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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Sabine Weinert et al.- Was macht sprachgestörten Kindern das Textverstehen so schwer?

Wiedergabe der einzelnen Aussagen

Stand bei der Handlungsreproduktion die Frage im Vordergrund, inwieweit die zentralen Informationen, das inhaltliche Gerüst, der Geschichte reproduziert wur­de, so wird jetzt analysiert, inwieweit der Inhalt der einzelnen Aussagen der Originalgeschichte wiedergegeben wurde. Die Daten sind in Tabelle 6 und Abbil­dung 2 zusammengestellt. Dabei wurden drei Bewertungsstufen unterschieden: Stufe 1 beinhaltet nur die vollständig re­produzierten Aussagen; Stufe 1,2 be­rücksichtigt zusätzlich Aussagen, deren wesentlicher inhaltlicher Kern reprodu­ziert wurde; in Stufe 1,2,3 werden auch unvollständig wiedergegebene Aussagen mitgewertet.

Abbildung 2 demonstriert anschaulich, daß das Befundmuster nicht in Abhän­gigkeit von der Strenge der gewählten Bewertungskriterien variiert. Tatsäch­lich erbringen auch die statistischen Ana­lysen für alle Bewertungsstufen vergleich­bare Resultate. Diese werden in Tabelle 7 exemplarisch für dasliberalste Bewer­tungskriterium, d.h. für Bewertungsstufe 1,2,3, berichtet.

Die Ergebnisse können wie folgt zusam­mengefaßt werden:

(1) In Übereinstimmung mit den bereits berichteten Ergebnissen zeigt sich auch jetzt, daß im Vergleich mit den sprach­unauffälligen Kindern die dysphasischen Kinder erheblich weniger Aussagen wie­dergaben, die sie zudem häufig nur un­‚vollständig reproduzierten.

(2) Bei der Apfel-Geschichte wurden signifikant weniger Aussagen wiederge­geben als bei der Bauer-Geschichte. Im Gegensatz zur Handlungsreproduktion gilt dieser Schwierigkeitsunterschied zwi­schen den beiden Geschichten nicht nur für die sprachgestörten Kinder, sondern auch für die Kontrollgruppe.

(3) Ebenfalls in Abweichung von den Ergebnissen der Handlungsreproduktion kann für die dysphasischen Kinder ge­mittelt über beide Geschichten kein Unterschied zwischen kohärenter und inkohärenter Textstruktur nachgewiesen werden; dies liegt daran, daß bei der ko­härenten Bauer-Geschichte numerisch so­gar weniger Aussagen reproduziert wur­

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Tabelle 6: Anzahl reproduzierter Aussagen: Mittelwerte, Standardabweichungen(in Klammern)

und Mittelwertsdifferenzen.

Bauer-Geschichte

Bewertungs- Geschichten- Kontroll- Dysphasische Gruppen­kriterium version gruppe Gruppe unterschied kohärent 21,97 7,4 14.5 [(6.8) fl(4.2) Stufe 1 3.101.4 inkohärent L 18,8 L 8.8 10.5 7.5 5.3 kohärent 27,5 14. 13.2 _(6.1) E(3.7) Stufe 1, 2 3.6-1.6 inkohärent L 23,9 L 15,9 8.0 8.6 7.5) kohärent 30.6= 20,9 9,7 f(5.5)| 6.2 Stufe l, 2, 3 4.8-0.7 inkohärent L 25,8 L-2 Co 4.2 8.9:6 Apfel-Geschichte Bewertungs- Geschichten- Kontroll- Dysphasische Gruppen­kriterium version gruppe Gruppe unterschied kohärent F 17.6 7:0) 10.1 (5.2) P 3.4 Stufe 1 4.6-1.4 inkohärent L 30) a Y 8.1 6.5. kohärent 22.6 14.0 8.6 [6.0 F(3.6) Stufe 1, 2 4.0 6.1 inkohärent L 18,6; cl din 10.7 6.1 2.9) kohärent 26,97 20.1 6.7 |(5.4)[(8.9) Stufe 1, 2, 3 4.3 5,7 inkohärent L 22,6. L 14,0 8.2 5.9 3.9)

a

den als bei der inkohärenten Bauer-Ge­schichte. Im Gegensatz dazu wurden bei der kohärenten Apfel-Geschichte signifi­kant mehr Aussagen wiedergegeben als bei der inkohärenten Parallelversion. Zwar geht auch bei der Kontrollgruppe der Struktureffekt vorwiegend auf die Apfel-Geschichte zurück, numerisch zeigt sich hingegen bei der Bauer-Geschichte ein vergleichbarer Trend. Jedoch läßt

Mittelwertsdifferenzen zwischen der kohärenten und inkohärenten Version.

sich auch auf der Aussagenebene in kei­nem Fall eine signifikante Interaktion zwischen den Faktoren ‚Sprachstörung und ‚Geschichtenstruktur nachweisen.

Beantwortung der ‚Warum-Fragen

Die dysphasischen Kinder hatten mehr Schwierigkeiten bei der Beantwortung

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 1, 1989

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