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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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lich wie auch Jantzenkeine selbst­kritische Wendung in seine Theorie ein(69).

Seine herausfordernde und für die Heil­pädagogik, wie mir scheint, durchaus be­fruchtende Position kommt in seinem Resümee zum Ausdruck: Diezwang­hafte Suche nach dem Faktischen(54) vereine beide Richtungen, glaubt Gers­pach aus psychoanalytischer Sicht er­kannt zu haben.

Der Versuch, eine eigenständige, psycho­analytisch fundierte Heilpädagogik zu entwerfen, durchzieht die weiteren Ka­pitel dieses Buches. Diese Abschnitte scheinen mir für die Heilpädagogik durch­aus einen neuen, wichtigen Zugang zum behinderten Subjekt zu eröffnen: die Be­einträchtigungen des Subjekts seien so Gerspach in einesubjektive Erlebnis­figur(87) eingebunden, deren lebens­geschichtlichen Sinn es unter Zuhilfe­nahme sowohl einer Sozialisations- als auch einer Gesellschaftstheorie szenisch zu entschlüsseln gelte. In diesem dialek­tischen Erkenntnisprozeß werdeHeil­pädagogik(...) als ganzes zur sinnver­stehenden Wissenschaft(78) und somit ins Feld gesellschaftlicher Praxis zu­rückgeholt(77).

In einem weiteren Kapitel skizziert Gers­pach eineErkenntnistheorie als Basis einer plausiblen Heilpädagogik, wobei dieInkongruenz von Psychologie und Gesellschaftstheorie(165) die reale Spannung zwischen Individuum und Ge­sellschaft widerspiegele. Anschließend entwirft Gerspach dieEntwicklung der Psychoanalytischen Heilpädagogik und verdeutlicht hierbei das spannungsvolle Verhältnis zwischen einer Reinszenierung von frühkindlichen Erfahrungen und ei­ner hierfür angemessenen, psychoanaly­tisch reflektierten heilpädagogischen Re­aktion. Da sich die Bildung von Subjekti­vität angesichts nachteiliger Sozialisa­tionsverhältnisse nur beschädigt einstel­len könne, manifestiere sich hierin nach­drücklichdie Dialektik von Psychoana­lyse und Pädagogik: Daß sie die Anpas­sung an die bestehenden Zwänge und die Befreiung davon gleichermaßen betrei­ben(192).

Wohl um den lehrbuchartigen Charakter seines Buches beizubehalten setzt sich Gerspach in zwei weiteren Vorlesungen mit der integrativen Erziehung undIn­formationen über die rehabilitations­rechtliche Seite der Heilpädagogik aus­einander. Insbesondere das letztere Ka­

pitel hat eher eine informierende Dimen­sion, als daß es eine theoretische Weiter­entwicklung leistet. Dies trifft jedoch nicht auf sein abschließendes Kapitel zu, in dem er einenWeg zu einer kritischen Heilpädagogik entwirft. Er greift seine Auseinandersetzung mit den Erkenntnis­sen der materialistischen Pädagogik er­neut auf, hebt hierbei jedoch auch dies scheint mir innerhalb der Heilpädagogik eine durchaus eigenständige Position dar­zustellen nachdrücklich hervor, die materialistische Heilpädagogik müsse um die Dimension des Unbewußten erwei­tert werden, wenn sie zur Subjektwis­senschaft werden wolle. Heilpädagogisch fruchtbar machen ließe sich dies zuvör­derst durch eine Schulung der empathi­schen Fähigkeiten. Diese Fähigkeit zur Empathie sei das Grundelement einer psychoanalytischen Heilpädagogik:Sie ermöglicht das Verstehen vor allem der sprachlos präsentierten, dramatisch in Szene gesetzten Interaktionsformen. Da­mit können Prozesse in Gang gesetzt wer­den, die den betroffenen Kindern nach­träglich befriedigende Interaktionserfah­rungen erschließen(244) womit das Originäre der von Gerspach entworfenen Heilpädagogik präzise gekennzeichnet ist.

Abschließend möchte ich hervorheben, daß mir Gerspachs Ausführungen durch­aus einen neuen Zugang zur Heilpädago­gik zu weisen scheinen. Was sein Lehrer Aloys Leber in zahlreichen Aufsätzen im­mer wieder angeschnitten hat, dies wird von Gerspach in ein kohärentes Gedan­kengebäude zusammengeführt. Kritisch anmerken könnte man, daß seine oftmals doch schwierige Sprache sowie seine überdeutliche Orientierung an den Aus­arbeitungen von Lorenzer den Kreis der potentiellen Leser, erheblich einschrän­ken dürfte. Eine stärkere Aufarbeitung der psychoanalytisch-heilpädagogischen Arbeiten beispielsweise von Maud Man­noni die nur am Rande sowie von Bruno Bettelheim und Rudolf Ekstein die gar nicht erwähnt werden dürfte eine nicht unerhebliche Bereicherung für Gerspachs psychoanalytische Fundie­rung darstellen.

Roland Kaufhold, Köln

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 4, 1991

Rudnick, Martin: Aussondern Sterili­sieren Liquidieren. Die Verfolgung Be­hinderter im Nationalsozialismus. 231 Seiten mit mehreren Abbildungen. 1990. DM 58,. Marhold im Wissenschaftsver­lag Volker Spiess, Berlin.

Erst seit Mitte der 70er Jahre gibt es eine Diskussion zur ThematikBehinderte im Nationalsozialismus. Der vorliegende Sammelband enthält Referate von einer Fachtagung, die im Oktober 1986 in Berlin stattfand und von 120 Sonder­pädagogen, Wissenschaftlern und Ärzten besucht wurde,

Das Einleitungsreferat von Wolfgang Jantzen(Behinderte im Faschismus) spricht über den bisherigen Stand der Forschung; Behinderung im Faschismus und in der bürgerlichen Gesellschaft; zur allgemeinen Struktur menschenverach­tenden Denkens im Kapitalismus. Andreas Möckel referiert überDie An­nahme behinderter Kinder, wissenschaft­liches Denken und herzlose Wissen­schaft. UnterAnnahme* ist die An­nahme behinderter Kinder durch die Ge­sellschaft gemeint. In den Jahren des Nationalsozialismus wurden diese Kinder mit den auch ihnen zustehenden allge­meinen Menschenrechten nicht ange­nommen. Möckel spricht im besonderen von derSprachverwirrung und Bewußt­seinsspaltung im wissenschaftlichen Denken schon in der Zeit nach dem er­sten Weltkrieg und verdeutlicht das an der 1920 heraugekommenen Schrift von Bin­ding und HocheDie Freigabe der Ver­nichtung lebensunwerten Lebens. Stefan Romey schildert in seinem Refe­ratEuthanasie als Massenmord an­hand von Einzelschicksalen die brutale Menschenverachtung mancher NS-Ärzte bei ihren Selektionsmaßnahmen. Diese Mediziner machten erst eigentlich nach 1945 an deutschen Universitäten Karriere.

Martin Rudnick weist in seinem Referat Zwangssterilisation-Behinderte und so­zial Randständige, Opfer nazistischer Erbgesundheitspolitik die ideologischen Wurzeln desGesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses(1933) an ei­ner zu Unrecht sterilisierten Frau auf, Diese Frau hat nach 1945 weder eine medizinische noch eine finanzielle Wie­dergutmachung erfahren.

Norbert Emmerich, Christine Härtel und Marianne Hühn sprechen anhand der Geschichte der Karl-Bonhoeffer-Nerven­

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