| Helmut Skowronek& Harald Marx- Die Bielefelder Längsschnittstudie
Tabelle 3: Häufigkeitsvergleich über die Anzahlen der Kinder der Repräsentativstichprobe(R) und der Risikostichprobe(P) mit zum Testzeitpunkt 2 schlechteren(-), besseren(+) oder gleichbleibenden(=) Rohpunktwerten als zum Testzeitpunkt 1. Anzahl der Kinder mit jeweils maximalen Rohpunktwerten(M) zu beiden Testzeitpunkten sind in Klammern angegeben(df= 2).
Fälle mit Maximalwerten zu beiden Testzeitpunkten. Diese Deckeneffekte tragen gerade bei den Aufgaben zur phonologi
Screening- Ausgewertete Stich- Häufigkeit und Richtung der Veränderungen HäufigkeitsAufgabe Variable probe(Maximum zu beiden Testzeitpunkten) verglgich .=+ CM) chi p<
Reimpaare Richtige R 15 21 57(43) 2,85 n.s. Erkennen Entscheidung P 17 13 68(6) Silben Richtige R 48 8 45(32) 2,24 n.8. Segment ieren Aussprache P 34 8 50(12) Laut zu Wort Richtige R 17 9 7(32) 3,06 n.s. Vergleich Entscheidung P 20 15 61(6) (Anfangsphonem) Laute Verbinden Vokalteil- R 29 20 36 651) 4,04 n.8. (mit Bild) entscheidung P 22 19 54(9) Pseudowörter Korrektes R 40 26 68(2) 5,10 n.s. Nachsprechen Wiederholen P 18 22&“(0) Wort Vergleich 75- 100% R 30 8 60 38) 2,9% 1.8. Suchaufgabe identische A. P 22 14 63(5)
Median-Bear
beitungszeit R 46 25“4(0) 1,75 1.8.
(gemittelt) P 33 13 55(2) Schnelles Benen- Benennzeit 1 R 14 51 57(14) 2,72 n.s. nen der Farbe un- P 9 35 60(0) farbiger Objekte Schnelles Benen- Benennzeit- R‘ 24 34 55(17) 4,30 n.s. nen der Farbe differenz 2-1 P 16 15 51(5) farbig inkongruenter Objekte Objekt farben- Richtige R 3 0 3(127) kenntnis Nennungen P 5 3 21(69)
Screening-Verfahrens sollten die einzelnen Aufgaben in der Anzahl und Art der Bearbeitung auch Entwicklungen über die Zeit wiederspiegeln. Tatsächlich sind die Unterschiede der über einen Zeitraum von knapp sechs Monaten zu beobachtenden Leistungsveränderungen bis auf wenige, ausschließlich in der Repräsentativgruppe befindliche Variablen, signifikant. Abgesehen von der Vertrautheit mit Testmaterial und-situation können Retestungseffekte für diese Differenzen aufgrund des langen Testzwischenraums, des Versuchsleiterwechsels und der fehlenden Rückmeldung während der Testdurchführung eher vernachlässigt werden. Beide Teilstichproben veränderten ihre durchschnittlichen Leistungen in den Prädiktorvariablen positiv. Auch wenn diese Leistungsveränderungen beträchtlich sind, so erreicht die Risikostichprobe zum Testzeitpunkt 2 allenfalls die Durchschnittswerte der Repräsentativstichprobe zum Testzeitpunkt 1. Als Gruppe
bleibt die Risikostichprobe also auch bei Testwiederholung der Repräsentativstichprobe unterlegen.
Daß zu den durchschnittlichen Leistungsverbesserungen in den meisten Aufgaben trotz gleichbleibender Varianz(vgl. Tabelle 2) keineswegs alle Kinder beigetragen haben, läßt sich bei Betrachtung von Tabelle 3 feststellen.
Tabelle 3 zeigt vergleichend die absoluten Häufigkeiten der gleichbleibenden Leistungen, Maximalleistungen und Leistungsverbesserungen bzw.-verschlechterungen in den einzelnen Testverfahren an. Danach überwiegen bei den Leistungsveränderungen insgesamt die Leistungsverbesserungen in beiden Teilstichproben mit jeweils etwa 73%. Auf der Basis der absoluten Häufigkeiten unterscheiden sich beide Teilstichproben hinsichtlich der Richtung der Veränderung überhaupt nicht. Deutliche Differenzen bestehen jedoch— wie nach Konstruktionsprinzip 4 gefordert— in der Anzahl der
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 1, 1989
schen Bewußtheit im weiteren und engeren Sinne sicherlich zu einer Unterschätzung der positiven Veränderungen in der Repräsentativstichprobe bei, weil ihre möglichen Verbesserungen testkonstruktionsbedingt nicht zu erfassen waren. Bezieht man nur die Veränderungen von mehr als einem Rohpunkt ein, dann reduzieren sich zwar die Anzahlen der Kinder in beiden Teilstichproben über alle Aufgaben hinweg jeweils etwa um die Hälfte, dennoch bleibt ein nicht unbeträchtlicher Prozentsatz von Kindern mit vor allem positiven Leistungsveränderungen bestehen. Da bei einigen Aufgaben die Risikopunktvergabe nach dem stichprobenunabhängigen Kriterium der Zufallslösung erfolgte(vgl. Tabelle 1), erscheint es nicht ausgeschlossen, daß die positiven Leistungsverschiebungen gerade in diesen Aufgaben weniger mit quantitativen als vielmehr mit qualitativen Veränderungen(z.B. Abkehr von Ratestrategien) gegenüber der Herangehensweise bei der ersten Testung einhergegangen sind.
Obwohl diese gerade auch bei einem Teil der Risikokinder zu beobachtende qualitative Leistungsveränderungen die zum Testzeitpunkt 1 getroffene Klassifikation für eben diese Variablen in Frage zu stellen scheinen, so bedeutet dies zunächst nur, daß stichprobenunabhängige und-abhängige Grenzwerte immer unter dem Blickwinkel des Erhebungszeitpunktes und nicht als fixe Größe zu betrachten sind.
Auch in der Repräsentativstichprobe scheinen quantitative und qualitative Leistungsveränderungen stattgefunden zu haben. Bei den insignifikanten Leistungsveränderungen im ‚Silben Segmentieren‘ und in abgeschwächter Form beim ‚Laute Verbinden‘ fällt der hohe Prozentsatz von Kindern mit geringeren Leistungen auf. Neben speziellen Testleitereffekten (kein Kind hatte zu beiden Testzeitpunkten denselben Versuchsleiter) käme für diese Veränderung in die„falsche“ Richtung ebenso eine Neuorientierung an anderen Merkmalen in Betracht. Diese Kinder könnten die Begrenztheit der nahe
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