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Monika Brunsting-Müller* Kognitive und metakognitive Aspekte in der Arbeit mit lerngestörten Kindern
serung des Effektes kognitiven Trainings. Verschiedene Studien zeigen recht gute Trainings-, Erhaltungs- und Transfereffekte beim Einsatz von kognitivem und metakognitivem Training bei jugendlichen Schulversagern(z.B. Brain 1981; Feuerstein, Rand und Tannenbaum 1979a und b; Graham, 1981; Rand, Mintzker, Miller, Hoffmann& Friedlender 1981). Wenig ist allerdings bis jetzt zu erfahren über den Erfolg eines solchen Zugangs bei jüngeren Kindern. Die hier referierte Studie versucht, Informationen zu gewinnen über ein solches Training mit jüngeren Schulkindern.
Fragestellung
Die zentrale Frage unserer Untersuchung war, ob sich das kognitive Verhalten jüngerer Schulversager durch ein kognitives und metakognitives Training beeinflussen läßt. Insbesondere interessierten die folgenden Fragen:
Frage 1: Trainings-, Erhaltungs- und Transfereffekt(naher Transfer)
Läßt sich das kognitive Verhalten durch ein solches Training optimieren? Sind solche Veränderungen dauerhaft und lassen sie sich übertragen auf neue Situationen?
Frage 2: Entfernter Transfer:
Welchen Effekt hat dieses metakognitive Training in verschiedenen psychodiagnostisch erfaßten Dimensionen? Sind dadurch Veränderungen in schulischen Bereichen möglich(z.B. Lesen, Rechtschreiben)?
Frage 3: Metakognitives Wissen:
Wie sehen die Steuerungs- und Überwachungsaktivitäten des Kindes aus? Über welches metakognitive Wissen verfügt es?(qualitative Merkmale des kognitiven und metakognitiven Verhaltens; s. Teil 2)
Versuchsplan und-durchführung
Versuchsperson
Ausgewählt wurde der in der Folge dargestellte Fall aus einer größeren Anzahl
von Kinder mit persistierenden Lernschwierigkeiten im Rechtschreiben und/ oder Lesen, bei denen in der psychodiagnostischen Untersuchung(Hamburger Neurotizismus- und Extraversionsskala, Zulliger-Tafeln-Test, Anamnese, Gespräche mit den Bezugspersonen) keine Hinweise auf primär emotional bedingte Lernschwierigkeiten zu finden waren.
Versuchsdurchführung
Das Training erstreckte sich über drei
Monate und umfaßte Einzelarbeit im
Umfang von 1-2 Wochenstunden. Ein
gesetzt wurde ein kognitives und meta
kognitives Training anhand von Materialien aus dem Feuerstein Instrumental
Enrichment(FIE, Feuerstein, 1980),
welches sich als sehr geeignet für diese
Vorhaben erwies. Es wurden Aufgaben
aus den Trainingseinheiten Analytische
Wahrnehmung(AW: S. 21-31 und 34,
Beispiel s. Abb. 1— hier S. 176), Räum
liche Orientierung(RO: S. 3-5, 7-9, 14—
16) und Organisation der Punkte(OP:S.
7-9, 13, b-5 und 6) verwendet.
Das Kind arbeitete an verschiedenen
Problemlöseaufgaben und wandte dabei
das Laute Denken an. Dabei wurden die
folgenden 4 Punkte explizit trainiert:
1. Problemfindung und-beschreibung: Das Kind wurde angeleitet, die Aufgabenstellung selbständig zu finden und sie zu verbalisieren. Die konkrete Ausgangsfrage lautete jeweils:“Was ist meine Aufgabe?”
2. Planung der Handlung: Durchdas Training sollte gelernt werden, erst zu planen und dann zu handeln.
3. Handlungsüberwachung und Kontrolle: Es sollte lernen, laufende Aktivitäten zu überwachen und Lösungen zu kontrollieren(Kontrolle exekutiver Prozesse).
4. Generalisationstraining: Der Verbesserung des Transfers sollte ein Generalisationstraining dienen.
Das Training wurde vollständig auf Vi
deoband aufgezeichnet und die einzel
nen Sequenzen mit Hilfe verschiedener
Meßinstrumente analysiert.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1992
Meßinstrumente
Systematische Verhaltensbeobachtung wurde eingesetzut zur Erhebung der Trainings-, Erhaltungs- und Transfereffekte (Naher Transfer). Sie sollte helfen, Frage 1 zu beantworten und wird in Teil 1 dargestellt. Die Beobachtungskategorien wurden theoriegeleitet entwickelt(Brown 1984; Campione 1984), wobei folgende Beobachtungskategorien sich als empirisch relevant herauskristallisierten: Aktive Informationssuche: Das Kind sucht aktiv Informationen, um zur Definition des Problems zu gelangen. Präzisierung des Wahrgenommenen: Es präzisiert seine Äußerungen, ergänzt oder berichtigt sie, usw.
Impulsives Verhalten: Das Kind beginnt mit der Lösung einer Aufgabe, ehe es das Problem definiert hat. Problemdefinition: Das Kind verbalisiert eine ausreichend präzise Problemdefinition.
Erfaßt wurden die Emissionsfrequenz und -dauer der einzelnen Variablen sowie deren Anteil.
Psychodiagnostische Verfahren dientender Erhebung des entfernten Transfers. Angewandt wurden verschiedene psyCchodiagnostische Verfahren, um durch multimethodale Diagnostik(Seidenstükker& Baumann 1978) möglichst zuverlässige Daten zu erhalten. Es gibt Hinweise darauf, daß mit Lautem Denken Verbesserungen festzustellen sind bei Intelligenzaufgaben(Franzen& Merz 1976). Mit unserem kognitiven und metakognitiven Training, in dem es spezifisch darum ging, Probleme zu definieren und Selbststeuerung auszuüben, sind ebenfalls Veränderungen im kognitiven Verhalten zu erwarten, die sich auch in Intelligenzaufgaben zeigen sollten. Also wurden solche Daten beigezogen(HAWIK, Leistungsprüfungssystem(LPS) von Horn, Raven(CPM). Dabei wurden verbale von nonverbalen Aufgaben unterschieden und getrennt dargestellt(s. Tab. 1— hier S. 177), weil die Annahme war, nonverbale Aufgaben würden vom primär nonverbalen Trainingsmaterial stärker beeinflußt.
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