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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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sten der Schülerinnen und Schüler der Schule für Lernbehinderte(Sonderschu­le). Gleichzeitig liegen von beiden Ver­gleichsgruppen bezüglich ihrer Lernakti­vitäten signifikante Unterschiede zugun­sten der Schülerinnen und Schüler der Regelschule vor. Ich schlage bis zur genaueren Überprü­fung vor, als vorläufiges Arbeitsergebnis festzuhalten: Für Kategorie 4 wird die HO zurückge­wiesen, statt dessen erfolgt die Annahme von: Hl: Bei höherem Lernerfolg werden mehr sprachliche Äußerungen er­wartet.

Diskussion Schüleraktivitäten im Lernprozeß

Insgesamt unterschieden sich die gezeig­ten Lernaktivitäten der Schulkinder der Regel- und Sonderschule zugunsten der Schülerinnen und Schüler der Regel­schule(Mann-Whitney-U-Test; vgl. Tab. 5; Tab. 6).

Eine Analyse mit Hilfe des Friedman­Tests(Tab. 8) ergab beim Phasenver­gleich, daß die Schülerinnen und Schüler der Schule für Lernbehinderte die Phase derGegenstandsorientierung insgesamt tendenziell weniger gut bearbeiten.

Bei vorsichtiger Interpretation kann ver­mutet werden, daß es sich bei der Schnitt­bild-Orientierung quasi um eineWie­derholung der Gegenstands-Orientie­rung auf einer anderen Ebene handelt, auf der die kurz zuvor erarbeiteten Be­zeichnungen zur Klärung der Aufgaben­stellung verwandt werden. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den Anfor­derungen der beiden Phasen ist auch darin zu sehen, daß die Schüler in der ersten Phase zwischen den wahllos umherliegenden Gegenständen zunächst selbst einen Zusammenhang herstellen müssen, in der zweiten Phase jedoch aus der bereits geordneten bildlichen Dar­stellung offensichtlich leichter einen Zusammenhang ablesen können. Andererseits ergab der Vergleich der Ka­tegorien mit Hilfe des Friedman-Tests (vgl. Tab. 7), daß die Position der Katego­

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Alfons Strathmann+ Lernprozeßanalyse und Konsequenzen für die Lernförderung

rien(K1)Identifizierung der Gegen­stände, die in der Phase 1 zu bearbeiten war, deutlich von den übrigen Kategori­en abweicht. Dies war für diese Katego­rie zu erwarten, da sie bezüglich ihres theoretischen Anforderungsniveaus am niedrigsten einzustufen ist.

Die Reihenfolge der nun folgenden Ka­tegorien(Plätze 4-13) ist nicht interpre­tierbar, weil die Rangplatzzuweisungen dieser Kategorie nicht deutlich genug vom Erwartungswert(7,5) abweichen und daher von zufälligen Abweichungen aus­gegangen werden muß. Hier läßt sich lediglich eine Tendenz aufzeigen. Die Kategorien der höheren Phasen(ab Pha­se 3) liegen sämtlich unter dem Erwar­tungswert. Aufgrund der tendenziellen Ergebnisse kann angenommen werden, daß die Anforderungen dieser Phasen auch maßgeblich von einer notwendigen Beherrschung aller drei Informations­stufen geprägt sind und der Vorausset­zung der Fähigkeit zu abstrahierendem Denken. Dies gilt auch für die Handlungs­phase, die, soll sie zu erfolgreicheren Versuchen führen, zielgerechtes Han­deln erfordert. Eine Zielorientierung ist aber nur dann gegeben, wenn die in den vorausgegangenen Phasen gegebenen Informationen(vor allem auch die Infor­mationen der Tabelle) ausreichend ver­arbeitet und zur Grundlage der Versuchs­planung und Versuchsdurchführung ge­macht werden unbeschadet der Tatsa­che, daß selbstverständlich auch Vorstel­lungen über zielgerichtetes Handeln si­cher ganz besonders bedeutsam sind (Lauth 1991).

Lautsprachliche Leistungen

Wie die Untersuchung zeigte, war jede Phase lautsprachlich begleitet worden und es wurde dargelegt, daß bei man­gelnder Verfügung über Lautsprache bestimmte Möglichkeiten nicht genutzt werden können.

Die lautsprachlichen Aktivitätennehmen in den vorliegenden Lernprozessen eine spezifische Funktion war. Um Begriffe, Handlungen und lokale Beziehungen auszudrücken, wurden eine Reihe von Assoziationen und Umschreibungen un­

ter Zuhilfenahme mimischer und gesti­scher Ausdrucksmittel eingesetzt, wenn eine präzise sprachliche Form nicht ver­fügbar war. Die Kommunikation konnte folglich aufrechterhalten werden. Sie funktionierte offensichtlich nicht mehr, wenn es um kausale Beziehungen ging. Über kausale Beziehungen kann nur kommuniziert werden, wenn sprachliche Mindestanforderungen erfüllt werden. Die Schulkinder der Schule für Lernbe­hinderte(Sonderschule) erbrachten ins­gesamt geringere Leistungen als die Regelschüler. Der Lernprozeß verläuft bei ihnen in sich uneinheitlich. Die Quan­tität der lautsprachlichen Äußerungen ist zwar derjenigen der Regelschüler fast gleich(außer im Bereich der kausalen Beziehungen), aber in der Qualität nicht gleichwertig. Das Aufzeigen des Lei­stungsunterschiedes unterstreicht die Not­wendigkeit gezielter Förderung.

Folgerungen für die Förderung

Es ist sicherlich von Bedeutung, daß die Sonderschüler am Anfang der Lernein­heiten motiviert werden können. Die an­gebotenen Materialien wirken anregend auf sie. Sofort greifen sie danach und untersuchen sie auf die unterschiedlich­ste Art und Weise. Sie sind scheinbar begierig, über Dinge, die für sie zunächst unbekannt sind, mehr zu erfahren, und zwar unter Einsatz von Arbeitsverfahren und Werkzeugverfahren der 1. Informa­tionsstufe(Radigk 1982, 785). Würde es sich nicht um eine Untersuchung han­deln, wie dies im Rahmen der vorgeleg­ten Arbeit der Fall ist, sondern um Unter­richt, so läge in dieser Phase der Begeg­nung mit der Realität(1. Informations­stufe) sicher die Chance, im Rahmen einer grundlegenden Orientierung diese Auseinandersetzung mit dem Konkreten zu fördern(Barth 1991).

Es zeigte sich in den Aufzeichnungen auch, wie die Schulkinder der Schule für Lernbehinderte(Sonderschule) bereits in der Orientierungs-Phase um Bezeichnun­gen für Dinge, Handlungen und Sachver­halte ringen. Die Suche nach treffenden Bezeichnungen spiegelt sich auch im Wortschatzvergleich wieder. Zwar ist die

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVIIL Heft 3, 1992