Beginn der Förderung zu wenig Wissen über die Struktur des Gegenstandes Schriftsprache und zu wenig oder inadäquates Wissen über Lernen hatten. Sie hatten erst dann mehr Kontrolle über den Lernprozeß, wenn sie über ausreichendes ‚,inhaltliches‘‘ Wissen verfügten. Wissen über Eingriffs- und Veränderungsmöglichkeiten schien abzuhängen vom Ausmaß bzw. Zuwachs des „inhaltlichen‘‘, strukturellen Wissens einerseits und andererseits vom Ausmaß der Bewußtheit der Lerner über ihr schriftsprachliches Wissen.
Anne Börner* Wege funktionaler Analphabeten zur Normschrift
Für die Relevanz metasprachlichen Wissens beim Übergang von der Lautorientierung zur Orthographie spricht, daß es nach dem bisherigen Stand der Auswertung der Fallstudien möglich ist, verbale Indikatoren für Rechtschreibstrategien und deren Veränderungen zu benennen. Die Schreibentwicklungstabelle sowie auf ihr basierende Rechtschreibtests und post-hoc Instrumente zur Fehleranalyse bieten die Möglichkeit, den individuellen Lernstand vor dem Raster der angenommenen Entwicklungsabfolge einzuschätzen.
Metasprachliche Äußerungen zu Verschriftungen geben Auskunft über aktuelle subjektive Rechtschreibstrategien. Sie helfen vor allem, die individuellen Mikroschritte im Übergang von der Lautorientierung zur Orthographie nachzuvollziehen und sind im Rahmen der Förderkonzeption Mittel zur Prozeßanalyse.
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Anschrift der Verfasserin:
Dipl.-Psych. Anne Börner Haspelstraße 23 D-3550 Marburg
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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991 IB
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