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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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R. P. Garries, L. Hazinski& J. Hollenweger ­

jedes Gruppenmitglied die Möglichkeit, die angemessene Reaktion im Rollenspiel zu spielen. Der Gruppenleiter und andere Gruppenmitglieder gaben Rückmeldun­gen und eine positive soziale Verstär­kung für jede korrekte Reaktion oder für eine Annäherung an diese. Bei einer un­angepaßten Reaktion wurde das korrekte Verhalten durch den Leiter oder ein an­deres Gruppenmitglied vorgeführt. Da­nach wurde die jeweilige Person noch­mals aufgefordert, das korrekte Verhal­ten zu üben.

Training in sozialen Kompetenzen mit Videoaufnahmen zur Selbsteinschät­zung.(TSK V-S; Gruppe II). Die Ver­suchspersonen in der Gruppe II erhielten das selbe Training wie jene in der Gruppe I mit zusätzlicher Selbsteinschätzung. Die Versuchspersonen beurteilten ihr Verhalten im Rollenspiel durch das Be­trachten der Videoaufnahmen. Zuvor de­finierte der Gruppenleiter für jede Szene das erwünschte Verhalten(z.B.:Frage danach, was diese Person gesagt hat oderSchau die andere Person an). Je­des Rollenspiel wurde aufgenommen und unmittelbar danach der jeweiligen Ver­suchsperson gezeigt. Während des Be­trachtens der Videoaufnahmen wurde jede Versuchsperson aufgefordert, das zuvor definierte Verhalten zu identifi­zieren und aufzuzeichnen. Die Aufzeich­nungen erfolgten durch die Versuchs­person mittels eines Formulars, auf dem die erwünschten Verhaltensweisen in Form eines Wortes und dem passenden Piktogramm dargestellt waren. Mittels Ankreuzen schätze die Versuchsperson ein, ob das erwünschte Verhalten in der Videosequenz vorhanden oder nicht vor­handen war. Nachdem jede Versuchs­person ihre Videoaufnahmen betrachtet und das Formular zur Selbstbeurteilung ausgefüllt hatte, gab diese Person der Gruppe eine verbale Rückmeldung, ob sie das erwünschte Verhalten als vorhan­den oder nicht markiert hatte. Der Grup­penleiter und andere Gruppenmitglieder gaben danach ihre Rückmeldung bezüg­lich der Genauigkeit der Selbstein­schätzung.

Kontrollgruppe(Gruppe III). Die Versuchspersonen in der Kontrollgruppe

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

erhielten neben dem im Heilpädagogi­schen Zentrum üblichen Ausbildungs­programm kein spezifisches Training für die Verbesserung der kommunikativen Kompetenzen.

Ergebnisse

Übereinstimmung unterschiedlicher Beobachter

Die Übereinstimmung zwischen den un­terschiedlichen Beobachtern bezüglich des trainierten Verhaltens wurde beim Prätest, Posttest und beim verzögerten Posttest festgestellt. Für die Erfassung der sozialen Interaktion mit Peers lag die Übereinstimmung während der 18 Frei­zeitbeobachtungen bei 84%(Bereich zwi­schen 67,7% und 91,7%). Bei der Erfas­sung der kommunikativen Interaktionen mit einem unbekannten Gesprächspart­ner lag die durchschnittliche Übereinstim­mung für die 126 Beobachtungen bei 85%(Bereich zwischen 50% bis 100%).

Training der Beobachter und Übereinstimmung zwischen ihnen

Das Untersuchungsteam bestand aus ei­nem Trainer, drei den Versuchspersonen unbekanntenGesprächspartnern und vier Beobachtern. Der Trainer führte alle Trainingssitzungen selber durch. Um ein unvoreingenommenes Training bei allen Gruppen abzusichern, wurden für jede Sitzung Trainingskriterien festgelegt. Diese Kriterien basierten auf den präsen­tierten Trainingsmethoden(Diskussion, Modellernen, Rollenspiel und Rückmel­dung) und auf den zuvor festgelegten Zielen, die für die Fortsetzung des Trai­nings erreicht werden mußten. Die Ton­bänder von 10 der 16 Sitzungen wurden von zwei unabhängigen Beobachtern zur Feststellung ausgewertet, ob alle Trai­ningssitzungen gleich verliefen.

Drei Studenten waren die Gesprächspart­ner zur Erfassung der kommunikativen Kompetenz im Gespräch mit einer unbe­kannten Person. Die Studenten erhielten Instruktionen, wie sie sich im Gespräch mit den geistig behinderten Versuchsper­

Band XVIII, Heft 3, 1992

Soziale Trainingsprogramme bei geistig behinderten Erwachsenen

sonen zu verhalten hatten. Sie übten die­se Instruktionen auch in einem Gespräch mit einer den Versuchspersonen ver­gleichbaren geistig behinderten Person, die jedoch nicht an der Studie teilnahm. Diese Gespräche wurden mit Video auf­genommen und mit den Studenten be­sprochen.

Die Beobachter für beide Untersuchungs­phasen mit Videoaufnahmen(soziale Interaktion mit Peers und Gespräch mit einem unbekannten Partner) waren Psy­chologiestudenten. Sie erhielten schrift­liche Anweisungen über das Verfahren der Beobachtungen und Definitionen sowie Beispiele der zu beobachtenden Verhaltensweisen. Vier Videoaufnahmen aus Sitzungen mit vergleichbaren geistig Behinderten, die jedoch nicht an der Stu­die teilnahmen, wurden angefertigt. Die­se Beispiele zeigten soziale Interaktionen mit Peers und Gespräche mit einer unbe­kannten Person. Ein Videoband wurde für eine Diskussion und für eine Bespre­chung der zu bewertenden Verhaltens­weisen verwendet. Die verbleibenden Videobänder dienten zur Feststellung der Übereinstimmung der Bewertungen ver­schiedener Beobachter während des Trai­nings. Unter den Beobachtern mußte eine Übereinstimmung von mindestens 85% erreicht werden, bevor sie die Video­bänder der Versuchspersonen bewerten konnten.

Index für die Trainingskonsistenz

Dieser Index wurde errechnet, um fest­zustellen, ob das Training unter beiden experimentellen Bedingungen(Training der sozialen Kompetenzen, Training der sozialen Kompetenzen mit Videoauf­nahmen zur Selbsteinschätzung) den ver­schiedenen Gruppen konsistent präsen­tiert wurde. Der Index wurde durch den Vergleich der Beobachtungsaufzeich­nungen zweier unabhängiger Beobach­ter erstellt. Die zwei Beobachter beur­teilten 10 Trainingssitzungen aufgrund vorgegebener Kriterien. Die Daten die­ser Beobachter waren identisch; somit kann die Beurteilung der Trainingskon­sistenz mit 100% Übereinstimmung an­gegeben werden.

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