Hans Grissemann- Die schulische Integration in der Schweiz
Vergleich und Synthese der Untersuchungsergebnisse In der folgenden Tabelle sind die Hauptergebnisse der beiden Untersuchungen nebeneinander angeordnet. Darunter finden sich die aufdrängenden Vorschläge zu weiteren Abklärungen,
Freiburger Untersuchung(Abb. 1) Zürcher Untersuchung(Abb. 2)
. Leistungsvergleich Integration/Separation. Organisationssoziologischer und schulsystematischer Vergleich a) Integrierte, schulschwache Schüler haben insgesamt einen bes- bei Klassen und Schülern mit besseren oder schlechteren seren Lernerfolg als separate Sonderklassenschüler— deut- Integrationserfolgen licher im mathematischen, weniger deutlich im sprachlichen Integrationsfördernde Bedingungen: Lernbereich, bleiben aber deutlich hinter den Regelklassen- Konsens der Beteiligten schülern zurück, Transparenz der Zielsetzungen, der Entwicklungen, der ProIntegrierte, schulschwache Schüler, welche durch die Heil- bleme pädagogische Schülerhilfe gestützt wurden, haben keinen Problembearbeitung im Team aller Beteiligten besseren Lernerfolg als die„still integrierten‘ Schüler. Hoher Anteil des Unterrichtes in Regelklassen „Nicht schulleistungsschwache‘ Sonderklassenschüler wer- Individualisierung und Differenzierung des Regelklassenunden während des Untersuchungszeitraumes von den inte- terrichts grierten schulleistungsschwachen Schülern überflügelt. Einbezug der Eltern auf Informationsstufe
. Soziale Integration und Selbstbild. Veränderungen bei den integrierten schulschwachen Schülern a) Integrierte schulschwache Schüler bleiben unbeliebt. im Untersuchungszeitraum b) Integrierte schulschwache Schüler sind sich ihrer Unbeliebt- a) ungünstige Nettoveränderungen mit einem Überschuß von heit bewußt, Absteigern in der Gruppe mit deutlich abweichenden Merkc) Integrierte schulschwache Schüler schätzen ihre Fähigkeiten malen gegenüber den Aufsteigern in die Gruppe der Unaufrealistischer ein als Sonderklassenschüler, fälligen mit mindestens 5% in den Bereichen: d) Auch die Heilpädagogische Schülerhilfe konnte nicht zur— soziale Integration Überwindung der Unbeliebheit beitragen.— soziale Isolation — erlebte Hilfsbereitschaft von Mitschülern — sprachliche Leistungen(an der 5%-Grenze) günstige Nettoveränderungen, analoger Aufsteigerüberschuß in einem Ausmaß von mindestens 5% in den Bereichen: — Kontaktbereitschaft in der Seilbstbeurteilung soziale Hilfsbereitschaft in der Darstellung der Mitschüler eigene Fähigkeitseinschätzung Wahrnehmung der didaktischen Bemühungen und der emotionalen Zuwendung der Regelklassenlehrer c) Veränderungen in den Mittelwertvergleichen: — deutliche Stagnation der Leistungsentwicklung in Rechnen und Sprache, Zurückbleiben unter Prozentrang 16 — erstaunlicher Anstieg der Intelligenztestleistungen mit einem Durchschnittswert von 9 IQ-Punkten d) Besonderer Problembereich. — CGravierendes Zurückbleiben in der Rechtschreibung: im 6. Schuljahr liegen die Leistungen unter den Mittelwerten für Drittkläßler
. Erfahrungsqualität der Heilpädagogischen Schülerhilfe Bei den integrierten schulschwachen Schülern wurde festgestellt: a) eine Wertschätzung des Förderunterrichts b) die Wahrnehmung individueller Betreuung und der besonderen Motivationsmaßnahmen,
Empirisch begründet und sich aufdrängende Vorschläge zu weiteren Forschungen zu pädagogischen und systemischen Maßnahmen
1.a) 1.b)
Aufklärung der Bedingungen der mäßigen Erfolge der Heilpädagogi- Inhaltliche Ausweitung des Kooperationskonzepts, vermehrte Animaschen Schülerhilfe(Bedingungsanalyse nach Zürcher Muster). tion themenzentrierter Interaktionen mit Eingabe neuer sonderpädagoErste Hypothesen der Arbeitsgruppe liegen vor, gischer Methoden, Modelle, Materialien, Die eher enttäuschenden Lei
stungsveränderungen müßten kritisch in Beziehung gesetzt werden zum bedeutsamen Anstieg der Intelligenztestwerte.
Revidierte Integrationsansätze sollten verglichen werden mit innovativen Sonderklassen.
Integrationsversuche sollten auf das erste bis vierte Schuljahr ausgedehnt werden,
Es braucht kommunikationsorientierte Untersuchungen im Hinblick auf nachschulische soziale Integration.
Lebenshilfe für psychosozial belastete Schüler sollte in die Integrationsversuche und in innovative Sonderklassen integriert werden. Interventionen zur Überwindung der sozialen Stigmatisierung schulschwacher Schüler sollten evaluiert werden,
DADWN
48 HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1991