Seit einigen Jahren ist eine Diskussion um die diagnostische Reinheit der zur Messung räumlicher Vorstellung eingesetzten Verfahren im Gange— vgl. z.B. Fay(1982a), der den Einsatz der in den Test für Medizinische Studiengänge integrierten Schlauchfiguren anrät. Dennoch wird der LPS-8 nach wie vor auf breiter Front als Diagnostikum der Fähigkeit zur Raumvorstellung eingesetzt. Nach Horn(1962) erfaßt er den Thurstoneschen Faktor S2, Raumvorstellung, er thematisiert die“visuelle Anschauungskraft” in Termini Guilfords und anderer faktorenanalytischer Untersuchungen zur Raumvorstellung(zusammengefaßt bei Rost, 1977)- und dieser Untertest besitzt gerade in unserem Zusammenhang eine engere inhaltliche Analogie zu MetallWerkstücken und technischen Zeichnungen mit ihren drei Ansichten, als es etwa bei den Schlauchfiguren der Fall ist. An einer Vergleichsuntersuchung zwischen den Schlauchfiguren und dem LPS 8 sowie hinsichtlich der diagnostischen Aussagekraft beider für die Fähigkeiten zur räumlichen Vorstellung und zum Zeichnungslesen wird allerdings im laufenden Modellversuch ebenfalls gearbeitet- dies auch eingedenk der Beiträge von Langfeldt(1975) zu Faktorenstruktur und Stichprobenabhängigkeit des LPS sowie von Putz-Osterloh und Lüer(1975) zur faktoriellen Interpretation des LPS 8. Zur vorliegenden Untersuchung: Die Auszubildenden schnitten in diesem Untertest 8 des LPS, auch gemessen an den Normwerten des Testmanuals, bemerkenswert gut ab— was den Klagen der Ausbilder über große Probleme beim Lesen technischer Zeichnungen zu widersprechen scheint. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß für dieses Zeichnungslesen nicht allein das räumliche Vorstellen eine Rolle spielt, sondern auch andere Faktoren wie das Lernen und Kennen bestimmter Symbole und Begriffe oder das Umrechnen von Werten und Maßen.
Testvarianten
Da zunächst geplant war, die Ergebnisse dieses Tests lediglich stichprobenintern
Roland Stein+
weiterzuverarbeiten, wurde der LPS-8
zugunsten einer möglichst geringen
Frustration der Auszubildenden mit drei
kleinen Variationen der Originalform
durchgeführt:
— Das DIN-A-4-Original wurde auf DINA-3 hochkopiert, da es in der Ursprungsversion schwer lesbar ist.
— Die Untertests links und rechts des UT 8 wurden‘wegkopiert’, um eine Irritierung der i.d.R. leicht ablenkbaren Probanden zu vermeiden.
— Nach den vom Testmanual vorgesehenen vier Minuten wurde dazu aufgefordert, unter der letzten bearbeiteten Aufgabe einen Strich zu ziehen. Danach durfte der Test beendet werden. Auch hiermit wollten wir die Frustration reduzieren und außerdem ein zweites Testergebnis gewinnen, bei dem die speed-Komponente weitestgehend aus der Aufgabe herausgenommen ist.
Untersuchungsdesign
Fraglich war nun angesichts dieser Variationen, inwiefern sie Einfluß auf das erwähnt gute Resultat der Stichprobe hatten. Die Testung wurde mit drei Kohorten jeweils zu Beginn der Ausbildung durchgeführt: Ausbildungsgruppen mit Start 1988, 1989 und 1990. Zur Zeit der dargestellten Überlegungen standen die Testreihen für den Jahrgang 1990 noch aus. Wir beschlossen daher für diese dritte Kohorte folgendes Untersuchungsdesign‘: — Durchführung beider Versionen des Tests, also der Originalversion(hier
Version“groß”
power
3 Der Autor möchte Frau Mordavsky-Brandt und Frau Nahde vom BBW Nordhessen herzlich für ihre Unterstützung danken.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1992
Zur Raumvorstellungs-Fähigkeit Lernbeeinträchtigter
der Einfachheit halber mit“klein”
bezeichnet) sowie unserer Variante
(“groß”), mit allen Probanden. Um
einen Übungseffekt möglichst gering
zu halten, wurde zwischen beide
Testungen ein Intervall von minde
stens vier Wochen geschoben.
— Aufteilung der Stichprobe in zwei
Bedingungen:
® Erstunsere Variante des Tests, dann die Originalversion.(Gruppe I)
* Erst die Originalversion, dann unsere Variante.(Gruppe II)
An dieser Stelle nochmals zu den beiden Testformen:
Originalversion: DIN-A-4; Originalblatt mit allen Untertest-Spalten; Zeitbeschränkung auf vier Minuten, dann Abgabe. (Variante“klein”) Modellversuchs-Version: DIN-A-3; alle anderen Aufgabengruppen abgedeckt; Strich nach vier Minuten, dann Weiterarbeit bis zum Ende.(Variante“groß”)
Leider war es nicht möglich, eine exakte Gleichverteilung der Auszubildenden auf die beiden oben dargestellten Bedingungen zu gewährleisten. Aufgrund des geringen N der Gruppe II wurden hier einige(12) Auszubildende des Jahrganges 1991 mit hinzugenommen, die unter genau identischen Bedingungen getestet wurden. Alle Auszubildenden wurden den Gruppen nach dem Zufallsprinzip zugewiesen.
Bei Betrachtung aller drei(vier) Kohorten und aller Testversionen ergibt sich folgendes Design(Graphik 1):
“Klein”
erst“groß”, dann“klein” erst“klein”, dann“groß”
163