Toni Mayr*
Verhaltensauffälligkeiten bei Vorschulkindern
paßt(unique sum of squares). Für die bei fünf Stufen des Faktors SA möglichen vier(nichtorthogonalen) Einzelvergleiche wurden einfache Abweichungskontraste(von der unauffälligen Kontrollgruppe) gebildet.
Ergebnisse
Das Vorliegen mehrerer Abhängiger Variablen legte zunächst eine multivariate Behandlung der Fragestellung nahe. Da aber zumindest eine der dafür notwendigen Voraussetzungen(Homogenität der Varianz-Kovarianz-Matrizen) nicht gegeben war(Box’s M=328.91; p(approx.F) =<.0005), wurde der Einfluß der Faktoren univariat, für jede Verhaltensauffälligkeitsskala gesondert getestet,
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Mittelwerte der einzelnen Teilstichproben, Tabelle 2 informiert über die Ergebnisse der varianzanalytischen Prüfungen. Im einzelnen ist daraus zunächst zu entnehmen, daß sich, legt man ein AlphaNiveau von 5% zugrunde, Jungen, wie erwartet, durch signifikant höhere Werte in den Skalen ‚Aggressivität‘, ‚Aggressive Unangepaßtheit‘, ‚Aufmerksamkeitsstörungen‘, ‚Hyperaktivität‘ und ‚Motorische Auffälligkeit‘ von Mädchen unter
scheiden; ein Wechselwirkungseffekt ist für keine der untersuchten AV’s nachweisbar. Was den Einfluß des hier primär interessierenden Merkmals ‚Sprachauffälligkeit‘ betrifft, belegen die Globaltests für diesen Faktor signifikante Beziehungen von ‚Sprachauffälligkeit‘ zu den Merkmalen ‚Schüchternheit /Gehemmtheit‘, ‚Aufmerksamkeitsstörungen‘, ‚Hyperaktivität‘, ‚Motorische Auffälligkeit‘, ‚Überempfindlichkeit‘ und ‚Abhängigkeit‘, nicht jedoch zu den beiden Aggressivitätsskalen: ‚Aggressivität‘ und ‚Aggressive Unangepaßtheit‘. Genauere Einblicke, welche Ausprägungen bzw. Stufen des Faktors SA für den Globaleffekt im einzelnen verantwortlich sind, gewähren die geplanten Vergleiche; ihre Ergebnisse(vgl. Tab. 2) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Für keine Verhaltensauffälligkeitsskala ist ein signifikanter Unterschied zwischen sprachlich unauffälligen Kindern(SA-0) und der Gruppe der am leichtest Sprachauffälligen(SA-1) nachzuweisen.
2. Die zweite Schwerestufe(SA-2) läßt sich nur für zwei Aspekte der Verhaltensauffälligkeit(‚Schüchternheit/Gehemmtheit‘ und ‚Motorische Auffälligkeit‘) von SA-0 abgrenzen.
3. Verantwortlich für den signifikanten Globaleffekt von SA sind im wesent
Tabelle 1: Mittelwerte der einzelnen Teilstichproben auf den Verhaltensauffälligkeitsskalen
Skala Geschlecht Sprachauffälligkeit(SA)
SA-0 SA-1 SA-2 SA-3 SA-4 (N=130)(N=122)(N=129)(N=87)(N=33)
Aggressivität Jungen 2.07 2.09 2.14 2.22 2.25 Mädchen 1.82 1.60 1.64 ı.,R 2.33 Aggressive Jungen 1.69 1.64 1.80 1.83 1.83 Unangepaßtheit Mädchen 1.37 1.33 1.41 1.52 1.78 Schüchternheit/ Jungen 2.09 2.10 2.45 2.30 2.47 Gehemmtheit Mädchen 1.90 1.94 2.10 2.38 2.17 Aufmerksamkeits- Jungen 2.22 2.11 2.23 2.65 2.43 störungen Mädchen 15 1.78 1.96 z31 2.70 Hyperaktivität Jungen 2.10 2.02 2.18 2.53 2.40 Mädchen 1.66 1.69 1.84 2.13 2.74 Motorische Jungen 1.81 1.83 1.99 2.34 2.29 Auffälligkeit Mädchen 1.56 1.59 1.82 2.07 2.67 Überempfindlichkeit Jungen 1.76 1.82 1.84 2.05 2.06 Mädchen 1.88 1.79 2.02 2.07 2.25 Abhängigkeit Jungen 1.82 1.79 1.90 2.06 2,12 Mädchen 1.97 1.91 1,92 2.06 2.83
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lichen die Gruppe der am schwersten sprachgestörten Kinder(SA-3) und die Gruppe der Kinder mit Kommunikations- und zum Teil auch Sprachstörungen(SA-4).
4. Die Frage, inwieweit SA-3 und SA-4, bezogen auf die hier erfaßten Verhaltensauffälligkeiten, voneinander abgrenzen werden können, ist aus dem vorliegenden Datenmaterial(vor allem wegen des geringen Umfangs und der Heterogenität von SA-4) nur mit großen Vorbehalten zu beantworten. Ein Vergleich der Mittelwerte zeigt zwar, daß SA-4 in den meisten Skalen (wenn auch nur sehr leicht) höher liegt als SA-3, die zufallskritische Überprüfung(geplante Kontraste: SA-3 vs. SA-4) ergibt aber keine signifikanten Unterschiede.
Diese aus den Resultaten der Signifikanztests abgeleiteten Feststellungen werden noch verdeutlicht, wenn man die durch die 4 Parameter von SA jeweils erklärten Varianzanteile, also die Stärke der Effekte in die Betrachtung miteinbezieht und die korrespondierenden Eta-Quadrat-Werte(vgl. Tab. 2) vergleicht. Insgesamt scheint danach ein reduziertes Modell mit den Effekten SA(0 vs 3; 0 vs 4) und G für die meisten AV’s die i.S. von Hand und Taylor(1987, 103) sparsamste angemessene Erklärung der Daten.
Der Vergleich der Maße für die praktische Bedeutsamkeit macht darüber hinaus aber auch klar, daß selbst die auf den dritten und vierten Parameter von SA rückführbaren Effekte vom Umfang her — auch wenn man hierbei die eher restriktive regressionsanalytische Berechnung der SSQs in Rechnung stellt— eher niedrig ausfällt: So erklärt der Kontrast bei der Skala ‚Motorische Auffälligkeit‘ 5,5%, bei ‚Aufmerksamkeitsstörung‘ 4,9% und bei ‚Hyperaktivität‘ 4,6% der Gesamtvarianz. Für die Skalen, die Abweichungen im Sozialverhalten messen, liegen die entsprechenden Prozentsätze noch wesentlich niedriger; die Ablehnung der Nullhypothese war hier nur aufgrund der relativ großen Stichprobe möglich. Umgekehrt wäre es aber irreführend, die Stärke des Zusamenhangs von sprachlichen Auffälligkeiten auf der einen und
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 1, 1990