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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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R. P. Garries, L. Hazinski& J. Hollenweger+ Soziale Trainingsprogramme bei geistig behinderten Erwachsenen

Um eine Antwort darauf zu finden, wur­de die mittlere Anzahl der Versuche, die von den Versuchspersonen benötigt wur­de, um während der Trainingssitzungen die Kriterien zu erreichen, sowie IQ und Alter korreliert mit den Punktsummen­unterschieden zwischen Prätest und Post­test sowie zwischen Prätest und Follow­Up. Diese Korrelation erfolgte aufgrund der Daten der Interaktion mit einem un­bekannten Gesprächspartner.

Zur Korrelation mit Anzahl Versuchen, IQ und Alter wurde die Messung der In­teraktion mit einem unbekannten Ge­sprächspartner nach verbale und non­verbale Reaktionen getrennt verwendet. Die für die Analyse des verbalen Verhal­tens erhaltenen Korrelationen waren bei der Gruppe mit Training in sozialen Kom­petenzen(TSK) und bei der Gruppe mit Videoaufnahmen zur Selbsteinschätzung (TSK V-S) niedrig bis mittel. Bei der Kontrollgruppe ergab sich eine signi­fikante negative Korrelation von-.56(p <.05) zwischen Alter und der Verände­rung der Punktsumme beim Follow-Up. Die für die Analyse der nonverbalen Reaktionen berechneten Korrelationen ergaben eine signifikant negative Kor­relation mit dem IQ. Für die Gruppe TSK lag die Korrelation zwischen IQ und der Meßdifferenz Posttest-Prätest bei-.62(p <.05). Für die Kontrollgruppe lag die Korrelation für die Meßdifferenz Follow­Up Prätest bei-.71(p<.05). Es zeigte sich auch eine signifikante Korrelation von-.55(p<.05) zwischen Alter und der Veränderung der Meßwerte beim Posttest für die Kontrollgruppe. Die Korrelationen für die Veränderung der Meßwerte des Posttests und des Follow-Ups zum Prätest sind in der Tabelle 2 dargestellt.

Die Korrelationskoeffizienten zwischen den Veränderungen der Meßwerte be­züglich sozialer Interaktion mit Peers und der durchschnittlichen Anzahl Ver­suche zur Erreichung der gesetzten Trainingskriterien, dem IQ und dem Al­ter waren nicht signifikant.

Diskussion

Die Resultate dieser Untersuchung konn­ten die Hypothese, daß das Trainings­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

Tab. 2: Korrelationen zwischen Veränderungen derPunktsummeInteraktion mit einem unbekann­ten Gesprächspartner(getrennt verbales und nonverbales Verhalten) und der Anzahl Versuchen zur Erreichung der Trainingskriterien, dem IQ und dem Alter der Versuchspersonen.

Veränderungen der PunktsummeInteraktion mit einem unbekannten Gesprächspartner

Prätest Posttest

Variablen TSK TSK V-S Verbales Verhalten Anzahl Versuche-.13+.20 IQ-.28-.07 Alter+.15-.19 Nonverbales Verhalten Anzahl Versuche ‚08-.17 IQ 62°+.06 Alter+.05-.35

Prätest Follow-Up

K TSK TSK V-S K _+.05+.42_ 47-.21-.39-.33 -.35+.00-.08 56° -+.01+.22= -.46-.35-.22 JM 55°-.05-.34 32°

TSK= Training in sozialen Kompetenzen; TSK V-S= Training in sozialen Kompetenzen mit Videoaufnahmen

zur Selbsteinschätzung; K= Kontrollgrupe.* p<.05

programm im Bereich der sozialen Kom­petenz die Generalisation der Kommu­nikationsfähigkeit bei geistig Behinder­ten verbessere, nicht unterstützen. Die Resultate zeigten, daß die Unterstützung des Trainings mit Videoaufnahmen zur Selbsteinschätzung den Effekt nicht ver­bessern konnte. Allerdings eigneten sich alle Versuchspersonen die trainierten Aspekte sozialen Verhaltens an, indem sie die vorher festgelegten Kriterien in allen Trainingssitzungen für alle Meß­variablen erreichten. Sie waren aller­dingsnicht fähig, diese Verhaltensweisen zu generalisieren und sie im realen sozia­len Kontext anzuwenden.

Die Resultate dieser Untersuchung wa­ren konsistent mit anderen Untersuchun­gen, die versuchten, eine Generalisierung der Trainingsinhalte hin zu realen sozia­len Situationen zu erreichen. In Anbe­tracht von Stokes& Bears(1977) Annah­me, daß aktives Einüben tatsächlich eine Generalisierung des Verhaltens erleich­tert, waren die Ergebnisse dieser Unter­suchung überraschend, da große Anstren­gungen zur Erreichung einer Generali­sierung gemacht wurden. Diese Bemü­hungen beinhalteten zahlreiche, ab­wechslungsreiche soziale Situationen, das Ermuntern zu zahlreichen kommunika­tiven Interaktionen und eine flexible Trainingsform, die es den Versuchsperso­nen erlaubte, im Rollenspiel auf ihre in­terpersonellen Situationen Bezug zuneh­men. Die Prozedur, Versuchspersonen ihr eigenes Verhalten mittels Videoauf­

Band XVIII, Heft 3, 1992

nahmen einschätzen zu lassen, wurde als sehr wirksam für die Verbesserung von sozialen Trainings beschrieben(Matson 1979; Matson& Andrasik 1982; Matson & Zeiss 1978). Der Gebrauch der oben­genannten Trainingsstrategien, auch un­terstützt durch Video, war jedoch nicht genügend, um die Übertragung einer er­wünschten Verhaltensweise in reale Si­tuationen zu erreichen.

Die Studie versuchte, Personen mit un­terschiedlicher geistiger Behinderung(IQ zwischen 22 und 67) soziale Kompeten­zen zu vermitteln. Dies könnte zu einem Ausbleiben des positiven Trainingseffekts beigetragen haben. Allerdings erreich­ten alle Personen in beiden Trainingsbe­dingungen(TSK und TSK V-S) die vor­her festgelegten Kriterien in jeder Trai­ningssitzung. Zudem wurde nur ein sehr geringer Zusammenhang festgestellt zwi­schen den Veränderungen der Meßwerte und der Anzahl Versuche, die jeweils notwendig waren, um die Testkriterien zu erreichen. Ebenfalls wurden sehr nied­rige, teilweise sogar negative Korrela­tionen festgestellt zwischen IQ und der Veränderung der Meßwerte in Bezie­hung zu den absoluten Meßwerten. Die negative Korrelation, die sich in allen Testgruppen zwischen dem IQ und der Veränderung der Meßwerte(Interaktion mit einem unbekannten Gesprächspart­ner) gezeigt hat, könnten auf einen Übungseffekt hinweisen(Versuchsper­sonen mit einem tieferen IQ haben also bereits von einem einzigen Gespräch mit

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