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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Reimer Kornmann

Veränderungen des Gegenstandsbezugs

Tab. 1: Wahrnehmungstätigkeit Beschreibung

Bestimmte Merkmale der dinglichen und sozialen Umwelt(aufgefaßt als Reize) lösen spezifische Reaktionen(Reflexe, Zuwendung) aus. Auch innere Reize, die einen biologischen Mangelzu­stand, d.h. ein unbefrie­digtes vitales Bedürfnis signalisieren, bewirken spezifische Reaktionen (Unruhe, Schreien).

Regelmäßig räumlich und zeitlich miteinan­der verbundene Reize führen zur Ausbildung bedingter Reaktionen bzw. Reflexe; dabei werden gleiche Reize wiedererkannt und Merkmalsunterschiede erlernt(Diskriminations­lernen, klassisches Kon­ditionieren).

Die Funktionen der Sinnesorgane, des Zentralnervensystems und des Bewegungs­apparats müssen intakt sein.

Die vitalen Bedürfnisse müssen regelmäßig wahr­genommen und befrie­digt werden. Es müssen genügend modalspezi­fische, angemessene, regelmäßig wiederkeh­rende, alle Sinne an­sprechende Reize gebo­ten werden(Stimula­tion).

Lern- und Erfahrungs- Organische Soziale Ks

Bei organischen Schäden können bereichsspezifische Erfahrungsdefizite entste­hen. Bei mangelnder Bedürf­nisbefriedigung schreit das Kind und kann sich nicht anders seiner Umwelt und ihren Erfahrungsmöglich­keiten zuwenden. Fehlende oder mangelnde Stimulation erlebt das Kind in gleicher Weise als Mangelsituation, auf die es zunächst mit Schreien, dann mit Wim­mern, später mit Teilnahms­losigkeit, Krankheit, Morasmus(Hospitalismus­Syndrom) reagiert.

Tab. 2: Manipulierende Tätigkeit

Beschreibung Erfahrungsbildung

Beginnend mit Betätigun­gen an eigenen Körper­teilen(Greifen, Loslas­sen), wendet sich das Kind aktiv seiner Um­welt zu. Diese Zuwen­dungen erfolgen sche­matisch insofern als 1) die Tätigkeiten nicht gegenstandsspezifisch

Tätigkeiten, die zum Erfolg(d.h. zur Ver­mittlung neuer Sinnes­eindrücke von einem Gegenstand) führen, werdenverstärkt, d.h. sie wiederholen sich in ähnlichen Situationen(operantes Konditionieren).

Organische Voraussetzungen

Neben den organischen Voraussetzungen kommt es darauf an, daß die zentralnervöse Koordination der ver­schiedenen Sinnesein­drücke und Tätigkeits­elemente gelingt (sensorische Integra­tion).

Das Kind muß ausrei­chend Gelegenheit haben, sich intensiv mit gleichen Objekten zu beschäftigen. Seinem natürlichen Explora­tionsdrang und seiner Neugierde sollten möglichst geringe Gren­zen gesetzt werden.

Voraussetzungen

Neben den 0.g. Auswir­kungen biosozialer Schä­digungen führt insbeson­dere die Unterdrückung des Explorationsdranges zur psychischen Isolierung (Angst, Desinteresse, mangelnde Erfahrung im Umgang mit den Dingen) des Kindes von den Lern­

ablaufen

2) möglichst viele ver­schiedene Sinnes­eindrücke von den Qualitäten des glei­chen Gegenstandes gewonnen werden.

Auf diese Weise bilden sich immer komplexere Schemata aus. Diese gewährleisten das Wie­dererkennen gleicher und das Unterscheiden verschiedener Objekte,

Personen usw.

und Erfahrungsmöglich­keiten außerhalb seiner Selbst: Ihm bleiben die Wahrnehmungstätigkeiten sowie Betätigungen am und mit dem eigenen Körper (Selbststimulation).

Auf diese sehr wichtigen Zusammen­hänge kann im Rahmen dieses Beitrags nicht näher eingegangen werden, sie werden lediglich in den zusammenfas­senden Skizzen zu jeder Tätigkeits­stufe(vgl. Tabellen 1 bis 5) angedeutet.

Beschreibung der Veränderungsreihe

1. Die Wahrnehmungstätigkeit(vgl. Tab. 1) ist schwerpunktmäßig reaktiv. Die Tätigkeit wird vom Objekt ausgelöst

und läuft unter Berücksichtigung des

individuellen Erfahrungsstandes einer­

seits und der subjektiven Befindlichkeit andererseits in vorhersagbarer Weise ab. Erinnert sei an

die stets auslösbaren unbedingten Re­flexe,

die unter bestimmten inneren und äußeren Bedingungen auslösbaren un­bedingten Reflexe und Reaktionen,

die bedingten Reflexe und Reaktio­nen.

Es ist allerdings nicht das Objekt, auf

das als solches reagiert wird, vielmehr

reagiert das Individuum auf bestimmte

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991

Qualitäten des Objekts. Diese Reaktio­nen lassen sich unter zwei Gesichts­punkten klassifizieren:

zum einen, ob sie neutral, positiv oder negativ sind: Zuwendungen zu den Objekten können als positive Re­aktionen, Abwendungen und Schreien als negative Reaktionen gelten,

zum anderen, welche Modalitäten angesprochen werden, wenn eine Reaktion erfolgt.

Der biologische Sinn dieser Tätigkeits­

form ist darin zu sehen, elementare

und dennoch schon individuelle Erfah­rungen über die Ausbildung bedingter

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