von Krauth(1983, S. 6—8), so stellt man fest, daß die Anforderungen an die Forschungsplanung und Praxis hoch(vielleicht zu hoch?) sind. Die von ihm, in Anlehnung an den berühmten Artikel von Campbell& Stanley in den sechziger Jahren(deutsche Bearbeitung, Schwarz 1970), aufgestellte Liste der möglichen Fehlerquellen ist beachtlich. Der grundlegende und nicht behebbare Mangel liegt darin, daß die Teilnehmer(Schüler, Eltern und Lehrer) eines zu evaluierenden Schulversuchs den einzelnen Maßnahmen nicht zufällig zugeordnet werden können— es sei denn, man würde sie zwingen. Ein Gedanke,‚der sich in demokratischen Gesellschaften verbietet. Inzwischen ist die Diskussion über Strategien der Evaluationsforschung fortgeschritten(z.B. Cronbach 1982) und vollständige experimentelle Pläne werden nicht mehr als unumgänglich betrachtet.
Eine Chance, Artefakte von Befunden zu trennen, liegt beispielsweise in der Meta-Analyse möglichst vieler unabhängiger Einzeluntersuchungen zur selben Fragestellung.
Dazu ein Beispiel: Als eine Fehlerquelle führt Krauth(1983, S. 9) die Voreingenommenheit der Untersucher an und meint, es wäre„vermutlich gut, die Auswertung Methodikern zu überlassen, die nicht an der Studie beteiligt sind und die z.B. nicht erfahren(Hervorh. im Orig.), welche Daten zu welcher Schulform gehören.‘ In einer statistischen Meta-Analyse von fünfzig amerikanischen Einzeluntersuchungen zur gemeinsamen Unterrichtung behinderter und nicht-behinderter Kinder von Carlberg& Kavale (1980) zeigte sich jedoch, daß die Ergeb
Literatur
Carlberg, C.& Kavale, K.(1980). The Efficacy of Special versus Regular Class Placement for Exceptional Child: A Meta-Analysis, The Journal of Special Education, 14, 295—309.
Cronbach, L.J.(1982). Designing Evaluations of Educational and Social Programs. San Francisco: Jossey-Bass.
Eberwein, H.(1984). Zum Stand der Integrationsentwicklung und -forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Zeitschrift für
Heilpädagogik. 35, 677-691.
Eberwein, H.(1990). Zur Bedeutung qualitativ-ethnographischer Me
Anschrift des Autors: Prof, Dr. Hans-Peter Langfeldt
nisse durch Voreingenommenheit bzw. Unvoreingenommenheit(‚„„blindedness‘“) der Untersucher nicht beeinflußt wurden. Die Möglichkeit eines Fehlers bedeutet eben noch lange nicht, daß er auch auftritt.
Unter dem Gesichtspunkt der Fehleridentifikation durch die Analyse mehrerer unabhängiger Einzeluntersuchungen liegt ein wesentlicher Mangel der aktuellen Evaluationsforschung im Zusammenhang integrativer Erziehung darin, daß im wesentlichen stets Ergebnisse aus denselben wenigen Modellversuchen berichtet und diskutiert werden. Forschungsstrategische Schwächen der einzelnen Projekte, die in unabänderlichen Rahmenbedingungen begründet sind, lassen sich durch noch so viele Forschung innerhalb eines Projektes nicht beheben, Es ist also nicht, wie zuweilen bereits zu hören, genug geforscht worden, sondern nach wie vor zu wenig.
Es muß allerdings an der Forderung festgehalten werden, daß die jeweils bestmögliche(valideste) Forschungsstrategie verwirklicht werden sollte. Eine Mühe, die sich lohnt. In der bereits erwähnten Meta-Analyse zeigte sich als Nebenergebnis: Die Vorteile gemeinsamer Unterrichtung Behinderter und Nicht-Behinderter traten um so deutlicher zutage, je valider die einzelne Untersuchung war. Im übrigen lautete die allgemeine Schlußfolgerung der Autoren:„Die Befunde sprechen nicht für eine Sonderbeschulung von Kindern mit niedrigem IQ (Lernbehinderte und Geistigbehinderte, ‚slow learning child‘, ‚educable mentally retarded child‘). In bezug auf den positi
ven Zuwachs bei Schulleistungs- und Sozialvariablen ist bei lerngestörten (‚learning disabled child‘) und bei verhaltensgestörten(‚behavioral disordered or emotionally disturbed children‘) Kindern eine gewisse Berechtigung für eine Sonderbeschulung festzustellen“(Carlberg& Kavale 1980, p. 304, Übers. v. Verf.). Wie immer man auch zu dieser Schlußfolgerung stehen mag, sie ist eine deutliche Aufforderung, das Problemfeld integrativer Erziehung differenziert zu sehen und zu erforschen.
Dieses Themenheft mit seiner nur begrenzten Anzahl von Beiträgen kann für die Forschung über integrative Erziehung nicht repräsentativ sein. Bezogen auf die möglichen Forschungsfragen, Inhalte und Strategien ist es nur fragmentarisch.
Indem es jedoch
— unterschiedliche Inhalte anspricht,
— unterschiedliche Vorgehensweisen demonstriert,
— Berichte aus unterschiedlichen Stadien des Forschungsprozesses(Einzelfallstudie, Einzeluntersuchung und summarische, bewertende Überblicke) enthält und
— unterschiedliche Perspektiven der Autorinnen und Autoren(als Mediziner, Pädagogen, Psychologen und Soziologen) sichtbar macht,
spiegelt es doch die(notwendige) Differenzierheit und Heterogenität der Evaluationsforschung wider. Dies gibt mir, als Gastherausgeber, Anlaß zur Hoffnung, das Themenheft„Integration“ möge, trotz seines fragmentarischen Charakters, dem Leser Gewinn bringen.
thoden für die integrationspädagogische Forschung. In: H. Eber
wein(Hrsg.). Behinderte und Nichtbehinderte lernen gemeinsam. Weinheim: Beltz, 2. Aufl., 291—298.
Krauth, J.(1983). Methodische Probleme in der pädagogischen Evaluationsforschung. Zeitschrift für Empirische Pädagogik, 7, 1-21.
Schwarz, E.(1970). Experimentelle und quasi-experimentelle Anord
445—632.
z.Zt. Psychologisches Institut der Universität Bonn
Römerstr. 164 D-5300 Bonn 1
nungen in der Unterrichtsforschung. In K. Ingenkamp(Hrsg.). Handbuch der Unterrichtsforschung, Teil I, Weinheim: Beltz,
Wittmann, W.W.(1985). Evaluationsforschung. Berlin: Springer.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1991
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