Veränderungen im Störungsbild sprachbehinderter Vorschulkinder innerhalb der letzten 10 Jahre
Von Erwin Breitenbach und Christine Plahl
In der vorliegenden Untersuchung werden die diagnostischen Daten von Kindern, die in den Jahren 1980 bis 1983 aus einer Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) für Sprachbehinderte entlassen wurden, verglichen mit den Daten der Kinder, die die SVE im Zeitraum von 1986 bis 1989 verlassen haben.
Das Ergebnis der Untersuchungen stützt die Annahme, daß bei den letzteren vielfältigere, vielschichtigere und komplexere Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsauffälligkeiten zu beobachten sind als bei denjenigen aus den Entlaßjahrgängen 1980 bis 1983.
The present survey compares the diagnostic data of language disordered children who left a pre-school institution(SVE) in the years 1980—1983 to those having left the same institution in the years 1986— 1989.
The result of the survey confirms the assumption that the latter would show up with more diverse, more varied and more complex developmental disorders than those who left the institution in the years 1980—1983.
Einleitung
In den letzten Jahren klagen immer mehr Erzieher und Lehrkräfte an Einrichtungen für Behinderte aber auch an Regelschulen und Regelkindergärten darüber, daß die zu betreuenden Kinder„schwieriger“ oder„auffälliger‘““ würden. Äußerungen wie„ich komme nicht mehr ’rum“,„ich kann den Kindern nicht gerecht werden“,„ich sehe, was sie eigentlich bräuchten, aber ich kann es nicht mehr leisten‘, sind in diesem Zusammenhang oft zu hören. In einer Untersuchung von Bäuerlein, Berg und Strauch (1988) beurteilten Lehrer von Grundschulen aus dem Raum Bamberg 37,7 Prozent ihrer Schüler als lernschwierig. 5,3 Prozent wurden von ihren Lehrern als Kinder mit extremen Lernproblemen bezeichnet.
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Im Bereich der Sprachbehindertenpädagogik belegen eine Fülle von wissenschaftlichen Studien den Zusammenhang zwischen Sprachbehinderung und Teilleistungsstörungen. D.h. zusätzlich zu den sprachlichen Problemen sind Entwicklungsverzögerungen und Auffälligkeiten in der visuellen und auditiven Wahrnehmung, der Motorik und in der Persönlichkeitsentwicklung zu beobachten(Frey-Flügge& Fries 1989).
Das Erscheinungsbild des typisch sprachbehinderten Kindes hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren deutlich gewandelt. Um die Sprachauffälligkeit herum gruppieren sich unterschiedlichste Teilleistungsstörungen, die das Gesamtstörungsbild erweitern und komplexer werden lassen.
Mit der hier vorliegenden Untersuchung sollte überprüft werden, inwieweit Ver
änderungen im Störungsbild anhand diagnostischer Befunde aus dem Zeitraum 1980 bis 1989 bei sprachbehinderten Vorschulkindern nachzuweisen sind.
Methoden Hypothesen
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Hypothese, daß die Kinder, die in den Jahren 1986 bis 1989 aus der Schulvorbereitenden Einrichtung(SVE) entlassen wurden, signifikant schwerwiegender und komplexer in ihrer Entwicklung verzögert und beeinträchtigt sind als diejenigen, die in den Jahren 1980 bis 1983 aus der SVE entlassen wurden. Im einzelnen wurde erwartet,
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 4, 1990