Erwin Breitenbach& Christine Plahl- Veränderungen im Störungsbild sprachbehinderter Vorschulkinder
® daß aus den Entlaßjahrgängen 1986— 1989 verglichen mit den Jahren 1980 —1983 weniger Kinder an die Regelschule überwiesen werden, und die Verweildauer der Kinder in der SVE zunimmt(H;),
® daß in der Anamnese und den neurologischen Befunden bei den Entlaßjahrgängen 1986—1989 mehr entwicklungshemmende Auffälligkeiten zu finden sind(H2) und
® daß in den diagnostischen Daten aus den Bereichen Sprache, Wahrnehmmung, Motorik und intellektuelle Leistungsfähigkeit bei den Kindern der Entlaßjahrgänge 1986—1989 eine Zunahme der Entwicklungsverzögerungen im Ausprägungsgrad und im Komplexheitsgrad zu finden ist(H3).
Population
Um der oben beschriebenen Fragestellung nachzugehen, analysierten wir die Unterlagen von Kindern, die innerhalb bestimmter Zeiträume unsere SVE verlassen’haben.
Gruppe 1: Unterlagen der Kinder, die unsere SVE in den Jahren 1980 bis 1983 verlassen haben.
Gruppe 2: Unterlagen der Kinder, die unsere SVE in den Jahren 1986 bis 1989 verlassen haben.
In den Jahren 1980 bis 1983 verließen insgesamt 173 Kinder unsere SVE; in den Jahren 1986 bis 1989 waren es 380. Die Gesamtpopulation unserer Untersuchung umfaßte somit 553 Kinder. 36 Prozent waren davon im Zeitraum 1980— 1983 Mädchen und 64 Prozent Jungen. In den Jahren 1986 bis 1989 bestand die Untersuchungspopulation zu 26 Prozent aus Mädchen und zu 74 Prozent aus Jungen. Der Anteil der Jungen stieg im Zeitraum 1986—1989 um 10 Prozent.
Durchführung
Bei der Durchsicht der Akten wurden
— ärztliche Gutachten und Befunde (HNO-Arzt, Kinder- und Jugendpsychiater, Kinderneurologe, Augenarzt, Gesundheitsamt),
Prozent
50
40
30
20
10
0 1980- 1983
1986- 1989
Abb. 1: Verweildauer in der SVE nach Jahrgängen
— testpsychologische Gutachten und Befunde sowie — die heilpädagogischen Gutachten
berücksichtigt und analysiert.
Die Analyse erfolgte nach folgenden
Kriterien:
— Verweildauer in der SVE,
— Einrichtung, Schule, in welche die Kinder entlassen wurden,
— Auffälligkeiten in der Anamnese (Frühgeburt, Asphyxie, Geburtsgewicht unter 2500 g, Seh- und Hörprobleme, Verhaltensauffälligkeiten wie Einnässen oder Einkoten,...),
— neurologische Auffälligkeiten(erhöhte Krampfbereitschaft, nicht altersgemäßes EEG, neuromotorische Reifungsverzögerung,...),
— Sprach- und Sprechauffälligkeiten (Stottern, Stammeln, Dysgrammatismus, verwaschene Artikulation, geringer Wortschatz, geringes Sprachverständnis, Wortfindungsstörung,...),
— Auffälligkeiten in der visuellen Wahrnehmung(Störungen der Visuomotorik, der Figur-Grundwahrnehmung, der Formkonstanzbeachtung, des Erkennens räumlicher Lage und räumlicher Beziehungen), der auditiven Wahrnehmung(phonematische Diffe
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 4, 1990
renzierungsschwäche, verkürzte Hörgedächtnisspanne, nicht altersgemäßes Sequenzgedächtnis), der Motorik (nicht altersgemäßes Körperschema, Störungen der Fein- und Grobmotorik) sowie in der intellektuellen Leistungsfähigkeit(IQ im sprachfreien Intelligenztest unter Prozentrang 25).
Die unterschiedlichen Auffälligkeiten wurden in einem eigens dafür konstruierten Auswertungsbogen registriert.
Die gefundenen Unterschiede in den Daten zwischen den beiden Untersuchungsgruppen wurden interferenzstatistisch mit dem Mann-Whitney U-Test und dem Fisher-Pitman-Test überprüft.
Ergebnisse Verweildauer und Einschulung
In den Jahren 1980—1983 wurde die Mehrzahl der SVE-Kinder, nämlich über 56 Prozent, bereits nach einem Jahr aus unserer Einrichtung entlassen. Nur knapp 35 Prozent bleiben für zwei Jahre. Dieses Verhältnis hat sich in den Jahren 1986—1989 umgekehrt. Nun wurde die
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