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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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ber schwer. Sie wissen auch über den Aufbau von Wörtern wenig, im UT 12 können sie zwar sagen, an welche Stelle etwas einzufügen ist, sie verfallen aber oft ins bekanntere Silbenprinzip, wenn Affixe und Silbengrenzen nicht über­einstimmen und kennen selbst gängige Affixe nicht. Die größten Schwierig­keiten macht allen Beteiligten UT 4, der den Transfer von Strukturprinzipien aufabstrakte Pseudowörter abprüft. Hier erreichte keiner der Schreiber das Kriterium.

Lernwege

Die Lernwege der Schreiber waren un­terschiedlich. Charakteristisch ist, daß jeweils eine Verknüpfung vonbe­währtem Wissen/,,‚bewährter Strate­gie und neuem Wissen stattfindet. Da­bei wurde deutlich, daß trotz neuer In­formationen über schriftsprachliche Sachverhalte und trotz des Erlebens der Unzulänglichkeiten der bewährten Ver­schriftstungsstrategien diese lange Zeit dominant bleiben, ja zum Teil noch weiter ausgebaut werden(auf Ähnli­ches verweist auch Spitta, 1991 für das Rechtschreiblernen bei Kindern). Paul, der häufig Textekontrollierte ohne zu wissen, was zu ändern ist, lernte, an denrichtigen Stellen zu stutzen, um sie dann(richtig oder falsch) zu ver­schriften. Der Lernerfolg war, sein un­spezifisches Kontrollverhalten mit mehr sprachstrukturellem Wissen zu verbin­den. Dieser Prozeß von Bewußtwerdung ist für ihn verglichen mit seinem Aus­gangspunkt ein Fortschriftt. Albert baute seinen Hörzweig trotz paradigma­tischer Lernangebote aus, indem er über­genau hörte. Auch in der 10. Unterrichts­stunde, nachdem er begonnen hat, para­digmatische Strukturen zu bedenken, konnte er nicht vom Hören lassen:

(ferkauft für verkauft)

verkauft ja, da war ich mir nich sicher hier widder, mit dem ge oder ka da hab ich versucht, mich an das, was wir voriges Mal gemacht haben, zu erinnern, 1

an kauf

ja, obs mit zwei ef geschrieben wird verkauft hinten

Anne Börner* Wege funktionaler Analphabeten zur Normschrift

ja, verkaufft, wenn man das vorsich­tig spricht, dann zieht sich das ef widder lang

Ja, da hört sich das en bißchen komisch an, verkauf-ft

Horst, der zu Beginn des Lernprozesses flexibel mit unterschiedlichen Strategien des Merkzweigs und mit sequentiellen Segmentierungen umgeht, findet eine Vielzahl von Analogiemöglichkeiten und verbindet sie mit allen möglichen ande­ren Segmentierungen, aber auch mit ge­merkten Einzelelementen.

Wenn Schreiber beginnen, paradigmati­sche Segmentierungen in Form von Ana­logiebildungen vorzunehmen, kann dies auf unterschiedlichen Ebenen geschehen: (1) Analogiebildung nach Funktion(Af­fixe)(verlaufen, das ist wie verfahren) (2) Analogiebildung nach Klangteilen (Ecken, ja, is wie Decken)

(3) Analogiebildungen nach Sinnteilen (Wortfamilien/Stamm-Morpheme)(ge­fällt ja da hab ich mir so an gefallen...).

Diese Analogien können angemessen sein(d.h. das Modell wurde korrekt ge­wählt) oder unangemessen. Angemessenes Wiedererkennen von Klangteilen:

(Jens/1)(Flecken)(15. Ustd.)

ei isch wollt, ef-el, das ist klar un wie Fläche wird es ja auch geschrieben

fast(am Anfang) eh un dann ecke, fast wie Ecke

Vergleich des Wortes oder des. Wortteils mit unangemessenen Modellen: (Martin/1)(flieb für flippe)(9. Ustd.)

... muß man von, muß man sich en anneres Wort dran denke, mit pe wie Butter oder so na ja, is auch son Pro­blem

(Jens/1)(undergrund für Untergrund) (3. Ustd.)

ich weiß es au nit, einfach geschrieben wie ichs dachte, erst und, dann er, dann grund

Unangemessene Modelle beim Versuch, bekannte Sinnteile zu finden:

(Horst /2)(Freihzeit für Freizeit)

(4. Ustd).

Un da hab ich erst an F- an F- Freiheit gedacht, frei

und dann hinten einfach zeit dran, Frei-zeit

Ja, da hab ich erst au, hier au erst dran gedacht, au, au f- frei, w-weil ich das au

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991

hier überall seh das Wort, fast, jetz über­all

Un dann hab ich einfach hinten zeit einfach hinten dran gesetzt

Darüber hinaus kann in den Verbalisie­rungen unterschieden werden, ob diese Klassifikation wiederkehrender Teile im­plizit(Anita zeigt z.B. häufig auf Affixe und sagt:das kannt ich schon, das (zeigt) un das(zeigt)) oder explizit sprachlich geschieht.

Analogiebildung entsteht auf der Grund­lage der bereits vorhandenen Strategien (Sehen und Hören). Diese Grundlagen müssen ausreichend ausgebildet sein, da­mit der Prozeß der Analogiebildung, also Sehen und Hören unter neuem Aspekt, erfolgreich verlaufen kann. Verwiesen sei hier auf Fälle, wo Schrei­ber die korrekten Modelle fanden, aber aufgrund ihrer dialektalen Aussprache zu fehlerhaften Verschriftungen kamen (büngtlich kommt von Bungt) oder aber die invarianten Wortteile nicht richtig gespeichert hatten(Ein Teilneh­mer schreibt Lerkan für Lehrgang und begründet:Das kommt von Lehrer). Nach den vorliegenden Daten scheint es von den individuellen Voraussetzun­gen abzuhängen, welche der möglichen Analogien gewählt und in welchem Aus­maß sie neben den anderen Strategien genutzt werden. Die Ergebnisse weisen darauf hin, daß das Ansteigen und die flexible Nutzung aller möglichen se­quentiellen und paradigmatischen Seg­mentierungen den größten Lernerfolg darstellen.

Die Ergebnisse des Rechtschreibtests zum Ende der Förderphase(vgl. Tab. 2) zeigen, daß die Schreiber bis auf Martin, der die Abschlußerhebung nach Kräften torpedierte, in der Regel in den paradig­matischen Aufgaben besser geworden sind. Das gilt auch für dasHeraussehen von wiederkehrenden Bausteinen, wo nun genauer differenziert wird(fahr/ fähr vs. fuhr, führ). Einige verbessern sich auch in dem Untertest, der die Rechtschreibkonvention zur Verschrif­tung von Längen und Kürzen abprüft (UT 10), ohne daß im Unterricht die Regeln besprochen wurden. Dies wie auch die deutlich besseren Ergebnisse in UT 4Nachnamendiktat kann als

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