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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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wurden die Schwierigkeiten genauer exploriert(Was genau war schwer, an welcher Stelle, warum), verbalisierten die Teilnehmer einen Entscheidungs­konflikt bei der Verschriftung, so wurde dieser exploriert(Warum hast du dich für diese Schreibweise entschieden). Die Befragung orientierte sich an der per­sonzentrierten Gesprächsführung. Da sie in erster Linie ermittelnden Charakter hatte es ging darum, zu verstehen, was die Schreiber zur spezifischen Schreib­weise bewogen hat wurde auf gedank­liche Weiterführung und Konfrontatio­nen, die auf Änderung des Verhaltens abzielen, in dieser Arbeitsphase ver­zichtet.

Es wurden zwischen 3 bis maximal 7

Verschriftungen nachgefragt, Auswahl­

kriterium war der jeweilige Lernstand

bzw. das jeweilige Lernziel. Auch richtige Schreibweisen wurden stich­probenartig exploriert

wenn sie schriftsprachliche Struktu­ren repräsentierten, die Thema des jeweiligen Unterrichts waren;

wenn bisher falsch geschriebene Wör­ter‚plötzlich richtig verschriftet wurden.

Um zu kontrollieren, in welchem Aus­

maß Schreibererwünschte Äußerun­

gen produzieren, wurden identische so­wie strukturähnliche Verschriftungen mehrfach, d.h. in unterschiedlichen

Schreibsituationen nachgefragt.

Ergebnisse

Im weiteren werden die Veränderungen der Rechtschreibkompetenzen und der verbalen Äußerungen zu Rechtschreib­strategien im Verlauf des Lernprozesses ausführlicher dargestellt. Dabei wurde auf der Grundlage von metasprachlichen Äußerungssequenzen der Schreiber zu ca. 650 Verschriftungen der Versuch unternommen, eine erste Kategorisierung und Hierarchisierung der verbalen Äuße­rungen im Hinblick auf den Lernprozeß vorzunehmen.

Anne Börner* Wege funktionaler Analphabeten zur Normschrift

Wissensvoraussetzungen

In bezug auf die Verbalisation von Recht­schreibstrategien wurden unterschied­liche Ausgangspunkte vorgefunden. Sie lassen sich in drei Zweige systematisie­ren, die jeweils in weitere Bereiche auf­teilbar sind:

(1) Schreiber können nicht beschreiben, wie sie zur Verschriftung von Wörtern gekommen sind. Hier verbalisieren Schreiber, daß sie kein Problem mit dem Wort hatten(Das konnt ich schon, das wußt ich... das ganze Wort. shab ich immer schon so geschrieben) oder machen sprachlich deutlich, daß sie keine Probleme gesehen haben(Ich hab einfach so runtergeschrieben). Eine zweite Variante war, daß Schrei­ber dem Wort hilflos und unsicher ge­genüberstehen. Sie kKonstatieren ein Problem, wissen aber nicht, wie sie es befriedigend lösen können. Hier findet man Verbalisierungen, die auf planloses Handeln hinweisen(Ich habs versucht, zu schreiben,ich wußte nicht genau, wie mans schreibt, aber hab ich halt versucht,ich habs irgendwie geschrie­ben).

(2) Schreiber verfolgen den Merkzweig, um zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. Im Rahmen dieses Merk­zweigs wurden drei Zugriffe gefunden: Schreiber versuchen, die Rechtschrei­bung durch Speichern von Wortbildern vermittels mechanischen Übens in den Griff zu bekommen.

Schreiber merken sich solche Wörter, die in ihrem Alltagsleben eine Bedeu­tung haben, da sie oft mit dem Wort oder mit dem vom Wort bezeichneten Gegenstand, der entsprechenden Tätig­keit oder Situation umgehen.

Andere Schreiber, die vom Merkzweig ausgehen, merken sich ökonomisch ausgesprochen aufwendig pro Einzel­wort spezielle Elemente. Dies können besonders herausragende, charakteristi­sche Details oder aber Rechtschreibfal­len(Da kann man ja auch den Fehler machen daß...) sein:

(Martin/1)(quatschen)(2. Ustd.) -- weiß ich jetz...

- daß es mit es-ze-ha geschrieben... das hier(zeigt auf qu)*

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991

diesen ku da kann mans ja auch falsch verstehen, wußt ich jetzt au nit genau quat­schen, hört man doch vielleicht n andere Buchstabe*

(3) Schreiber verfolgen den lautorien­tierten Zweig, um zur korrekten Schreib­weise zu gelangen. Sie orientieren sich an den im Wort vorhandenen oder an­geblich gehörten Lauten. Hier waren drei Unterbereiche feststellbar:

Manche Schreiber geben an, Wörter nach Gehör zu verschriften. Sie spre­chen sich das zu verschriftende Wort Laut für Laut oder Buchstabe für Buch­stabe vor bzw. zerlegen es je nach sub­jektiver Schwierigkeit des niederzu­schreibenden Wortes in mehr oder minder kleinräumige Segmente.

Einige Schreiber verwandten die Laut­analyse überschießend, indem sie Wörter übergenau(ver-trau-hen) vorsprachen. Sie hören dabei aufgrund ihrer übersorg­fältigen und verzögerten Aussprache Lau­te heraus, die in dem betreffenden Wort nicht vorhanden sind. Dieses übersorg­fältige Vorsprechen spiegelt die Erfah­rung wider, daß Laute umgangssprach­lich oft vereinfacht werden(etwa pf <fanne>) und/oder weist auf die ver­stärkte Aufmerksamkeit für Recht­schreibkonventionen hin, die mit dem Mittel der Lautanalyse zu bewältigen versucht werden:

(Albert/2)(gegebenenfalz für gegebe­nenfalls)(12. Ustd.)

gegebenenfalls, ja da is widder das ge drinne, ge-ge-benenfalls shab ich mir vorgesprochen

ge-ge-benenfalls

ja(holt Luft), auch wieder den ge oder ka, bei den zwei war ich auch unsicher

weil sich, shört sich ja wie das erste auch an, so: ge-ge-ben sau das ge drin zz ja, hier bei pfalz wußt ich nit, obs mit nur ef oder pe-ef ge­schrieben wird

ija, ich habs widder vorgesprochen: gegebenenfalls, un so is das dann ge­kommen

Vor allem schon recht gute Recht­schreiber gaben an, unhörbare Recht­schreibphänomene zuhören: (Horst/2)(Meer)(1. Ustd.)

Meer, äh, das hab ich auch schon so

viel auch schon, ä, ja normal ja, auch so geschrieben gehabt, gelle, wie ich so

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