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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Lothar Tentetal.+

Ist die Schule für Lernbehinderte überholt?

tätigkeit der Mütter und signifikanten Vorteil bei den Regelschülern. Eine ausführliche Darstellung der weiteren Kontrollvariablen findet sich bei Witt (1988) und Zschoche(1988). Aufgrund dieser Resultate ist davon auszugehen, daß die vier Gruppen soziobiographisch äquivalent zusammengesetzt sind. Deut­liche Unterschiede zeigen sich jedoch in den aktuellen Hauptfachnoten(Deutsch mündlich, Deutsch schriftlich, Sachkun­de und Mathematik) zugunsten der Schü­ler der SfL, die in allen Fächern besser benotet werden. Dagegen erzielen die Regelschüler durchschnittlich etwas hö­here Intelligenzwerte(2 Untertests des CFT 20). Um diese Einflüsse auf die ab­hängigen Variablen zu prüfen, werden für alle Fragestellungen einheitlich die fä­higkeitsspezifischen Noten in Deutsch (schriftlich und mündlich) und Mathe­matik zum Kontrollfaktor DM-NOTE so­wie die Ergebnisse in den beiden CFT­Untertests zum Summenwert CFT-GES zusammengefaßt.

Parallelisierte Stichprobe II. Die beiden Schülergruppen unterscheiden sich im Durchschnitt weder nach Alter und Ge­schlecht, noch in der Anzahl der Schul­besuchsjahre, der Dauer des SfL-Be­suchs, der aktuell besuchten Klassen­stufe, der sozialen Schicht oder der Ar­beitslosigkeit der Väter signifikant von­einander. Während der Unterschied im Ergebnis der beiden CFT-Untertests (CFT-GES) nicht mehr bedeutsam ist, ergeben sich bei den aktuellen Haupt­fachnoten wiederum sehr signifikante Vorteile für die Schüler der SfL, so daß der Einfluß von DM-NOTE weiter kon­trolliert werden muß.

Die Parallelisierung der Stichproben­kennwerte erstreckt sich ferner auf die Grundschulnoten vor dem Zeitpunkt der unterschiedlichen Beschulung(Wilcoxon­Test; n.s.). Auch bei den Kontrollvariab­len traten keine zusätzlichen Gruppen­unterschiede auf,

Paarweise parallelisierte Stichprobe IN. Die strengen Parallelisierungsbedingun­gen waren für maximal 18 Schülerpaare zu erfüllen. Die beiden Gruppen unter­scheiden sich weder nach Alter, Ge­

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schlecht und Sozialschicht noch nach Schulbesuchsjahren und Intelligenz oder Grundschulnoten, so daß von vollständi­ger Parallelisierung zu sprechen ist. Die deutlichen Notenunterschiede zugunsten der SfL-Schüler bleiben erhalten(DM­NOTE), d.h. ihr Einfluß ist auch hier zu kontrollieren.

Untersuchungsinstrumente

(1) Schulleistungsbereich. Die aktuellen Hauptfachnoten sowie die Zensuren aus früheren Zeugnissen wurden den Schul­akten entnommen. Mit demAllgemei­nen Schulleistungstest für 3. Klassen (AST 3) von Fippinger(1971) wurde die objektive Leistung imZahlenrech­nen(AST3-ZR), in denTextaufga­ben(AST3-TA) und imLeseverständ­nis(AST3-LV) erfaßt. Das Verfahren genügt den gängigen Testgütekriterien; da der UntertestRechtschreiben je­doch eher die Wiedererkennensleistung als die Rechtschreibfähigkeit prüft, wur­de dafür derMarburger Rechtschreib­test für 2. und 3. Klassen(MRT 23) von Rathenow(1989) vorgegeben: Hier müssen die Kinder 26kritische Wörter aus dem Grundwortschatz für 1. und 2. Klassen in Satzlücken eintragen. Nach Auskunft des Autors beträgt die Halbie­rungs-Reliabilität bei 3. Grundschulklas­sen 14= 91.

(2) Emotionaler Bereich. Mit dem Angstfragebogen für Schüler AFS (Wieczerkowski, Nickel, Janowski, Fitt­kau& Rauer, 1974) wurden Maße fürPrüfungsangst(AFS-PA), ‚Mani­feste Angst(AFS-MA),Schulunlust (AFS-SU) undsoziale Erwünschtheit (AFS-SE) erhoben. DerFragebogen zum Selbstkonzept für 4. bis 6. Klas­sen(FSK 46) von Wagner(1977) erfaßt die MerkmaleSelbstwertgefühl (FSK-SWG),Kontaktbedürfnis(FSK­KB),Betragen gegen andere(FSK­BGA),Einschätzung eigener Fähigkei­ten(FSK-EEF),Selbsteinschätzung des Äußeren(FSK-SDÄ) sowieBe­liebtheit und Einfluß(FSK-BUE). Um die Schüler nicht zu überfordern, wurde

die Antwortskala von sechs auf vier Stu­fen reduziert. Die Testgüte beider Ver­fahren ist befriedigend.

(3) Arbeits- uns Sozialverhalten. Den Klassenlehrern wurde einFragebogen zum Arbeits- und Sozialverhalten von Schülern vorgelegt, mit dem konkretes Verhalten möglichst ohne Bezugsgrup­peneffekte erfaßt werden sollte. Dazu wurden die SkalenLern- und Arbeits­verhalten(ARBVERH), ‚‚Persönlich­keitsmerkmale(PERSONL),Interes­sen und Fähigkeiten sowie,Beson­dere Auffälligkeiten aus demLehrer­fragebogen zur Schülerbeurteilung LSB von Zinn, Kuhnert und Dehmelt(1976) übernommen. Die Fragen zum Bereich Emotionale Widerstände(‚Schul-, prü­fungsängstliches Verhalten[SANGST], Schulverdrossenes, apathisches Verhal­ten[UNLUST] undAggressives Ver­halten[AGGRESS] sowie zumSozial­verhalten(Soziales Selbstbehauptungs­verhalten[SOZSELB],Sozial verant­wortungsvolles und hilfsbereites Verhal­ten[HILFVERH],Sozial sensibles und kommunikatives Verhalten[SENSIB], Kooperatives Verhalten[KOOP] und Tolerantes, konstruktives Konfliktlö­sungsverhalten[KONFLIKT]) ent­stammten denBeurteilungshilfen für Lehrer BfL von Janowski, Fittkau und Rauer(1980). Drei neu formulierte Items sollten zusätzlich Auskunft über die Einstellung der Lehrer zu leistungs­schwachen Kindern in ihrer Klasse er­bringen. Außer beiInteressen und Fä­higkeiten sowieBesondere Auffällig­keiten wurden die Beurteilungen hier in Form eines vierstufigen semantischen Differentials erfaßt, um eine ausrei­chend große Varianz zu ermöglichen und Antworten im neutralen Mittelbereich zu umgehen. Anstelle des fehleranfälligen Antwortmodus der BfL wurden ein vierstufiges Rating(stimmt nicht bis stimmt sehr) sowie die Antwortmög­lichkeitkann ich nicht beurteilen eingeführt, die erzwungene Ankreuzun­gen vermeidet, allerdings Auswertungs­probleme nach sich zieht. Für beide Originalverfahren liegen keine Testgüte­angaben vor.

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1991