHS) von High et al.(Form A)(1964) darstellt. Mit diesem Test soll das‘Soziale Hörvermögen’ Hörgeschädigter quantitativ erfaßt werden. Unter dem‘Sozialen Hörvermögen’ sind dabei alle die Fertigkeiten des Hörvermögens zu verstehen, die zur Kommunikation erforderlich sind. Die 20 Items beschreiben ver
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVIIL Heft 3, 1992
schiedene immer wieder auftretende Hörsituationen, die für in einer Stadt lebende schwerhörige Menschen von besonderer Relevanz sind. Das in einem Prozentoder Punktewert angegebene Gesamtergebnis wird als Ausmaß des‘Handicaps’ interpretiert, von dem der Hörgeschädigte betroffen ist. Zu einer Differenzierung der Auswertung führt die Aufspaltung der Items in zwei Gruppen, die als Schwerhörigkeitskomponente und Selektionskomponente bezeichnet werden. Die Schwerhörigkeitskomponente enthält dabei alle Items, bei denen der Störlärm keine oder nur eine geringe Bedeutung hat. In der Selektionskomponente sind alle Items zusammengefaßt, die über das Hören und Verstehen von Sprache hinaus die Selektion von Störgeräuschen erfordert(v. Wedel/ Tegtmeier, 1979). In einer veränderten Version des SHHI wird ab 1983 eine zusätzliche‘Soziale Komponente’ in den Test aufgenommen. Sie besteht aus 10 Fragen, mit denen psycho-soziale Aspekte im Kommunikationsprozeß erfaßt werden können(v. Wedel/Böttinger/Tegtmeier, 1983). Hauptsächlicher Einsatzbereich des SHHI sind empirische Studien zu den verschiedenen Einflußfaktoren auf die Hörgeräteversorgung(Böttinger, 1983, v. Wedel, 1983, Hoppe, 1985).
Diskussion
Obwohl zahlreiche Tests zur Erfassung der Hörbehinderung entwickelt wurden, betonen die meisten das Sprachverstehen und Signalhören(z.B. Telefon, Türklingel) unter verschiedenen äußeren Bedingungen(z.B. verschiedene Sprecher, Hintergrundgeräusche). Einige, wie z.B. der SHHI, HPI und M-A Scale, schließen Informationen über die emotionale und verhaltensmäßige Ebene ein, erfassen aber nicht in systematischer Weise die zahlreichen Einflußfaktoren, die sowohl in der Person als auch im sozialen Umfeld des Schwerhörigen Einfluß auf den Kommunikationsprozeß haben und diesen unterstützen oder auch erschweren können. Einige weitere Gruppen von Tests und Fragebögen befassen sich mit einzelnen Untergruppen von Schwerhöri
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