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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Der Effekt von sozialen Trainingsprogrammen auf den Erwerb interaktioneller Kompetenzen bei geistig behinderten Erwachsenen

Raymond P. Garries, Linda Hazinski und Judith Hollenweger

Mittels eines Prätest/Posttest-Forschungsdesigns wurde der Effekt von sozialen Trainingsprogrammen auf die Interaktion mit Peers, auf verbale Interaktionen mit ei­nem unbekannten Gesprächspartner und auf allgemeine soziale Kompetenzen untersucht. Die Studie konnte die Hypothese nicht verifizieren, daß soziale Trainingspro­gramme zu einer allgemeinen Verbesserung interaktionel­ler Kompetenzen bei geistig behinderten Erwachsenen im Vergleich mit einer Kontrollgruppe führen würden(Gene­ralisation auf andere soziale Kontexte). Die Resultate zeigten, daß soziale Trainingsprogramme mit Videoauf­nahmen und nachfolgender Analyse des Verhaltens den Effekt von herkömmlichen sozialen Trainingsansätzen nicht zu optimieren vermochten. Die Versuchspersonen erwarben allerdings die trainierten Aspekte sozialer Verhaltensweisen, indem sie nach jeder Trainingssequenz die vorher festgelegten Kriterien erreichten. Sie waren indes nicht fähig, dieses erwünschte Verhalten zu genera­lisieren und in realen sozialen Situationen einzusetzen.

A pretest/posttest control group design was utilized to examine the effect of social skills training on social interactions with peers, conversational interactions with a novel partner, and ratings of overall social functioning. The results failed to support the hypothesis that social skills training could increase the generalization of overall conversational responding of mentally retarded adults. The results showed that social skills training augmented with self-monitored videotape feedback could not optimize the effects of social skills training alone. The subjects did demonstrate acquisition of the targeted behaviors during training by meeting preestablished criteria for all of the training sessions. However, ‚the subject failed to generalize those behaviors across settings to in vivo social situations.

Einleitung

In zahlreichen Studien wurde immer wie­der festgestellt, daß bei geistig Behinder­ten Defizite im Bereich der sozialen Kompetenzen in einem direkten Zusam­menhang stehen mit ihren Problemen bezüglich psychischer Gesundheit(Rut­ter, Tizzard, Youle, Graham& Whitmore 1976; Sarason& Gladwin 1958), mit ih­rem beruflichen Erfolg(Brolin& Tho­mas 1972; Greenspan& Shoultz 1981; Sali& Amir 1971) und einer positiven Anpassung an die soziale Umwelt(Scha­lock& Harper 1978; Stephens& Peck 1968). Dieser Zusammenhang zwischen ungenügenden sozialen Kompetenzen und einer fehlenden Anpassung an die

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

soziale Umwelt gab den Anstoß zur Ent­wicklung zahlreicher Trainingsprogram­me, mit dem Ziel, geistig Behinderten bessere interpersonelle Fertigkeiten zu vermitteln.

Trainingskonzepte, welche die Metho­den des Modellernens, des Rollenspiels, des Verstärkungslernens, des Feedbacks oder der Instruktion verwendeten, haben sich als erfolgreich erwiesen bezüglich einer Verbesserung der sozialen Kompe­tenzen bei geistig Behinderten. Diese Methoden konnten spezifische soziale Fertigkeiten wie etwa kommunikative Kompetenzen(z.B. Kelly, Furman, Phil­lips, Hathorn& Wilson 1979), selbstbe­hauptendes Verhalten(Bates 1980; Stacy, Doleys& Malcolm 1979) und die sozia­

Band XVIII, Heft 3, 1992

len Beziehungen in der Freizeit(Matson & Andrasik 1982) verbessern. Durch so­ziale Kompetenztrainingsprogramme konnte oftmals auch aggressives Verhal­ten(verbale und körperliche Aggression) vermindert werden(Matson& Stephens 1978; Matson& Zeiss 1978).

Obwohl sich diese Trainingsansätze als nützlich und wertvoll erwiesen haben, liegt ein Mangel in den entsprechenden Studien, da sie sich nicht mit der Frage nach der zeitlichen und kontextuellen Überdauerung und Stabilität des trainier­ten Verhaltens befaßten(Andrasik& Mat­son 1984; Matson& Earnhart 1981; Sena­tore, Matson& Kazdin 1982). Studien, die multiple Methoden zur Erfassung der Veränderung sozialer Kompetenzen ver­

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