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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Paul Heeg* Beziehung von akustischem und visuellem Kanal bei stark schwerhörigen Schülern

Verwendbarkeit

In der Praxis der Schule werden die Lerninhalte den Kindern überwiegend durch die Lautsprache vermittelt. Dieses Nadelöhr führt dazu, daß stark schwer­hörige Kinder meist viel weniger über ihre Welt wissen als ihre Altersgenossen. Auch bei persönlichen Problemen sind sie so stärker auf sich allein gestellt.

Ein erster Schritt kann eine besondere Schulstunde oder AG darstellen, in der die Kommunikationsweise Schwerhöri­ger Thema ist. Für mich wäre das Ziel

dabei Wertschätzung für jede Form der Kommunikation.

Im pädagogischen Bereich können passi­ve Kenntnisse das Verstehen von Schü­lermitteilungen erleichtern. Dabei müs­sen erwachsene Schwerhörige Vermitt­lerfunktionen übernehmen. Schwieriger ist eine aktive Verwendung. Lehrer und Betreuungspersonen passen ihre Sprech­weiseautomatisch der ihrer Schüler an. Sie erleben dies subjektiv als Fehler. Eine bewußte pädagogische Verwendung forderte einen Balanceakt: Einerseits scheint eine Weiterentwicklung derwild

erworbenen Sprache etwa im Bereich logischer Bezüge zwischen Sätzen bzw. Gedankengängen sinnvoll, andererseits kann so etwas nicht von außen gesche­hen, sonst besteht die Gefahr eines wei­teren künstlichen Systems, das nicht zur alltäglichen Befriedigung kommuni­kativer Bedürfnisse taugt. Ein Sprachun­terricht, der an die kommunikative Si­tuation Schwerhöriger anknüpft, muß auch die großen individuellen Unterschie­de der Schüler berücksichtigen.

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Anschrift des Verfassers:

Dr. Paul Heeg

Psychologisches Institut II, Westfälische Wilhelms-Universität Fliednerstraße 21

4400 Münster

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