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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Maria Ippen& Ursula Hebborn-Brass*

Spezifische Indikation von Psychomotorischer Übungsbehandlung

Diskussion

Die in unserer Untersuchung gewonne­nen Ergebnisse zeigen, daß in der Praxis des untersuchten Heimes die Psychomo­torische Übungsbehandlung nicht über alle Störungsgruppen hinweg gleichmäs­sig verteilt eingesetzt wird. Die Befunde sprechen vielmehr dafür, daß offensicht­lich den in der Fachliteratur aufgestell­ten spezifischen Indikationsrichtlinien für Psychomotorische Übungsbehand­lung gefolgt und Störungen gezielt be­handelt werden.

Als Kriterien der Indikation gelten pri­mär entwicklungsbedingte Störungs­aspekte wie entwicklungsabhängige und autistische Störungen. Bei neurotischen Störungen wird am wenigsten mit PU behandelt, wobei hier die Jüngeren mehr erhalten, der Schwerpunkt also wie­derum mehr auf der spielerischen Ent­wicklungsförderung durch das Medium Psychomotorik liegt. Zu bedenken ist hier auch, daß neurotischemotionale Störungen bevorzugt von den analyti­schen Kindertherapeuten behandelt wer­den.

Allgemein läßt sich ein altersspezifischer Einsatz von unabhängig von den Stö­rungen nachweisen. Die Vermutung liegt nahe, daß bei der Psychomotorischen Übungsbehandlung von einer generellen Förderungswürdigkeit jüngerer Kinder ausgegangen wird, die durch die geringe­re cerebrale Reife günstigere Vorausset­zungen zur Veränderung bieten. Ande­rerseits empfiehlt sich eine frühzeitige Behandlung, bevor sekundäre Verhal­tensauffälligkeiten entstanden sind.

Als weitere differenzierende Merkmale für eine können das Vorliegen einer isolierten oder multiplen Teilleistungs­schwäche sowie Störungen des ZNS an­gesehen werden. Ergebnisse von aus der Literatur bekannten Untersuchungen bestätigen die bevorzugte Anwendung von Psychomotorischer Übungsbehand­lung bei Kindern mit Teilleistungsschwä­chen, mit Lateralitätsstörungen und auch bei motorisch auffälligen Kindern mit gleichzeitigen Verhaltensstörungen (Decker, 1972). Eggert& Mitarbeiter wiesen so z.B. in einem Vergleichsgrup­penversuch bei lese-rechtschreibschwa­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

8] 4,9-7, 11 Jahre Z

2,9-9,11 Jahre

8 18,8-13,6 Jahre

15 24 32 Gruppe 3

21 31 20 Gruppe 2

17 38 39 Gruppe 1

n=

Abb. 1: Häufigkeit der Psychomotorischen Übungsbehandlung in den verschiedenen Syndrom­gruppen, differenziert nach Aufnahmealter(Gesamtstichprobe N= 237).

N-E: Neurotisch-emotionale Störungen(N,= 94)

E/A: Entwicklungsabhängige und autistische Störungen(N,= 72)

D: Dissoziale Störungen(N,= 71)

Sl 4,9-7,11 Jahre 2 8,0-9,11 Jahre 18,0-13,6 Jahre

14 193 11 mit ZNS-Störung

n= 39. 74 80 ohne ZNS-Störung

L

Abb. 2: Häufigkeit der Psychomotorischen Übungsbehandlung bei Kindern mit und ohne ZNS­Störung, differenziert nach Aufnahmealter(Gesamtstichprobe N= 237).

Gruppe ohne ZNS-Störung: N,= 193

Gruppe mit ZNS-Störung: N,= 44

Band XVI, Heft 1, 1990 35