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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Kognitive und metakognitive Aspekte in der Arbeit

mit lerngestörten Kindern Eine Fallstudie

Von Monika Brunsting-Müller

Ausgehend von einer Studie, in der die Effekte kognitiver und metakognitiver Elemente in der Arbeit mit 9-11­jährigen Legasthenikern untersucht wurde(Brunsting, 1989, 1991), wird im folgenden Artikel ein Einzelfall vorgestellt. Es handelt sich um einen 11-jährigen Jungen mit massiver Lernstörung mit wenig Anzeichen für kognitive Impulsivität. Die vorausgegangene Therapie umfaßte das Training von Lese- und Rechtschreib­Fertigkeiten, wie auch psychotherapeutische Elemente und führte nicht zum gewünschten Erfolg. Der Einbezug kognitiver und metakognitiver Elemente durch das Feu­erstein Instrumental Enrichment Programm(FIE) führte zu Verbesserungen sowohl in Problemlöseaufgaben, als auch im Bereich nahen und fernen Transfers. Gute Effek­te waren bei den verbalen und nonverbalen Fähigkeiten zu beobachten. Die qualitative Analyse der Steuerungs­und Überwachungsaktivitäten zeigte zahlreiche Auffällig­

This article is based on a study about the effects of cognitive and metacognitive elements in training children between 9 and 11 years of age. It presents the single case of a boy of 11 with learning disabilities showing only few signs of cognitive impulsivity. The preceding therapy consisted of training reading and writing skills as well as psychotherapeutic elements and was not successful. Using cognitive and metacognitive elements with the Feuerstein Instrumental Enrichment Programm(FIE) ended up with substantial improvements in problem-solving behavior as well as in near and far transfer, in a verbal as well as in a nonverbal context. The analysis of the executive processes showed several conspicuities in his cognitive and verbal behavior.

keiten in seinem kognitiven und verbalen Verhalten.

Einleitung: Lernstörung als kognitives und metakognitives Phänomen

Lernfähigkeit wird heute verstanden als eine komplexe Fähigkeit, die sich zu­sammensetzt aus kognitiven, emotiona­len, physiologischen und sozialen Fakto­ren. Dadurch entsteht ein komplexes und recht störungsanfälliges Bedingungsge­füge. Bei Dysfunktionen in einem oder mehreren Bereichen bzw. zwischen ver­schiedenen Bereichen können Lernstö­rungen entstehen(Betz& Breuninger 1987; Sander 1981).

Der metakognitive Ansatz geht von der Hypothese aus, viele lerngestörte Kinder verfügten über inefffiziente kognitive Strategien(ein kognitives Problem), während andere schlecht über ihre an sich vorhandenen Strategien verfügen

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(ein metakognitives Problem). Darum wird versucht, Wissen über Lern- und Problemlösestrategien und deren Einsatz oder Nicht-Einsatz zu erlangen(Bor­kowski, Johnston& Reid 1987; Brown 1984; Flavell 1984; Paris& Oka 1986; Weinert 1984).

Wie verschiedene Arbeiten zeigen, ist es möglich, mittels Verhaltensmodifikation das kognitive Verhalten zu verändern und damit auch Leistungsverbesserun­gen herbeizuführen(Büchel 1983; Culp & Wagner 1983; Garten& Lauth 1980; Lauth& Garten 1980; Masendorf 1983; Klauer 1988). Eine Kombination von Modellernen und offener Selbstverba­lisation erweist sich dabei als sehr nütz­lich(Meichenbaum 1979), die direkte Vermittlung von Problemlösestrategien als sinnvoll(McKinney& Haskins 1990). Die Diskussion um den Einsatz allge­

meiner oder spezifischer Strategien ist noch im Gang(Campione 1984). Mit beiden Arten von Strategien sind Lei­stungsverbesserungen erzielbar.

Interventionen zur kognitiven Verhal­tensmodifikation weisen in der Regel recht gute Trainingseffekte und auch ei­nen guten nahen Transfer auf(Brown 1978; Scheerer-Neumann 1979). Hin­gegen sind Erhaltungseffekte ebenso wie entfernter Transfer nicht immer in zu­friedenstellendem Ausmaß zu erreichen. Um diese zu erhöhen, werden spezielle Maßnahmen empfohlen. Einige Autoren plädieren für ein eigentliches Generali­sationstraining(Brown 1978; Campione 1984; Feuerstein 1980), andere für gute Informationen über die Möglichkeiten des Lernens(Palincsar 1986,the well informed learner). All diese metakog­nitiven Ansätze zielen auf eine Verbes­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1992