|
Buchbesprechungen
Bäuerle, Siegfried(Hrsg.): Kriminalität bei Schülern. Bd. 2: Der Umgang mit Schülerkriminalität in der Praxis, Stuttgart: Verlag für Angewandte Psychologie. 1989, 236 S., ISBN 3-87844-013-8, 38,— DM
In den 14 Beiträgen von Band 2 wird gezeigt, wie delinquenten und kriminellen Schülern vor allem mit Hilfe delinquenzpräventiver Maßnahmen, die auf wissenschaftlichen Analysen und erprobten Konzepten basieren, in ihren schwierigen Situationen geholfen werden kann, Ausführlicher eingegangen wire vor allem auf(1) erzieherische, curriculare und methodisch-didaktische Interventionen von seiten des Lehrers (u.a. Vermittlung von Werte- und Normenorientierungen, Ausbildung sozialer Handlungsfähigkeiten, Darbieten rechtskundlicher Themenbereiche, Anwendung interaktionistischer Unterrichtsverfahren, z.B. das Spiel als kriminalpräventive Maßnahme)[Dr. Bäuerle et al., Dr, Grunder, Prof, Dr. Memmert, Prof. Dr, Spanhel, Prof, Dr. Unterweger];(2) jugendrechtliche und-strafrechtliche Reaktionsmöglichkeiten auf Straftaten (u.a. Öffentliche Hilfen in besonderen Problemlagen, Maßnahmen öffentlicher Erziehung, Einsatz verschiedener Diversionsprogramme)[Prof, Dr. Heinz, Prof, Dr. Kirchhoff];(3) sozialpädagogische, therapeutische, bildungs- und gesellschaftspolitische Handlungsmöglichkeiten(u.a. Förderung der Erziehungskraft in Familie und Schule, gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der Jugend, Ausbau der Jugendsozialarbeit)[Prof. Dr. Dienst, Prof. Dr. Fippinger, Dr. Niemann, Minister Schäfer, Prof, Dr. Tusch] und(4) Resozialisierungsbemühungen [Prof. Dr. Prim]. In einem gesonderten Beitrag wird auch auf das bisher in der viktimologischen Literatur stark vernachlässigte Thema„Schüler als Opfer*‘‘ krimineller Handlungen eingegangen[Prof, Dr. Dussich].
Bei den Autoren war die eindeutige Meinung Vorherrschend, daß bei der Bekämpfung einer Kriminalitätskarriere
106
besonders der Erziehungsgedanke in den Vordergrund gerückt werden muß, Damit wird konsequent ein Gedanke auf den Schulbereich übertragen, der seit Mitte der 70er Jahre in der Gesetzgebung geäußert wird, daß nämlich kriminellen Jugendlichen immer, wenn dies möglich ist, zunächst mit informellen Maßnahmen begegnet werden soll. Daß dabei von den Lehrern ein Höchstmaß an Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbereitschaft auf dem Hintergrund der Kenntnis von Entstehung und Verlauf von Schülerkriminalität abverlangt werden muß, ist unzweifelhaft. Aus diesem Grunde sollten Lehrer verstärkt mit dieser Materie in ihrer Aus- und Fortbildung konfrontiert werden. Aber auch andere mit delinquenten und kriminellen Schülern konfrontierten Personen, wie Psychologen in verschiedenen Beratungs- und Therapiefunktionen, müssen sich künftig intensiver mit diesem schwierigen Themenbereich befassen,
Die Autoren aus Deutschland, Österreich, Schweiz und den USA, alles ausgewiesene Experten, haben eine hervorragende Arbeit geleistet. Dieses Buch kann ebenso wie Band 1(Kriminalität bei Schülern: Ursachen und Umfeld von Schülerkriminalität) unbedingt empfohlen werden,
Walther Dreher(Hrsg.): Geistigbehindertenpädagogik vom Menschen aus. Gütersloh 1990, Verlag Jakob van Hoddis, 382 Seiten, Preis: 22,— DM
Zum 60. Geburtstag von Professor Theodor Hofmann haben frühere Kollegen, insbesondere aber Hofmanns jetzige Mitarbeiter vom Kölner Seminar für Geistigbehindertenpädagogik, diese umfangreiche Festschrift mit insgesamt 28 Einzelbeiträgen zusammengestellt.
Am Anfang stehen vier Aufsätze unter der Überschrift„Reminiszenzen“‘, die das „Private‘ in den Vordergrund stellen, Dies zunächst einmal deshalb, weil hier ein Jubilar als Mensch gewürdigt werden
soll. Ein weiterer Grund für die Voranstellung des Privaten ist die Intention, „einer Fachöffentlichkeit bewußt zu machen, daß erfolgreiche Bemühungen um die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen mit geistiger Behinderung eben nicht allein das Verdienst von öffentlich gewordener Wissenschaftstheorie und Wissenschaft sind, daß jene privat-nichtöffentlichen und nichtwissenschaftlichen Anteile sogar vorläufig, grundlegend, ja unabdingbar sind für das, was sich öffentlich-wissenschaftlich artikuliert‘(S. 11 der Festschrift).
Der württembergische Sonderschulrektor i.R. Theodor Dierlamm, der schon mit dem Vater von Theodor Hofmann, später mit Professor Hofmann selbst zusammengearbeitet hat, befaßt sich im ersten Beitrag nach der Einführung mit dem Begründer der Geistigbehindertenpädagogik in Baden-Württemberg, Carl Georg Haldenwang. Pfarrer Haldenwang initiijerte um 1838, daß das Haus Nagold in Wildberg als— in unserer heutigen Terminologie ausgedrückt— erste Heimschule für geistig behinderte Kinder in BadenWürttemberg eingerichtet wurde. Professor Martin Hahn reflektiert im Anschluß die Bedeutung der„Tübinger Spätlese‘“ für den Auf- und Ausbau des sonderpädagogischen Institutes an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen, Er resümiert: Ohne die„Spätlese‘‘, d.h. Lehrer, die sich nach Jahren der Praxis zu einem Pädagogikstudium entschieden hatten, wäre der Auf- und Ausbau des Institutes in der realisierten Weise nicht möglich gewesen,
An diesem Institut schrieben sich im Juni 1968 die ersten neun Studierenden in der Fachrichtung„Erziehung des bildungsschwachen Kindes‘(ein Jahr später umbenannt in„Geistigbehindertenpädagogik‘) ein. Zuständig für diesen Bereich war hier zunächst nur ein Dozent: Theodor Hofmann, bis dem Lehrbereich Anfang der 70er Jahre zusätzliche Stellen genehmigt wurden,
Auf die Reminiszenzen folgen vier Aufsatzsammlungen zu den Themenkreisen:
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 2, 1991