Gerhard W. Lauth*
Entwicklungsförderung bei sozial-kognitiver Retardierung
Bedingungsmomente sozial-kognitiver Ratardierung
Strategiedefizite mangelnde Ableitung
und
Befolgung förderlicher Strategien
mangelnde metakognitive Vermittlung (exekutiv, deklarativ)
Förderungsinhalte
Vermittlung/Erwerb einer verallgemeinbaren (Problemlöse)strategie
flexible Umsetzung dieser Strategie bei divergenten Anforderungen
Erwerb metakognitiver Vermittlung(u.a. exekutive Kontrolle, deklarative Vermittlung, Selbstverbalisierungen
therapeutische Mittel/Technologie
Modellierungsdialog kognitive Modelldemonstration
transfertheoretisch begründete Aufgabenauswahl
Übernahme der Selbstverbalisierungen und Prüfprozesse
Einübung reflexiv
negative Besetzung
von kognitiv-intellek
tuellen Inhalten Emotionen
eingeschränkte Wissensbasis (inhaltlich, deklarativ)
erfolgorientiertes Lernen
Bewältigung negativer
sequentiellen Vorgehens
Prozeßorientierte Hilfen
reflexiv-sequentielles Vorgehen
geringe Verfügbarkeit/ Aktivierung
prinzipielle Operatoren (u.a, visuelle Fertigkeiten)
Abb. 3: Integration von Bedingungsmomenten, Förderungsinhalten und therapeutschen Mitteln.
— über das veränderte Verhalten zu Verbesserungen in der Auseinandersetzung mit(kognitiven) Inhalten führt;
— weitreichende Verbesserungen auch in trainingsdivergenten Anforderungen anregen kann. Dabei scheint jedoch das kognitiv-intellektuelle Ausgangsniveau der Trainingskinder von großer Bedeutung zu sein.
Die Einbeziehung der Eltern verbessert in dieser Evaluation allerdings nicht die Entwicklungsfortschritte, die auf Seiten der Kinder zu verzeichnen sind. Hierfür sind im Wesentlichen zwei Gründe anzuführen: Das Training versäumte, die Eltern in ausreichendem Maße zur aktiven Übertragung der Problemprozeduren im Alltag anzuhalten. Eine verringerte Motivation zur Selbsthilfe könnte auch da
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herrühren, daß sich die Eltern allzu sehr auf die kompetente und— wie die Ergebnisse zeigen— auch effiziente Arbeit der Trainer mit ihren Kindern verlassen haben.
Die dritte Evaluation ebenfalls mit lernschwachen Grundschülern der 2. und 3. Klasse(Rohde, 1991) belegt dagegen eindeutig, daß die Eltern äußerst wichtige Vermittler(Mediatoren) für die sozialkognitive Entwicklung ihrer Kinder sind. Ihre Einbeziehung führt zu einer deutlichen Verbesserung der Trainingsergebnisse auf Seiten der Kinder.
Die Gestaltung des Förderprogrammes führt dazu, daß die Motivation und Teilnahmebereitschaft der Kinder während der Durchführung des Programmes aufrechterhalten bleibt. Das Förderprogramm wurde am Nachmittag in Schul
räumen durchgeführt. Hier zeigt sich, daß die Kinder stets gern, freiwillig und neugierig zu den Treffen erschienen. Die Eltern beurteilten die Gruppensitzungen zum Mediatorentraining ebenfalls positiv.
Die Ergebnisse dieses Interventionsprogrammes sind nach dem Ausmaß des eintretenden Trainingstransfers zu differenzieren(Brown& French, 1979).
Es zeigt sich, daß gute Ergebnisse bis zum Bereich mittleren und weiten Transfers zu erreichen sind. Das heißt, daß sich die Arbeitshaltung zugunsten einer größeren Reflexivität verbessert, Intelligenzstatusverbesserungen um bis zu 15 IQ-Punkte erreicht werden, eine größere Erfolgsorientierung in der Motivationsstruktur eintritt, sowie die gelernten Problemlösestrategien auch in trainingsdivergenten Inhaltsbereichen bzw. in alltagsrelevanten Bereichen eingesetzt werden. Ferner verbessern sich über ein günstigeres Arbeitsverhalten auch die direkten Arbeitsergebnisse.
Direkte Verbesserungen des bereichsspezifischen Wissens bzw. spezifischer Fertigkeiten(optische Differenzierung) werden jedoch nicht erreicht. Folglich verbessert das Training die strategischmetakognitive Herangehensweise der Kinder an Lern- und Problemlöseaufgaben, ohne jedoch die inhaltsspezifischen Wissens- und Fertigkeitsbereiche zu erreichen.
Ferner sind die Kinder relevanten Kontrollgruppen ohne Vermittlung von Problemlösefertigkeiten und selbstregulativen Fertigkeiten in den genannten Bereichen überlegen(Lauth, 1988; Garten& Lauth, 1982; Garten& Lauth, 1983). Diese Reichweite stimmt durchaus mit der Zielsetzung sowie der Anlage des Förderprogrammes überein(Abb. 3), die auch vor allem therapeutische Mittel zur Verbesserung des metakognitiven strategischen Verhaltens einsetzt und das bereichsspezifische Wissen der Kinder sowie ihre prinzipiellen Operatoren nicht direkt beeinflußt.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991