Tabelle 2: Häufigkeit von Symptomkomplexen bezogen auf die
3 häufigsten Symptome
f Artikulationsstörungen(AST) 444 Sprachstörung?(SPST) 53 Stottern(STO) 15 AST/ SPST 112 AST/ STO 11 SPST/ STO 3 AST/ SPST/ STO 8 Insgesamt 646
1 bezogen auf die Stichprobe aller 4-, 5- und 6-jährigen(N=4459)
? bezogen auf die Stichprobe aller Kinder dieses Alters, die zumindest eine dieser drei Störungen aufweisen(N= 646)
Sprachstörungen im engeren Sinn(language disorders)
3
Tabelle 3 gibt für die in diese Untersuchung einbezogenen Altersgruppen der 4, 5 und 6-Jährigen den Zusammenhang zwischen dem Lebensalter der Kinder auf den einen und der(symtombezogenen) Frequenz verschiedener Sprachauffälligkeiten auf der anderen Seite wieder. Die Inspektion der Daten zeigt einen deutlich ausgeprägten Häufigkeitsgipfel bei der Altersgruppe der S-Jährigen; am zweithäufigsten wurden Sprachstörungen? bei der Gruppe der 4-Jährigen, am seltensten bei derjenigen der 6-Jährigen beobachtet.
Das Verteilungsmuster gilt nahezu konsistent auch für die angeführten Einzelsymptome. Bezogen auf Klienten ergibt die Aufschlüsselung nach dem Lebensalter, daß die Gruppe der Sprachauffälligen zu 51,9% aus 5-Jährigen, zu 27,6% aus 4-Jährigen und zu 20,3% aus 6-Jährigen besteht.
Die Analyse des Einflusses des Faktors „Geschlecht der Kinder“ ergibt, daß Sprachstörungen über alle Einzelsymptome hinweg bei Jungen etwa doppelt so häufig wie bei Mädchen anzutreffen sind: 572 oder 67,7% aller genannten Symptome wurden für Jungen, 273 oder 32,3% für Mädchen registriert. Die Relation von 2:1 wird(vgl. Tab. 4) im wesentlichen durch die geschlechtsspezifische Verteilung bei den beiden quantitativ bedeutsamen Störungskategorien Artikulations- und Sprachstörungen? bestimmt. Z.T. sehr viel stärker ausgeprägte Asymmetrien bestehen hingegen bei den
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG
Toni Mayr
* Zur Epidemiologie von Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen
Tabelle 3: Symptombezogene Häufigkeit von Sprachbehinderungen
aufgeschlüsselt nach dem Alter der Kinder
%!%? 10.0 68.6 1.2 8.2 M Artikulations0.3 2.3 störungen: Sprachstörungen 2.5 17.3 Stottern 0.3 1.7 Poltern 0.1 0.5 Näseln Stimmstörungen 0.2 1.2 mutistisches Verhalten 14.5 100.0 1 2 3 4
4-jährige S-jährige 6-jährige f%! f%? f%? 156 10.2 333“46.2 122 412.3 59 3.9 98$.1 33 3:3 8 0.5 18 0.9 13 13
1 0.1--_= 2 0.1 7 0.4 1 0.2 2 0.1 0.1 2 0.2 3 0.2 4 0.2 3 0.3
bezogen auf die Stichprobe aller 4-jährigen(N= 1527) bezogen auf die Stichprobe aller 5-jährigen(N= 1937) bezogen auf die Stichprobe aller 6-jährigen(N= 995) Sprachstörungen im engeren Sinn(language disorders)
Tabelle 4: Symptombezogene Häufigkeit von Sprachbehinderungen aufgeschlüsselt nach dem Geschlecht der Kinder
Artikulationsstörungen
Sprachstörungen! Stottern
Poltern
Näseln Stimmstörungen
mutistisches Verhalten
Symptomen ‚Stottern‘, ‚Stimmstörungen‘ und ‚mutistisches Verhalten‘. Beim Stottern errechnet sich z.B. eine Relation: Jungen zu Mädchen von etwa 3:1, beim mutistischen Verhalten von 9:1.
Diskussion
Ziel der vorliegenden Erhebung war es, aus einem primär handlungsbezogenen Kontext heraus, für den skizzierten Bereich des Modellversuchs Einblick zu gewinnen in die Häufigkeit und Schwere verschiedener sprachlicher Auffälligkeiten bei Kindern im Kindergartenalter. Stellt man diesen pragmatischen Bezug zugunsten einer mehr theoretischen Betrachtungsweise vorerst zurück, so bestätigen die vorliegenden Untersuchungsergebnisse zunächst grundsätzlich die Befunde früherer epidemiologischer Studien z.B. von Heindorf et al.(1967), Schulze& Teumer(1973, 1974), Castell
Band XVI, Heft 1, 1990
männlich weiblich f% f% 393 66.6 197 33.4 130 68.4 60 31.6 29 74.4 10 25.6 1 100.0—= 5 50.0$ 50.0 5 100.0= zz 9 90.0 1 10.0
Sprachstörungen im engeren Sinn(language disorders)
et al.(1980), Jenkins et al.(1980), Richman et al.(1982) und Astor-Schuster (1985), wonach sprachliche Auffälligkeiten in diesem Entwicklungsabschnitt außerordentlich weit verbreitet sind(a) und es sich, qualitativ, dabei zum bei weitem überwiegenden Teil um Störungen der Artikulation handelt(b). Die Tatsache, daß die hier errechnete Insgesamt-Prävalenz von etwa 15% wesentlich über den von einigen Autoren, wie z.B. Keith et al. oder Calnam et al.(referiert bei Castell et al.(1980)), ermittelten Zahlen liegt, dürfte vor allem auf die Verwendung eines dort enger gefaßten, an schwereren Auffälligkeiten orientierten Störungskonzepts zurückzuführen sein. Den Einfluß solcher definitorischer Einschränkungen auf die Höhe der Prävalenzraten demonstriert sehr anschaulich die Studie von Castell et al.(1980): Sie belegt zunächst zwar die hohe Zahl von Kindern mit Sprachund Sprechanomalien, kommt dann
N