Helmut Skowronek& Harald Marx- Die Bielefelder Längsschnittstudie
Tabelle 1: Bereichseinordnung und Kennwerte des Bielefelder Screening-Verfahrens einschließlich der für die Risikobestimmung herangezogenen Variablen und deren Risikopunktgrenzen unter Berücksichtigung von Zufallstrefferwahrscheinlichkeiten(Z) für die als richtig gewerteten Antworten oder unter Heranziehung der empirischen Verteilung(V).
Bereich Screening- Item- Ausgewertete Anzahl(N), Mittelwert(M) Risikopunktgrenze Aufgabe Anzahl Variable und Standardabweichung(s) und-best immung für die Gesamtstichprobe N M s Phonologische Reimpaare 10 Richtige Bewußtheit im Erkennen Entscheidung 1120 8,32 1,85<7(2) weiteren Sinne Silben 10 Richtige Segment ieren Aussprache 1116 7,79 2,37< 7(2Z) Phonologische Laut zu Wort 10 Richtige Bewußtheit im Vergleich Entscheidung 1114 7,86 2,05<7(zZ) engeren Sinne(Anfangsphonem) Laute Verbinden 10 Richtige (mit Bild) Entscheidung 1120 4,68 1,9 VokalteilEntscheidung 1120 8,88 1,32<7@2) Phonet isches Pseudowörter 10 Korrektes Rekodieren Nachsprechen Wiederholen 1115 6,12 2,11<4(V) Aufmerksam- Wort Vergleich 12 Identische keitsverhalten Suchaufgabe Alternative 1120 8,53 2,86 für visuelle 75- 100% Symbol folgen identische A. 1120 10,13 2,06< 8(Z) Median-Bearbeitungszeit (gemittelt) 1118 7,41 3,88< 3,76(V) Rekodierungsge- Schnelles Benen- 24 Nicht korrischwindigkeit nen der Farbe un- gierte Fehler 1104 0,47 1,59 vom Lexikon farbiger Objekte Benennzeit 1 1102 50,59 19,58> 63(V) Aufmerksamkeits- Schnelles Benen- 24 Nicht korriablenkung bzw. nen der Farbe gierte Fehler 1092 1,08 2,99 -interferenz farbig inkongru- Benennzeit 2 1085 78,68 29,44 enter Objekte Benennzeitdifferenz 2-1 1084 28,68 19,68> 40(V) Gedächtnis für Objektfarben- 8 Richtige Objektattribute kenntnis Nennungen 1104 7,88 0,57<7(VD) Schrift- Buchstaben/ 25 Richtige symbol- Ziffern Be- Buchstaben-/ kenntnis nennen Lautnamen (ohne'0') 1118 4,19 6,06 9 Richtige Ziffern(1-9) 1118 6,32 3,07
theoretischen Hintergrunds das Konstruktionsprinzip erläutert und verschiedene Auswertungsmöglichkeiten aufge
zeigt.
Feststellung verschiedener Aspekte phonologischer Verarbeitung
Neben dem Erwerb von Graphem-Phonem-Zuordnungen gehören das lautliche Durchgliedern, Verbinden und kurzfristige Behalten von gehörten oder selbst produzierten lautlichen Elementen oder Einheiten zu den Fertigkeiten, die nach
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der scheinadaptiven(vgl. Marx 1985) bzw. logographischen(vgl. Frith 1985) Lesephase beim Lesen wie auch beim Schreiben ständig gefordert sind. Die nachfolgend beschriebenen Aufgaben überprüfen jeweils einzelne Aspekte dieser Fertigkeiten im akustischen Bereich.
Phonologische Bewußtheit im weiteren Sinne. Aufgaben, die das Umgehen mit den lautlichen Aspekten der Sprechsprache verlangen(z.B. Finden von Reimpaaren), sollen im folgenden als phonologische Bewußtheitsaufgaben im weiteren Sinne bezeichnet werden. Dies sind in der Regel Aufgaben, deren Anforde
rungen an Sprachleistunen anknüpfen, die in konkreten, dem Kind vertrauten Spielhandlungen enthalten sind.
Reimpaare Erkennen. Bei dieser Aufgabe wird die Rezeptionsseite betont und im Gegensatz zur ‚Sound-Categorization‘ bei Bradley& Bryant(1983, 1985) nur eine Kategorisierungsart verlangt, wodurch die Gedächtnisbelastung sehr stark reduziert wird. Das Kind bekommt Wortpaare vorgesprochen(z.B. ‚Kind‘— ‚Wind‘ oder ‚Kind‘— ‚Stuhl‘) und hat im Anschluß daran eine Entscheidung über die Klangähnlichkeit der Wortpaare am Wortende zu fällen. Bewertet wird die Anzahl richtiger Lösungen. Darüber hinaus können auch Ratestrategien in Form von Antworttendenzen ausgewertet werden.
Silben Segmentieren. Bei dieser Aufgabe wird eine Produktionsleistung gefordert. Dem Kind werden nacheinander Substantive vorgesprochen(z.B. ‚Gabel‘ oder ‚Federball‘), die es mit Hilfe des Händeklatschens in Sprechsilben untergliedern soll. Bewertet wird nur das Nachsprechen. Neben der Richtig/Falsch-Auswertung bei vollständig richtigen Segmentierungen kann insbesondere bei den kritischen, aus zwei Wortbedeutungen zusammengesetzten, dreisilbigen Hauptwörtern erkannt werden, ob das Kind Sprechrhythmus von Wortbedeutung zu trennen weiß.
Phonologische Bewußtheit im engeren Sinne. Sprachleistungen, bei denen explizit mit lautlichen Strukturen operiert werden muß, die weder semantische noch sprechrhythmische Bezüge aufweisen, sollen als phonologische Bewußtheitsaufgaben im engeren Sinne bezeichnet werden.
Laut zu Wort Vergleich. Wie beim ‚Reimpaare Erkennen‘ wird bei dieser Aufgabe die Rezeptionsseite betont. Das Kind hat zu entscheiden, ob ein isoliert vorgesprochener Vokal mit einem am Anfang eines sinnvollen Wortes vorkommenden Vokal klangähnlich ist(z.B.„Hörst du ein /i/ in ‚Igel‘?‘“ oder„Hörst du ein /i/ in ‚Auto‘?“). Ähnlich der Alliterationskategorisierung von Bradley& Bryant(1983, 1985) wird beim ‚Laut zu Wort Vergleich‘ der Wortanfang zum kritischen Entscheidungsbereich. Allerdings ist hierbei der Vergleich insofern vereinfacht, als ein vokalischer Einzellaut mit einem silbischen Vokal eines Wortes in Beziehung zu bringen ist. Bewertet wird die Anzahl richtiger Entscheidungen.
Laute Verbinden. Hierbei wird eine Produktionsleistung verlangt. Im Gegensatz
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 1, 1989