Maria Ippen& Ursula Hebborn-Brass*
Spezifische Indikation von Psychomotorischer Übungsbehandlung
Epilepsie. Eine Hirnfunktionsstörung wurde codiert, wenn mindestens eines der beiden folgenden Kriterien erfüllt war: a) pathologische Zeichen im Elektroenzephalogramm, b) neuropathologische Befunde wie z.B. Spastik, Seitendifferenzen oder Herdzeichen.
Als Kontrollvariablen wurden Geschlecht des Kindes und Alter bei Aufnahme ins Heim in die Berechnungen einbezogen. Für die dreidimensionalen Analysen war eine Klassifizierung des Aufnahmealters notwendig: die erste Gruppe umfaßte alle Kinder, deren Aufnahmealter bei 57 bis 95 Monaten(4;9—7;11 Jahren) lag, in der zweiten Gruppe waren die Kinder mit einem Aufnahmealter von 96 bis 119 Monaten(8;0— 9;11 Jahren) vertreten, die dritte Gruppe setzte sich aus den Kindern mit einem Aufnahmealter von 120 bis 162 Monaten(10;0—13;6 Jahren) zusammen.
Statistische Auswertung
Die statistische Datenauswertung erfolgte vor allem mit Hilfe des Vier- bzw. Mehr-Felder-Chi?-Tests, der kreuzklassifizierte Daten zweier Variablen auf Abhängigkeitsstrukturen prüft, sowie mittels der Rangkorrelation nach Spearman, welche die Größe eines Zusammenhangs zwischen zwei Variablen abzuschätzen erlaubt. Zur Kontrolle von möglichen Effekten dritter Variablen wie Alter und Geschlecht wurde die Methode der loglinearen Modellanalyse(Bishop, Fienberg& Holland, 1975) eingesetzt. Von besonderem Interesse sind dabei jeweils solche Modelle, die die sogenannte bedingte Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit von zwei Variablen bei gegebenen Zusammenhängen mit einer dritten (Kontroll-) Variablen prüfen. Die zufallskritische Signifikanzgrenze wurde auf p<.05 festgelegt.
Tabelle 1 gibt für alle gerechneten zweiund dreidimensionalen Analysen die statistischen Prüfwerte wieder.
Tabelle 1: Zusammenfassende Ergebnisse der 2- und 3-dimensionalen Analysen von Determinanten der Psychomotorischen Übungsbehandlung
Zweidimensionale Analyse
Zusammenhang Chi? df-:p
PÜ— Syndrom 21.43 3 ‚000
PÜ— Teilleist. 48.34 2 ‚000 schwäche
PÜ— Störungen 26.96 1 ‚000 des ZNS
PÜ— Geschlecht 6.78 1 ‚009
PÜ— Alter 13.43 2 ‚001
Bedeutungen: Chi? G?
Dreidimensionale logineare Modellanalyse 2
Kontrollvariable G df p Geschlecht 20.04 4 1.000 Alter 27.45 6- 000 Geschlecht 48.96 2 1000 Alter 40.26 3 1.000 Geschlecht 28.17 2:; 000 Alter 34.30 3 1.000 Syndrom n,S. Teilleist.schwäche n.S. Störungen des ZNS n.S. Syndrom 19.11 6 1.004 Teilleist.schwäche n.S. Störungen des ZNS 18.25 4 1.001
= Prüfstatistik der zweidimensionalen Häufigkeitsanalyse = Likelihood-Ratio-Prüfstatistik der loglinearen Modellanalyse zum geprüf
ten Zusammenhang unter Berücksichtigung der Kontrollvariable
df= Freiheitsgrade pP= Wahrscheinlichkeit
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 1, 1990
Ergebnisse der Untersuchung
149 Kinder der untersuchten Stichprobe wurden einer heilpädagogischen Behandlung unterzogen, davon 121(81%) einer Psychomotorischen Übungsbehandlung. Die PU wies damit die Priorität vor allen anderen im Heim angewendeten heilpädagogischen Behandlungsarten auf. An zweiter Stelle rangierte das heilpädagogische Werken mit 112 Nennungen(75%). Alle anderen heilpädagogischen Fördermaßnahmen wurden weitaus seltener eingesetzt und lagen weit unter S0%. (Da eine Behandlung mit mehreren Techniken möglich war, ist bei Addition n> 149).
Die durchschnittliche Behandlungsdauer einer PU lag bei 2;10 Jahren bzw. 186 Stunden.
In 82% der Fälle wurde die Psychomotorische Übungsbehandlung geplant beendet, in 7% erfolgte eine vorzeitige Beendigung der Maßnahme zugunsten einer psychoanalytischen Kindertherapie, 11% der Behandlungen wurden aus anderen Gründen vorzeitig beendet. Kinder aller Kklinisch-psychiatrischen Störungsgruppen wurden mit PU behandelt. Die relativen Häufigkeiten der PÜ bei den einzelnen Syndromgruppen unterschieden sich allerdings signifikant. Die Behandlung konzentrierte sich auf Kinder mit entwicklungsabhängigen und autistischen Störungen— in dieser Gruppe wurden 72% der Kinder mit PU behandelt—(s. auch Abb. 1). Eine differenzierte Übersicht über den Anteil an der PÜ-Behandlung innerhalb der auf MAS-Achse 1 diagnostizierten Hauptstörungen(nach Syndromgruppen geordnet) vermittelt Tabelle 2.
Jedes zweite Kind der untersuchten Klientel wies eine Teilleistungsschwäche auf(53%). D.h. bei 37% der Kinder war eine isolierte, bei 16% eine multiple Teilleistungsschwäche diagnostiziert worden. Motorische Rückstände dominierten mit 39 Nennungen(31% von insgesamt 121 Kindern mit Teilleistungsschwächen). Betrachtet man die Beziehungen zwischen Teilleistungsschwächen und PÜ, so findet sich ein auf hohem Niveau signifikanter Zusammenhang. 71% der Kinder mit einer isolier
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