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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Der unmittelbare Handlungsdruck die­ses Teilprojekts ist deshalb eher gering; hingegen hat es eine wesentliche ideolo­giekritische Funktion in der Verhinde­rung einer Verwischung des Widerspruchs zwischen möglicherweise ungebrochen realitätsstiftender Leistungsideologie auch in Integrationsklassen und pädago­gischen Wunschvorstellungen. Neben derartigen empirischen Teilprojekten führen wir im Rahmen unserer Integra­tionsforschungen notwendigerweise pra­xisorientierte Teilobjekte in einzelnen Schulen durch, welche bewußt in der Nähe des einzelfallbezogenen, prakti­schen Handelns sind(vgl. Haeberlin, Bur­gener& Hess 1990). Mit dieser Auftei­lung in deutlich voneinander unterschie­dene Teilprojekte grenzen wir uns von der sogenanntenHandlungsforschung ab, welche die wissenschaftsmethodolo­gische Regel mißachtet, daß,... Gleich­zeitigkeit von empirisch-analytischer For­schung und Handlungsforschung im Forschungsfeld auszuschließen... ist (Haeberlin 1975, 673).

Hypothesen

Die wichtigsten Hypothesen, welche be­reits bei der Darstellung des theoreti­schen Rahmens zur Interpretation des Ist-Zustandes angedeutet sind, lauten:

In leistungsheterogenen Klassen(Re­gelklassen mit oder ohne Heilpädago­gische Schülerhilfe) haben schullei­stungsschwache Schüler einen ungün­stigeren soziometrischen Status als nichtschulleistungsschwache Schüler.

Die Selbsteinschätzung der Beziehun­gen zu den Mitschülern(soziale Inte­gration in die Schulklasse) deckt sich tendenziell mit der soziometrischen Stellung von schulleistungsschwachen Schülern.

Schulleistungsschwache Schüler ha­ben in leistungshomogenen Sonder­klassen für Lernbehinderte(Hilfsklas­sen) eine höhere Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten(leistungsmo­tivationale Integration in die Schul­klasse) als vergleichbare Schüler in leistungsheterogenen Regelklassen.

Schulleistungsschwache Schüler ha­ben in leistungshomogenen Sonder­klassen(Hilfsklassen) eine bessere Selbsteinschätzung des subjektiven Befindens in der Schule(emotionale Integration in die Schulklasse) als vergleichbare Schüler in leistungshe­terogenen Regelklassen mit oder ohne Heilpädagogische Schülerhilfe.

Schulleistungsschwache Schüler in lei­stungsheterogenen Regelklassen erzie­len von einem Zeitpunkt t1 bis zu ei­nem Zeitpunkt t2 eine stärkere Ver­besserung der Ergebnisse in Schullei­stungstests als vergleichbare schullei­stungsschwache Schüler in leistungs­homogenen Hilfsklassen.

Forschungsmethodik Meßinstrumente

Es wurden folgende Meßinstrumente ver­wendet:

Ein soziometrisches Untersuchungsver­fahren: In Anlehnung an die soziometri­sche Methode von Krüger(1976) ent­wickelte Bless(1985) ein Verfahren zur Berechnung eines Integrationsmaßes, welches die Ergebnisse über die Spezifi­tät der einzelnen Schulklasse hinaus ver­gleichbar macht.

Der Fragebogen zur Erfassung von Di­mensionen der Integration von Schülern FDI 46: Dieses von uns konstruierte Instrument(Haeberlin, Moser, Bless& Klaghofer 1989) dient der Erhebung von drei Selbsteinschätzungsbereichen: Beziehungen zu den Mitschülern (soziale Integration) Befinden in der Schule (emotionale Integration) eigene Fähigkeiten, Begabungskonzept (leistungsmotivationale Integration).

Schulleistungstests: Die zwei Mathema­tik-Tests wurden von uns neu konstru­iert, die vier Sprachtests aus vorliegen­den Tests übernommen. Die sechs Schul­leistungstests wurden einer Faktoren­analyse unterzogen. Es konnte eine ein­faktorielle Lösung gefunden werden. Der Faktor läßt sich alsallgemeine Schul­leistung bezeichnen. Er erklärt knapp

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1991

60% der Datenvarianz und besitzt aus­reichend hohe Ladungen von.85 bis.56 in den verwendeten Schulleistungstests.

Intelligenztest: Er hatte vorwiegend Kon­trollfunktion. Deshalb beschränkten wir uns auf den CFT 20.

Stichprobe

Die operationale Definition des schul­leistungsschwachen Schülers(SLS) hat foigende Form:

1. Er liegt im Leistungsgesamtwert zum ersten Meßzeitpunkt im letzten Sechstel einer ausgewogenen Stichprobe.

(Dieausgewogene Stichprobe wurde aus sämtlichen Regelklassen mit Heilpäd­agogischer Schülerhilfe gebildet, weil nur in diesen Klassen SLS repräsentativ zu ihrem Jahrgang vertreten sind. In den Regelklassen wären die SLS untervertre­ten, in den Hilfsklassen übervertreten.) 2. Er hat einen IQ zwischen 70 und 100. Nach Ausscheiden der Schüler mit nicht­deutscher Muttersprache, mit abweichen­dem Alter, mit einem IQ unter 70 und mit weiteren von unserer Definition ab­weichenden Eigenschaften blieb für die Auswertung eine Stichprobe von 1260 Schülern.

Untersuchungsplan

Die Überprüfung der Hypothesen wurde mittels vierfacher oder dreifacher Vari­anzanalyse vorgenommen, wobei Schul­modell, Schulklasse, Schulleistungs­schwäche und Zeit die unabhängigen Variablen bilden; die abhängigen Va­riablen sind die Werte der Schullei­stungstests, die Werte des Fragebogens zur Erfassung von Dimensionen der Integration und die soziometrischen Integrationsmaße.

Erläuterung der statistischen Hypothesenprüfung am Beispiel der Mathematikleistung

Die verwendeten statistischen Methoden

zur Hypothesenprüfung werden am Bei­spiel der Mathematikleistungen erläu­

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