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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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und einer unbekannten, nicht geistig be­hinderten Person wurden zur Erfassung der Generalisierung des trainierten Ver­haltens in einer unbekannten Gesprächs­situation verwendet. Dabei wurde ein von Kelly und seinen Mitarbeitern(Kelly, Furman, Phillips, Hathorn& Wilson 1979; Kelly, Wildman, Urey& Thurman 1979) entwickeltes Verfahren verwendet, bei dem jede Versuchsperson ein achtminü­tiges, unstrukturiertes Gespräch mit ei­ner ihr unbekannten, nicht geistig behin­derten Person führt. Der nicht geistig be­hinderte Gesprächspartner war ein Stu­dent und kannte die Versuchspersonen nicht. Der Student wußte, daß es sich um geistig Behinderte handelte, wurde je­dochnicht in die Natur der Untersuchung eingeweiht. Diese Interaktion diente als ein Maß der Generalisierung des kommu­nikativen Verhaltens zu einer unbekann­ten Person.

Nachdem die Versuchsperson dem unbe­kannten Gesprächspartner vorgestellt worden war, wurde sie angewiesen, die­sen besser kennenzulernen. Während der Konversation wurde die Verantwortung für das Weiterführen des Gesprächs der Versuchsperson zugewiesen. Die Stu­denten wurden instruiert, nur als Antwort auf eine Frage selber Fragen zu stellen und ihre Antworten auf 10 Sekunden zu beschränken.

Alle Generalisierungssitzungen wurden wiederum mit Video aufgenommen und nach Abschluß aller Aufnahmen zwei unabhängigen Beobachtern präsentiert. Diese beurteilten die Aufnahmen bezüg­lich der Häufigkeit des trainierten verba­len und nonverbalen Verhaltens(vgl. oben). Mittels eines Verfahrens zur Her­stellung regelmäßiger Intervalle wurde jede Videoaufnahme in 30 Teile einge­teilt. Jedes Auftreten eines der fünf trai­nierten Aspekte des Verhaltens wurde während jedem 10-Sekundenintervall aufgenommen; deren Summe bildete die Basis für die statistischen Auswertun­gen. Die Gesamthäufigkeit im Bereich verbale Kommunikation entsprach der Summe aller gezeigten Verhaltensweisen (Gesprächsinitiierende Fragen, Auf sich selbst bezogene Aussagen und Positive Rückmeldung). Die Summe der er­wünschten nonverbalen Verhaltenswei­

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sen wurde als die Häufigkeit des Auftre­tens von Augenkontakt und angemesse­nem Affekt bestimmt.

Die Verläßlichkeit der Beobachtungen wurde auch hier durch die Überprüfung der Übereinstimmungsprozente ermittelt.

Social Performance Survey Schedule (SPSS). Die revidierte Version des SPSS (SPSS-R; Matsonet al. 1983) wurde ver­wendet, um eine valide Messung der Generalisierung der Trainingsinhalte be­züglich eines allgemeinen Sozialverhal­tens vornehmen zu können. Jede Ver­suchsperson wurde von zwei Mitarbei­tern des Heilpädagogischen Zentrums mittels einer Likert-Skala eingeschätzt. Die Skala diente zur Einschätzung der Häufigkeit des Auftretens von 57 ver­schiedenen spezifischen Verhaltenswei­sen. Die in den statistischen Berechnun­gen verwendete Punktsumme wurde aus dem Durchschnitt der Einschätzung bei­der Beobachter ermittelt.

Untersuchungsbedingungen

Die drei Gruppen unterschieden sich be­züglich folgender Bedingungen: eine Gruppe mit einem Training in sozialen Kompetenzen(TSK), eine weitere Grup­pe mit einem Training in sozialen Kompe­tenzen mit Videoaufnahmen zur Selbst­einschätzung(TSK V-S) und eine Kon­trollgruppe. Die beiden Trainingsgrup­penerhielten neun Wochen lang zwei 60­Minuten Trainingssitzungen jede Wo­che.

Training in sozialen Kompetenzen (TSK; Gruppe I). Das Training in sozia­len Kompetenzen erfolgte mittels Instruk­tion, Modellernen, Rollenspiel und Rück­meldung. Mit Hilfe dieser Methoden wur­de den Versuchspersonen die Verwen­dung kommunikationsinitiierender Fra­gen, auf sich selbst bezogener Aussagen und positiver Rückmeldung zur Unter­stützung der Kommunikation vermittelt. Ebenfalls trainiert wurde die Verwen­dung eines angemessenen Affektes und des Augenkontakts als nonverbale Mittel zur Verbesserung der Interaktion.

R. P. Garries, L. Hazinski& J. Hollenweger- Soziale Trainingsprogramme bei geistig behinderten Erwachsenen

Inhalte des Rollenspiels bezogen sich auf das Heilpädagogische Zentrum, die Wohnumgebung der Versuchspersonen und andere bedeutsame soziale Situatio­nen. Das Schwergewicht der Trainings­sequenz lag auf kommunikativen Reak­tionen, die der sozialen Situation und dem Gesprächsinhalt angepaßt waren. Eine Vielzahl unterschiedlicher Umge­bungen wurde im Rollenspiel verwen­det, um genügend Beispiele zur Gene­ralisierung zur Verfügung zu stellen (Stotes& Baer 1977). Die Inhalte für die Szenen wurden in der ersten Trainings­sitzung und den folgenden Sitzungen von den Versuchspersonen erbeten. Die Trainingsszenarios wurden in wechseln­der Form präsentiert. Die Versuchsper­sonen erhielten Anweisungen bezüglich der sozialen Situation der Rollenspiele und der kommunikativen Kompetenzen, sie erhielten jedoch keine Instruktionen bezüglich der Gesprächsinhalte, um selbstinitiierte und realistische Reaktio­nen zu unterstützen.

Die als Ziel angestrebtenkommunikativen Kompetenzen wurden sequentiell über 15 verschiedene Stufen des Trainings präsentiert und eingeübt. Sobald fünf der sieben Versuchspersonen die voraus fest­gelegten Kriterien erfüllten, trat das Trai­ning in die nächste Stufe der Abfolge ein. Gründliche Untersuchungen wurden nach jeder Sitzung durchgeführt, um festzu­stellen, ob die Versuchspersonen die mi­nimalen Anforderungen erfüllten. Wäh­rend der ersten Sitzung wurden die Ver­suchspersonen über den Zweck und den Ablauf des Trainings aufgeklärt. Die Trainingsstufen zwei bis sechs waren speziell auf die zu trainierenden Ver­haltensaspekte ausgerichtet. Die späte­ren Sitzungen legten das Schwergewicht auf Fertigkeiten bezüglich Gesprächsbe­ginn durch Aussagen über sich selber und auf die Gesprächsaufrechterhaltung durch kommunikationsorientierte Fragen. Jede Gruppensitzung begann mit einer Einführung der zu lernenden Fertigkeit, gefolgt von einer kleinen Diskussion über die Wichtigkeit dieser Fertigkeit für die soziale Interaktion. Danach zeigte der Gruppenleiter die erwünschte Reaktion in einer Rollenspielszene mit einer der Versuchspersonen. Im folgenden erhielt

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVIII, Heft 3, 1992