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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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rung der Behinderungsfolgen bei. Speck (1984, 16) spricht in diesem Zusam­menhang von einer offenen, komple­mentären Kooperation, eineminterak­tional, wechselseitigen Annäherungs­prozeß, wobei beidseitig in gegenseitiger Ergänzung das für den Individualfall pas­sende Förderkonzept entwickelt wird.

Eine derartig komplexe Angangsweise in Zusammenhang mit Frühförderung erleichtert nicht die Frühförderaktivi­täten, eher im Gegenteil, sie verstärkt jedoch deutlich die Erfolgsaussichten. Auchstellt sie größere Anforderungen an die Selbstsicherheit und Selbstverant­wortungsfähigkeit der Förderspezialisten.

Zusammenfassung und Ausblick

Gegenstand der Ausführungen war die definitorische Abgrenzung von geistiger Behinderung und Frühförderung; auf die Probleme im Zusammenhang mit Früh­fördermaßnahmen, besonders auf die Ein­flüsse im Sinne manipulativ-dirigisti­schen Übertrainierens wurde eingegan­gen. Der Einsatz von Förderprogrammen ist zwar wichtig, aber nicht um jeden Preis. Es gilt nicht das Motto, je stärker

Literaturverzeichnis

Knut Dönhoff- Frühförderung und geistige Behinderung

das Training, umso größer sind die Ef­fekte.

Ebenfalls sollte man sich stets bewußt sein, daß Förderstrategien nicht allein deshalb effektiv sind, da Fachleute sie konzipiert haben, und weil die Notwen­digkeit ihres Einsatzes den Förderspe­zialisten und Eltern plausibel erscheint. Gerade bei der Arbeit mit behinderten Kindern ist es besonders angezeigt, Interventionsstrategien einzusetzen, de­ren positive Effekte bewiesen wurden. Das trifft z.B. zumindest in weitge­stecktem Rahmen für empirisch über­prüfte Programme zu. Die Einschrän­kung ist notwendig, weil die theoretische Fundierung der Programme trotz empiri­scher Überprüfung noch Grund genug für die Nichtakzeptanz geben kann. Allgemein gesehen sollte die Einstellung zur Frühförderung besonders im Hin­blick auf ihre Effekte gedämpft optimi­stisch gesehen werden; die notwendige Änderung der Förderstrategien mit all ihren Konsequenzen, die durchaus Er­schwernisse in den entsprechenden For­schungsstrategien aber auch hinsichtlich der praktischen Durchführung mit sich bringen kann, wird die entsprechenden Freiräume für kreativ eigenverantwort­liches und selbstbestimmtes Handeln be­

wirken. Um das zu erreichen, ist nicht zuletzt eine Optimierung der Ausbildung der Frühförderspezialisten notwendig in Richtung auf mehr und vertiefte Kennt­nis psychologischer und psychothera­peutischer Theorien und Methoden, ein­schließlich begleitender regelmäßiger Supervision. Wichtig ist darüber hinaus, daß auch der Förderspezialist sich stets der Grenzen seiner Möglichkeiten be­wußt ist und diese zu akzeptieren lernt. Ein unangemessener Leistungsdruck aus welchen Gründen auch immer wird letztlich i.d.R. zur Kapitulation führen. Die Warnung vor einerVerpsycholo­gisierung der Einschätzung der Eltern und ihrer Probleme durch den Experten (s. z.B. Weiß 1983, 50) mag einen größe­ren oder weniger gravierenden Realitäts­bezug haben; jedoch sollte die negative Beurteilung derartiger mit psychologi­schen Termini verbundenen Einschät­zungen oder wie häufig negativ be­wertend geäußert wird Etikettierungen nicht zu einer generellen Verunsicherung und damit verbundener Verneblung tat­sächlich vorhandener Probleme führen und in der Konsequenz zu unangebrach­ter Vorsicht, bestimmte Probleme zu ana­lysieren, beim Namen zu nennen und ihnen angemessen zu begegnen.

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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVIIL Heft 3, 1992