Buchbesprechungen
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felsohne herabsetzend, aber es hat sich bei uns leider noch kein anderer Begriff durchgesetzt, der befriedigend wäre). Im ersten Teil des Buches wird die Thematik schwerpunktmäßig auf der Basis von Literatur analysiert. Im zweiten(umfangreicheren) Teil stellt Weiß Frühförderung in vier Familien mit sehr unterschiedlichem Hintergrund dar. Auffällig ist hier das, was fehlt: Es ist keine alleinerziehende Mutter darunter. Auf diese realiter doch sehr wichtige und problembeladene Gruppe geht Weiß lediglich in einigen kürzeren Passagen ein. Was„Perspektiven‘‘ im Sinne von zukünftigen Möglichkeiten angeht, so kommt Weiß im Schlußteil zu dem Fazit, daß sich in seinem Buch nur„ein konturenhafter Ausblick mit neuen Fragen abzeichnet‘‘. Ich bin jedoch der Meinung, daß Weiß in seinem Buch mehr leistet, wie ich weiter unten ausführen werde. Weiß hat für sein Buch zum einen umfangreiche Literatur(309 Einzelquellen) herangezogen. Diese Arbeiten sind überwiegend deutschsprachig, einige stammen aus dem angloamerikanischen Bereich und eine(Roser, Milani-Comparetti) aus Italien. Insgesamt kann gesagt werden, daß die grundlegende, aktuelle Literatur berücksichtigt ist. Zum anderen enthält das Buch zahl reiche Passagen aus Befragungen, bei deren Planung und Durchführung Weiß sich nach eigenen Angaben an der Methode des„problemzentrierten Interviews‘ nach Witzel orientiert hat. Für Weiß hat sich die Fragestellung seines Buches aus seiner praktischen Arbeit von 1974 bis 1983 als Sonderschullehrer in einer kleineren Frühförderstelle mit einem eher kleinstädtisch-ländlichen Umfeld ergeben. Während dieser Zeit„Kkristallisierte sich immer mehr heraus, daß die Zusammenarbeit von Eltern und Fachleuten eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit „früher Hilfen‘ darstellt“(Weiß 1989, 11). Auf den Seiten 19—27 gibt Weiß einen sehr guten Überblick zur Entwicklung und zum gegenwärtigen Stand in der Frühförderungsdiskussion, wie ich ihn bisher in dieser Form(auch ansatzweise) in keiner anderen Literaturquelle gefunden habe. Dort unterscheidet Weiß zwei Phasen: 1.„ein Stadium des Aufbaus im Zeichen eines ungeheuren psychosozialen und
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neurophysiologischen Rehabilitationsund Förderoptimismus‘“(Rauh 1986, 46 zitiert nach Weiß 1989, 19)
2. eine daran anschließende Phase der „Konsolidierung, der Überprüfung, auch der Verunsicherung und daraus resultierender Ansätze einer konzeptionellen und handlungspraktischen Neuorientierung“(Weiß 1989, 19).
In der Zusammenfassung ab Seite 241
arbeitet Weiß abschließend Fragestellun
gen und Aufgaben heraus, die nach meiner Ansicht über seine anfänglich angeführte Selbsteinschätzung(„Konturen“) hinausgehen(könnten), vielmehr schon
Struktur zukünftiger Frühförderung sein
könnten.
— Notwendig ist eine ‚Wirklichkeitserhellung‘“ der Situation der„Sonderfamilie‘‘ von den Betroffenen selbst aus auf der Grundlage des interpretativen Paradigmas, da die vorliegende wissenschaftliche Literatur überwiegend aus der Perspektive des distanzierten Forschers von„außen“ geschrieben ist.
— Das häufig als Orientierung in der Frühförderpraxis-Elternarbeit dienende Annahme-Konzept muß kritisch überdacht werden, weil es oft zu Anforderungsdruck führt.
— Zu(förderspezifischem) Druck führt auch eine ‚„Pädagogisierung‘“ bzw. „Therapeutisierung‘“ der Elternrolle. Diese(oft unbewußten) Gefahren sollten in der Zusammenarbeit mit den Eltern zum Gegenstand der Kommunikation gemacht werden. Bedürfnisse und Belastungsmomente sollten wegen vielfältiger Störungsund Erschwernismöglichkeiten gegenseitig abgeklärt werden.
Hans Weiß hat mit seinem Buch einen
wichtigen Beitrag zur Ist-Analyse mit
perspektivischen Ausblicken vorgelegt.
Mir ist kein ähnliches Buch bekannt,
in dem die Arbeit mit Eltern so wie sie
ist(und nicht in erster Linie bzw. ausschließlich so, wie sie sein sollte), zum
Thema gemacht worden ist.
Leider hat das an sich sehr positiv zu
bewertende Bemühen um wissenschaft
liches Erklären bei Hans Weiß einen schwerwiegenden Nachteil: Das Buch ist nicht leicht zu lesen!
Das ist schade, denn es hat zur Folge,
daß mancher Praktiker es rasch aus der
Hand legen und Eltern es oft wohl gar
nicht erst anlesen werden. Dabei hat die
ses Buch nicht nur dem Wissenschaftler,
sondern gerade auch Eltern und Praktikern sehr viel zu sagen.
Dr. Christel Rittmeyer, Düsseldorf
Mitzlaff, Hartmut& Wiederhold, Karl A.: Computer im—Grundschulunterricht. Möglichkeiten und pädagogische Perspektiven. 308 Seiten(mit Bildern, Abbildungen, Zeichnungen, Übersichten und Tabellen). 1990. DM 39,80. McGrawHill Book Company GmbH, Hamburg/ New York(u.a.).
In der Bundesrepublik gibt es kaum Berichte, die sich mit dem Fragenkomplex „Kind-Grundschule-Computer‘*‘ auseinandersetzen, während demgegenüber im Ausland seit Jahren eine breite Zahl pädagogischer und psychologischer Publikationen sich mit dem Thema beschäftigt. Das vorliegende(umfangreiche) Buch beinhaltet die Durchführung eines Forschungsprojektes, an der Grundschullehrer, Grundschulschüler und Studenten der Erziehungswissenschaften beteiligt waren. Wenn sich auch die„explorative Studie‘ nur auf die Grundschule bezieht, so ist sie m.E. auch für Pädagogen der Sonderschule-L lesenswert und hilfreich. So werden z.B. an der Heilpädagogischen Fakultät der Universität Köln seit Jahren durch Masendorf Versuche mit dem Einsatz von Computern im Unterricht für Sonderschüler durchgeführt. Die einzelnen Kapitel des Buches haben folgende Überschriften: Computer schon in der Grundschule?— Computereinsatz in Hagener Grundschulen 1988.— Vier Fallstudien.— Vorläufige Trends und Ergebnisse.— Ein Zwischenbericht.— Empfehlungen zu weiteren Aktivitäten und Forschungsarbeiten im Primarbereich. Hervorzuheben sind die wissenschaftsmethodisch exakte Durchführung des Projekts und die Aufbereitung der Ergebnisse— sowie eine umfangreiche ‚,Internationale Auswahlbibliographie‘‘.— Der Anhang enthält: Ausgewählte Schülerarbeiten und Fragebogen, Abschnitte aus Schülerbroschüren und Schülerzeitungen, einen Leitfaden zur Unterrichtsbeobachtung und Protokollbogen zur Aufnahme der Basisdaten.
Prof. Dr. Richard G.E. Müller, Glinde
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 4, 1990